Zum 1. Juli steigt der Mindestlohn auf 10,45 Euro, bevor er dann im Oktober auf 12 Euro klettert. Die betroffenen Beschäftigten haben damit rund 6,5 Prozent mehr Geld im Portemonnaie. Doch für die Gewerkschaften ist der Mindestlohn stets nur die zweitbeste Lösung. Wirklich gute Löhne gibt es nur mit Tarifverträgen. Deshalb muss die Tarifbindung wieder mehr gestärkt werden.
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Der Mindestlohn steigt noch diese Woche! Zwar noch nicht auf 12 Euro pro Stunde – diese Erhöhung hat der Bundestag auf Druck der Gewerkschaften zum 1. Oktober beschlossen. Aber immerhin steigt der Mindestlohn jetzt zum 1. Juli in einem Zwischenschritt auf 10,45 Euro. Diese Anhebung hatte die Mindestlohnkommission bereits vor zwei Jahren festgelegt.
Wer zum Mindestlohn arbeitet, hat damit ab dem kommenden Monat rund 6,5 Prozent mehr im Geldbeutel als derzeit. Für einen Vollzeitbeschäftigten sind dies brutto 110 Euro mehr auf dem monatlichen Lohnzettel. Gerade in Zeiten hoher Inflationsraten erhalten geringe Einkommen damit einen spürbaren Lohnzuwachs. Vor allem Beschäftigte in Ostdeutschland und Frauen profitieren davon und zwar besonders in den Branchen Gastronomie, Taxigewerbe wie auch Kurier- und Expressdienste.
Die jetzige sowie die ab Oktober gültige Anhebung des Mindestlohns sind wichtige Schritte zur Erreichung des eigentlichen Ziels, nämlich der Vermeidung von Armutsgefährdung. „Arm trotz Arbeit“ ist derzeit kein Randphänomen, sondern für viele Menschen nach wie vor bittere Realität. Es geht auch darum, die geleistete Arbeit von Millionen Beschäftigten mehr wertzuschätzen.
Der aktuelle Mindestlohn reicht kaum für ein auskömmliches Einkommen, das Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht und vor Altersarmut schützt. Auch deshalb war die einmalige Anhebung des Mindestlohnes durch den Gesetzgeber auf 12 Euro notwendig und überfällig.
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Diese Entscheidung findet auch Anklang in der Bevölkerung. In einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des DGB begrüßen 88 Prozent der Befragten die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. Die Zustimmung gibt es dabei quer durch alle politischen Lager. Die Erhöhung im Oktober führt zu spürbaren Einkommenszuwächsen bei mindestens 6,2 Millionen Menschen, darunter insbesondere Teilzeitbeschäftigte und Minijobber*innen, aber auch 1,4 Millionen Vollzeitbeschäftigte.
Wenn der Mindestlohn 12 Euro beträgt, wird er seit Einführung im Jahr 2015 insgesamt um 41 Prozent gestiegen sein (siehe Abb.). Im kommenden Jahr 2023 wird die Mindestlohnkommission außerdem über eine weitere Anpassung entscheiden, die dann ab Anfang 2024 gilt. Dabei geht es darum, den Mindestlohn oberhalb der 12 Euro weiterzuentwickeln.
Doch der Mindestlohn allein wird in der jetzigen Situation jedoch nicht reichen, um den enormen Preisschub vor allem für Energie und für Lebensmittel auszugleichen. Deshalb braucht es weitere staatliche Entlastungsmaßnahmen jenseits der bereits beschlossenen Pakete.
Fakt ist: Für die Gewerkschaften ist der Mindestlohn stets nur die zweitbeste Lösung. Wirklich gute Löhne gibt es nur mit Tarifverträgen. Umso wichtiger ist es, die Tarifbindung, die in den letzten Jahren stetig zurückging, wieder zu stärken. Der Staat kann dazu beitragen, indem er Fördermittel und öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergibt, die nach Tarif zahlen.
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Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
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