Deutscher Gewerkschaftsbund

30.06.2021
klartext 23/2021

Miete frisst Einkommen

Mieterinnen und Mieter in deutschen Großstädten müssen im Schnitt fast 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Vor allem Menschen mit geringen und mittleren Einkommen leiden besonders unter den hohen Mietkosten. Um ein sozial verträgliches Wohnen für alle zu ermöglichen, müssen die Mietpreise gesenkt, zusätzlich bezahlbare Wohnungen gebaut und die unteren Einkommen gesteigert werden.

Zwei Miniatürhäuser auf unterschiedlich hohen Münzstapeln

DGB/Samantha Ireland/123rf.com

Fast 30 Prozent des Einkommens geht für die Miete drauf

Mieterinnen und Mieter in deutschen Großstädten müssen im Schnitt 29,8 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Das zeigt eine aktuelle Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung. Auf Basis der Mikrozensusdaten hat ein Team um den Berliner Stadtsoziologen Andrej Holm die Entwicklung der Mietbelastung in 77 Großstädten von 2006 bis 2018 analysiert.

Prekäre Lebensverhältnisse für Mieterhaushalte

Fast die Hälfte aller Mieterhaushalte zahlt mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für Miete, inklusive Betriebs- und Heizkosten. Ihre Lebensverhältnisse können als prekär beschrieben werden, da die Gefahr besteht, für die weitere Lebensführung nicht genug Geld zur Verfügung zu haben. Ein Viertel muss sogar mehr als 40 Prozent des Einkommens aufwenden, um ein sicheres Dach über dem Kopf zu haben.

Mietbelastung leicht gesunken

Die Studie zeigt auch, dass die Mietbelastung gemessen am Nettoeinkommen in den letzten Jahren leicht gesunken ist – allerdings auf beständig hohem Niveau. Der leichte Rückgang mag vor dem Hintergrund überraschen, dass die Angebotsmieten in etlichen Städten seit 2010 um mehr als 50 Prozent gestiegen sind. Doch Grundlage der Studie sind alle Mietverhältnisse in den Städten. Sie umfasst also nicht nur neue Mieten, sondern auch Bestandsmieten, die Dank des relativ robusten Mietrechts nur moderat ansteigen. Zudem haben sich die Realeinkommen seit 2014, in Folge guter Tarifabschlüsse und der Einführung des Mindestlohns, positiv entwickelt.

Diagramm: Anteil der Mietkosten am Einkommen in Prozent in ausgewählten deutschen Städten

DGB/Quelle: Holm et al. 2021

Zuwächse vor allem bei Gutverdienern

Dabei sind die Einkommenszuwächse bei den Gutverdienern (mehr als 140 Prozent über dem Durchschnittseinkommen) über den gesamten Betrachtungszeitraum hinweg deutlich höher, als in den unteren Einkommensklassen. Geringverdiener (weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens) haben nach Abzug der Mietkosten nur 90 Euro mehr in der Tasche als 2006.

Gutverdiener hingegen können sich über 606 Euro monatlich mehr freuen. Auch die Mietbelastungsquote nach Einkommensgruppe zeigt, wie die Wohnkosten die Einkommensungleichheit weiter verstärken: Geringverdiener müssen durchschnittlich 46,2 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden. Gutverdiener nur 19,6 Prozent.

Die niedrigsten Mietkostenbelastungen sind in den ostdeutschen Städten Chemnitz, Dresden und Erfurt zu verzeichnen. Die höchste Belastung weisen westdeutsche Städte mit meist niedrigem Einkommensniveau auf (siehe Grafik).

Mieterinnen und Mieter mit geringen und mittleren Einkommen leiden am Meisten

Die Studie zeigt einmal mehr, wie sehr Mieterinnen und Mieter mit geringen und mittleren Einkommen unter den hohen Mieten leiden und welche Ausmaße das Problem der Mietkostenüberlastung hat. Folgerichtig resümieren die Autoren der Studie: „Um in den Großstädten sozial verträgliches Wohnen für alle zu ermöglichen, müssten die Mietpreise gesenkt, zusätzlich bezahlbare Wohnungen gebaut und insbesondere die unteren Einkommen gesteigert werden.“

Die Studie zum Download


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