Deutscher Gewerkschaftsbund

03.06.2022
klartext Nr. 18/2022

Übergewinnsteuer: Profitgetriebene Inflation verhindern!

Während die steigenden Preise die Verbraucher*innen immer stärker belasten, profitieren viele Unternehmen von der Krise. Insbesondere die großen Energie- und Mineralölkonzerne fahren durch die Sondersituation am Markt satte Gewinne ein. Erste europäische Länder haben eine Übergewinnsteuer eingeführt. Um den ungerechtfertigten Preissteigerungen Einhalt zu gebieten, braucht es wirkungsvolle Maßnahmen.

Tankrüssel in Autotank

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Große Energie- und Mineralölkonzerne sind die Krisengewinner

Europaweit sind Verbraucher*innen von steigenden Preisen betroffen. Doch es gibt auch Krisengewinner: Viele Unternehmen können Preissteigerungen bei Vorprodukten an die Kunden weitergeben und machen nach wie vor gute Gewinne. Manche machen im Windschatten der Inflation sogar Extra-Profite. Insbesondere großen Energie- und Mineralölkonzernen bescheren hohe Preise ein starkes Plus bei Umsätzen und Gewinnen (siehe Grafik).

Forderung nach einer Übergewinnsteuer wird lauter

Solche Gewinne – auch „windfall profits“ genannt – sind weder Resultat unternehmerischer Leistung noch vorausschauender Investitionen. Sie ergeben sich daraus, dass eine Sondersituation am Markt ausgenutzt werden kann. Bereits seit Beginn der Coronapandemie wird eine „Übergewinnsteuer“ als Mittel zur Abschöpfung solcher Gewinne diskutiert. Krisengewinner sollen zur Kasse gebeten werden, um mit den Einnahmen wiederum Entlastungsleistungen für die Allgemeinheit zu finanzieren. Als historische Beispiele dienen u. a. die USA, England und Frankreich, wo während des ersten und zweiten Weltkrieges die Übergewinne solcher Unternehmen besteuert wurden, die von der Kriegswirtschaft überproportional profitierten.

 

Grafik: Balkendiagramm stellt die Nettogewinne der Energie- und Mineralölkonzerne Shell, BP, Exxon Mobile und Total Energies in Mrd. US Dollar dar, Vergleich 1. Q 2021 und 1. Q 2022

Quelle: Handelsblatt / Bloomberg. Grafik: DGB (eigene Darstellung)

Andere europäische Länder legen vor und führen Übergewinnsteuer ein 

Bereits im März 2022 hat die EU-Kommission eine Leitlinie zur Besteuerung übermäßiger Gewinne veröffentlicht und damit Rechtssicherheit geschaffen. Daraufhin hat Italien als erstes Land eine Übergewinnsteuer von 10 Prozent eingeführt, welche wenig später auf 25 Prozent erhöht wurde. Dabei wird einmalig jener Teil des von Energieunternehmen zwischen Oktober 2021 und März 2022 erwirtschafteten Umsatzes besteuert, welcher den Vorjahreswert um mindestens 5 Millionen Euro oder 10 Prozent überschreitet. Der Fokus auf die Umsätze erfordert dabei nur minimalen Verwaltungsaufwand. Erwartet werden Steuereinnahmen von circa 10 Milliarden Euro.

In Großbritannien werden seit Ende Mai ebenfalls überhöhte Gewinne der Energieriesen abgeschöpft. Dort setzt die Steuer allerdings nicht am Umsatz, sondern direkt bei den Gewinnen an, wofür schon ein ausgeklügeltes Steuerinstrumentarium existiert. Dabei gewährt die britische Regierung Steuererlasse, sofern die Unternehmen ihre gestiegenen Gewinne in die Erweiterung der Produktion reinvestieren. Gerechnet wird dennoch mit Einnahmen in Höhe von 5 bis 8 Milliarden Euro. Weitere Varianten der Übergewinnsteuer wurden zudem in Rumänien, Bulgarien und Griechenland eingeführt.

Wirkungsvolles Kartellrecht oder Übergewinnsteuer?

Klar ist: Es darf nicht sein, dass Unternehmen Preise erhöhen und die ohnehin inflationsgeplagten Verbraucher*innen belasten, um Extra-Gewinne einzufahren und an die Aktionäre auszuschütten. Im Idealfall verhindert ein wirkungsvolles Kartellrecht, dass ungerechtfertigte Preissteigerungen überhaupt entstehen. Wo das nicht funktioniert, müssen andere Maßnahmen dafür sorgen, dass die Inflation nicht durch überhöhte Gewinne angetrieben wird. Wenn Unternehmen davon ausgehen müssen, dass Übergewinne weggesteuert werden, sinkt der Anreiz, die Preise unnötig zu steigern. Wo das doch geschieht, kann eine Übergewinnsteuer Staatseinnahmen generieren, um die Bekämpfung der Inflation oder die Kompensation der Verbraucher*innen zu finanzieren.


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