Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind immens. Während Millionen Menschen mit Einkommensverlusten, Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben, jagen Aktienkurse von einem Höchststand zum anderen. Diese Entwicklung kann auf Dauer nicht gutgehen.
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Corona hat alle Bereiche unseres Lebens erfasst. Weltweit kam es zu einem der stärksten Wirtschaftseinbrüche seit dem zweiten Weltkrieg. Doch während auch hierzulande Millionen Beschäftigte Einkommensverluste verkraften müssen, in Kurzarbeit sind oder gar ihren Job verloren haben, jagen die Aktienkurse an den Finanzmärkten von einem Höchststand zum anderen. Noch nie waren die Börsen so „wertvoll“ wie aktuell.
Auch wenn die Konjunktur-Aussichten wieder positiver sind und ein Ende der Pandemie naht, decken sich die realwirtschaftlichen Daten nicht mit der Euphorie an den Finanzmärkten. Auf knapp fünf Prozent wird der Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2020 beziffert. Der deutsche Aktienindex DAX wiederum konnte trotz heftigen Verlusten zum Anfang der Pandemie auf Jahressicht sogar zulegen.
Noch eklatanter ist die Drift im laufenden Jahr. So stehen 0,3 Prozent Wirtschaftswachstum 9,5 Prozent DAX-Wachstum im ersten Quartal 2021 gegenüber. In Summe bedeutet dies, dass der DAX seit 2019 um gut 26 Prozent zulegte, das BIP sich hingegen allenfalls auf Vorkrisenniveau bewegt (siehe Abbildung). Die Finanzmärkte scheinen von den wirtschaftlichen Entwicklungen losgelöst zu sein.
Die Goldgräberstimmung zeigt sich nicht nur bei den Börsenkursen. Auch die vergangene Dividenden-Saison war für die Aktionäre eine äußerst üppige Angelegenheit. So schütteten die großen Unternehmen hierzulande stolze 39 Milliarden Euro an Gewinnen aus. Auch für das laufende Jahr sind dicke Auszahlungen geplant.
DGB, Quelle: Börse.de; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.
Investmentbanker bekommen wieder hohe Boni. Allein die Deutsche Bank hat im letzten Geschäftsjahr 1,9 Milliarden Euro an Bonuszahlungen gewährt, schlappe 29 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Auch institutionelle Investoren wie Hedgefonds und Private Equity haben in der Krise prächtige Geschäfte gemacht. Kurzum: Die Finanzmärkte boomen, während Beschäftigte, kleine und mittlere Unternehmen noch mit den Pandemiefolgen zu kämpfen haben. Die zweigeteilte Entwicklung kann auf Dauer nicht gutgehen. Ein Platzen der Blase ist nicht ausgeschlossen.
Dass am Finanzmarkt etwas nicht stimmt, zeigt sich auch anderweitig: Der ehemalige Börsenliebling Wirecard fälschte im großen Stil seine Bilanz. Ganze 1,9 Milliarden Euro wurden aus der Luft gegriffen. Um rund 500 Millionen Euro wurden einige deutsche Kommunen gebracht, die ihr Geld bei der Bremer Greensill Bank angelegt hatten.
Aufsicht, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Ratingagenturen machten in diesen Fällen keine gute Figur. Grundsätzlich bleibt bei der Regulierung der Finanzmärkte noch viel zu tun: Immer noch sind die Eigenkapitalanforderungen für Banken zu gering, Schattenbanken unreguliert und Finanztransaktionen kaum besteuert.
Wie viel Sprengstoff steckt in unserem Finanzsystem? Dienen die Finanzmärkte (noch) der Realwirtschaft? Darüber diskutiert der DGB mit Expertinnen und Experten bei einer öffentlichen Online-Veranstaltung am 14.06.2021 ab 18:30 Uhr. Zum Livestream.