Bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper. Umso mehr muss der soziale Wohnungsbau gestärkt werden. Auf welche Maßnahmen sich das Bündnis bezahlbarer Wohnraum geeinigt hat und wie eine soziale Bodenrechtsreform und eine neue Wohngemeinnützigkeit dabei helfen können, die Situation zu verbessern, erklärt der DGB-klartext.
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Die Energiepreissteigerungen bedrohen zunehmend auch die Konjunktur: Weil den Beschäftigten weniger Geld zum Leben bleibt, könnte die private Konsumnachfrage 2023 um 2,5 Prozent sinken und damit eine Rezession befördern, so das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Arbeitgeber berechtigte Lohnforderungen der Gewerkschaften nicht blockieren.
Auch die Investitionen gehen zurück: Das IMK prognostiziert schon für das laufende Jahr einen Rückgang der Bauinvestitionen um ein halbes Prozent. Für 2023 sind es im Durchschnitt minus 5 Prozent. Den Grund sieht das Institut vor allem in den sinkenden Wohnungsbauinvestitionen, aber auch beim öffentlichen Wohnungsbau. Ein fatales Signal!
Unter diesen Rahmenbedingungen ist klar, dass die Bundesregierung ihr Ziel, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, verfehlen wird. Das werden auch die zahlreichen Maßnahmen nicht ändern, die das Bündnis bezahlbarer Wohnraum diese Woche vorgestellt hat. Das Bündnis, bestehend aus Gewerkschaften, Bauwirtschaft, Sozial-, Umwelt- und Immobilienverbänden, sollte zusammen mit Ländern und Kommunen Maßnahmen erarbeiten, um den bezahlbaren, bedarfsgerechten und klimafreundlichen Wohnungsbau voranzubringen.
DGB/Quelle: BT-Drucksache 20/1824 und ImmobilienZeitung
Aufgrund gegensätzlicher Interessen im Bündnis sind viele der 187 Maßnahmen abgeschwächt oder lediglich als Prüfaufträge in die gemeinsame Erklärung aufgenommen. Klar formuliert ist begrüßenswerter Weise aber die Forderung nach einer stärkeren Tarifbindung in der Bauwirtschaft, vermehrter Aus- und Weiterbildung und einer Einstellungsoffensive im öffentlichen Dienst der Länder und Kommunen. Das Bündnis sagt somit unmissverständlich: Nur mit fairen, tariflich abgesicherten Rahmenbedingungen, ausreichendem und gut qualifiziertem Personal sind die Herausforderung auf dem Wohnungsmarkt zu stemmen. Diese deutliche Botschaft ist ein Lichtblick im Maßnahmenpapier.
Maßnahmen, die eine dauerhafte Bezahlbarkeit von Wohnraum absichern würden, sind jedoch von der Immobilienwirtschaft vehement bekämpft worden. Mit einem sozialen Bodenrecht oder einer neuen Wohngemeinnützigkeit liegen entsprechende Instrumente schon lange auf dem Tisch. Doch Ideen zur Senkung der Bodenpreise oder zur Stärkung kommunaler Vorkaufsrechte bei Grundstücksverkäufen konnten nicht vereinbart werden. Dabei ist doch klar: Auf teurem Grund entstehen nur selten bezahlbare Wohnungen.
Die Bundesregierung täte gut daran, die reduzierten Investitionen in den Wohnungsbau vor allem auf das bezahlbare Segment zu lenken. Die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau werden vom Bund auf 2,5 Mrd. Euro 2023 und 3 Mrd. Euro 2024 aufgestockt. Doch das wird nicht ausreichen, um den Bau von 100.000 Sozialwohnungen zu fördern. Vor allem, wenn die Länder nicht auch ihre Mittel massiv aufstocken. Die Zahlen aus dem Vorjahr (siehe Grafik) würden dann kaum erhöht werden können. Es braucht einen Turbo für Sozialwohnungen!
Das Bündnis-Papier ist auf der Seite des Bauministeriums einsehbar: www.bmwsb.bund.de
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