Wohnungsmieter*innen fürchten sich vor den steigenden Kosten, vor Gas- oder Stromsperrungen oder im schlimmsten Fall vor der Kündigung des Mietvertrages. Vom Wohngeld sollen nun mehr Menschen profitieren, doch an vielen Stellen bleibt das Entlastungspaket der Bundesregierung zu vage. Der DGB macht sich am Aktionstag Mietenstopp für den umfassenden Schutz von Mieter*innen stark.
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Das Entlastungspaket der Bundesregierung ist umfangreich, allerdings an vielen Stellen sehr vage gehalten. Das betrifft vor allem die wohnungspolitischen Elemente. Die kommenden Wochen werden zeigen, wie die Interpretationsspielräume ausgedeutet werden und was am Ende bei den Menschen ankommt.
Die meisten Haushalte werden in den kommenden Monaten eine Aufforderung zur Zahlung erhöhter Abschläge und/oder hohe Betriebskostennachforderungen im Briefkasten liegen haben, da sich Energie 2022 stark verteuert hat (siehe Grafik). Viele werden sich fragen, wie sie diese Zahlungen bewältigen sollen und ob ihnen im schlimmsten Fall die Kündigung des Mietvertrages oder die Sperrung von Strom oder Gas droht.
Quelle: Co2 Online / Grafik: Eigene Darstellung, DGB
Im Entlastungspaket ist der zentrale Baustein zur Abfederung erhöhter Wohnkosten die Reform des Wohngeldes. Am 23. September 2022 hat das Bauministerium dazu schon einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Der Kreis der Anspruchsberechtigten soll von knapp 700.000 Haushalten auf 2 Millionen ansteigen. Diese Ausweitung ist in der Krise notwendig und gut. Noch ist nicht absehbar, ob das erhöhte Wohngeld samt Heizkosten- und Klimakomponente ausreicht, um die Kostensteigerungen zu kompensieren. Unklar ist auch, wie die Wohngeldstellen zu Jahresbeginn hunderttausende Anträge abarbeiten können und wann das Geld bei den Berechtigten ankommt. Schon heute dauert die Bearbeitung eines Wohngeldantrages bis zu zehn Monate.
Deswegen ist es unabdingbar, flankierende Schutzvorkehrungen zu treffen, damit niemand im Dunkeln oder auf der Straße sitzt. Der DGB fordert ein Kündigungsmoratorium, das den Verlust der Wohnung auch bei nicht geleisteten Betriebskostenzahlungen verhindert. Im Entlastungspaket heißt es dazu lediglich, Mieter*innen sollen „durch die Regelungen des sozialen Mietrechts angemessen geschützt werden“. Das kann alles oder nichts bedeuten.
Die Ampel verspricht, Energiesperren durch „Abwendungsvereinbarungen“ (eine Art Stundung) zu verhindern. Wir fordern, dass sichergestellt wird, dass niemandem während der Krise Strom oder Gas abgestellt wird.
Mieter*innen sollten jetzt prüfen, ob sie künftig Anspruch auf Wohngeld haben und sich schon mal erkundigen, wo sie in ihrer Kommune einen Antrag stellen können. Dann können sie diesen einreichen, sobald die Reform in Kraft getreten ist (geplant ist der 1. Januar 2023). Vor allem Geringverdiener*innen und Familien haben eventuell die Möglichkeit, für den Monat in dem die Betriebskostennachzahlung im Briefkasten liegt, Grundsicherung zu beantragen. Vorausgesetzt, der Antrag wird im Monat der Nachzahlung gestellt.
Es ist offen, wie die Unterstützung und der Schutz von Mieter*innen ausgestaltet wird. Hier muss weiter Druck gemacht werden. Eine Möglichkeit dazu bietet sich am 8. Oktober 2022 im Rahmen des bundesweiten Aktionstages der Kampagne Mietenstopp. In mehr als 50 Städten werden Gewerkschaften, Mietervereine, Sozialverbände und Mietinitiativen mit unterschiedlichen Aktionen auf die Straße gehen. Mehr Informationen finden sich unter: www.mietenstopp.de.
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