Zum 1. Januar 2023 ist die Wohngeldreform in Kraft getreten. Sie ist eine gute Maßnahme, die Menschen mit geringem Einkommen dabei unterstützt auch in der Krise ihre Wohnkosten zu zahlen. Die wohnungspolitischen Probleme lassen sich damit aber nicht lösen. Dazu braucht es weitreichendere Maßnahmen.
DGB/Samantha Ireland/123rf.com
Im Eiltempo haben Bundestag und Bundesrat das Wohngeld-Plus-Gesetz vergangenen Herbst verabschiedet. Die Wohngeldreform ist somit zum 1. Januar 2023 in Kraft getreten und bildet einen wichtigen Baustein zur Entlastung von Bürger*innen mit geringem Einkommen.
Positiv hervorzuheben ist die Stärkung und Ausweitung des Wohngeldes. Statt bislang 600.000 Haushalte sollen nach der Reform zwei Millionen Haushalte Anspruch auf Wohngeld haben. In der Regel können zum Mindestlohn Beschäftigte und Rentner*innen mit vergleichbaren Einkommen mit einem Wohnkostenzuschuss rechnen. Zudem soll sich der durchschnittliche Wohngeldbezug von bislang 180 Euro pro Monat mehr als verdoppeln. Dies liegt in erster Linie daran, dass die gestiegenen Heizkosten in der Wohngeldberechnung berücksichtigt werden.
Ob Anspruch auf Wohngeld besteht, ist stets individuell zu prüfen, da neben Einkommen und Miethöhe auch der Wohnort und weitere Haushaltsmitglieder eine Rolle spielen. Eine Orientierung bieten Beispielrechnungen (siehe Grafik). Bezieher*innen von Bürgergeld haben keinen Anspruch auf Wohngeld, BAföG- und Ausbildungsbeihilfeempfänger*innen im Regelfall auch nicht. Für Beschäftigte mit geringem oder mittlerem Einkommen lohnt es sich in jedem Fall, eine Anspruchsberechtigung zu prüfen. Der DGB hat dazu alle notwendigen Informationen zusammengestellt sowie einen individuellen Wohngeldrechner konzipiert.
DGB
Ein großer Pferdefuß der Reform ist, dass die hohe Anzahl an erwarteten Anträgen von den Wohngeldstellen voraussichtlich nicht schnell bearbeitet werden kann. Bereits heute warten Betroffene in manchen Städten mehrere Monate auf ihren Bescheid. Nach einer Bewilligung wird das Wohngeld rückwirkend gezahlt, weswegen der Antrag noch im Januar gestellt werden sollte. Um zu verhindern, dass bis zur Bewilligung Menschen aufgrund ausstehender Mietzahlungen ihre Wohnung verlieren, fordert der DGB ein befristetes Kündigungsmoratorium, wie es zu Beginn der Corona-Pandemie galt. Doch bedauerlicherweise blockiert das FDP-geführte Justizministerium die Einführung dieses schnell helfenden und kostenlosen Instruments.
Eine zweite Herausforderung der Reform ist, dass die Menschen überhaupt erfahren, dass sie Anspruch auf Wohngeld haben. Hier sind öffentliche Stellen aber auch zivilgesellschaftliche Organisationen in der Verantwortung, aufzuklären. Auf der Infoseite des DGB sind die wichtigsten Eckpunkte in mehreren Sprachen übersetzt.
Die Wohngeldreform ist zweifellos eine gute Maßnahme, die zielgenau Menschen mit geringem Einkommen unterstützt, um auch in der Krise ihre Wohnkosten zahlen zu können. Dennoch eignet sich das Wohngeld nicht, die wohnungspolitischen Probleme in Deutschland zu lösen. Die Bundesregierung muss alles daransetzen, die versprochenen 100.000 Sozialwohnungen jährlich zu bauen. Darüber hinaus brauchen wir einen gemeinnützigen Wohnungssektor, der dauerhaft bezahlbare Wohnungen zur Verfügung stellt, sowie ein soziales Bodenrecht. Bis der Wohnungsmarkt im Gleichgewicht ist, bedarf es eines befristeten Mietenstopps, um die Menschen in Zeiten hoher Inflation nicht weiter zu belasten.
DGB/hqrloveq/123rf.com
Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
Deutscher Gewerkschaftsbund
Bundesvorstand
Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Henriette-Herz-Platz 2
10178 Berlin
E-Mail: info.wirtschaftspolitik.bvv@dgb.de
Carina Ortmann
Telefon +49 30 24060-727
Manuela Schmidt
Telefon +49 30 24060-107
Mélanie Millet
Telefon +49 30 24060-744
Florian Moritz
Abteilungsleiter Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Dr. Dominika Biegoń
Europäische und internationale Wirtschaftspolitik
Nora Rohde
OECD/TUAC
Öffentliche Daseinsvorsorge
Handelspolitik
Raoul Didier
Steuerpolitik
Dr. Robby Riedel
Tarifpolitische Koordinierung und Mindestlohn
Dr. Maximilian Fuhrmann
Wohnungs- und Verbraucherpolitik