Wer wenig Einkommen hat, wohnt schlechter auf weniger Platz als Normalverdiener*innen. Gleichzeitig fließt ein Großteil des Einkommens in die Miete. Wie der Mietmarkt sozialer gestaltet werden kann, zeigt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung.
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Das Einkommen bestimmt die Wohnverhältnisse. Je geringer, desto seltener ist die Wohnung in neu errichteten Wohngebäuden.
Je geringer das Einkommen eines Haushalts ist, desto höher ist die Mietkostenbelastung und umso kleiner und schlechter ausgestattet sind die Wohnungen. Zu diesem Fazit kommt eine im August erschienene Studie von Andrej Holm, Valentin Regnault, Maximilian Sprengholz und Meret Stephan von der Humboldt-Universität Berlin für die Hans-Böckler-Stiftung. Die Studie folgt auf eine erste Forschungsarbeit zur Entwicklung der Wohnverhältnisse derselben Autor*innen, die bereits im Juni erschienen war (vgl. klartext Nr. 23).
Das Forscherteam arbeitet heraus, dass jedem achten Mieterhaushalt in den untersuchten deutschen Großstädten nach Abzug der Miete nun noch weniger als das Existenzminimum zum Leben bleibt. Besonders betroffen von diesen Entwicklungen sind hierbei Haushalte mit geringen Einkommen: Während insgesamt jeder zweite Haushalt mehr als 30 Prozent für die Miete aufbringen muss, sind es bei den Haushalten mit Einkommen unterhalb der Armutsgrenze (weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens) 91 Prozent, die mehr als ein Drittel ihres Einkommens für die Miete aufwenden müssen. Zum Leben bleibt da nicht mehr viel übrig.
Gleichzeitig wohnen Geringverdienende unter schlechteren Bedingungen. Denn während die Haushalte mit Einkommen unterhalb der Armutsgrenze pro Kopf nur eine Wohnfläche von 39 Quadratmetern zur Verfügung haben, sind es bei den Haushalten mit den höchsten Einkommen (mehr als 140 Prozent des Durchschnittseinkommens) immerhin 51 Quadratmeter (siehe Grafik).
DGB/Quelle: Holm u. a., Hans-Böckler-Stiftung
Darüber hinaus leben Haushalte mit niedrigen Einkommen proportional häufiger im Bestand des alten sozialen Wohnungsbaus, während Neubauwohnungen primär von Haushalten mit überdurchschnittlichen Haushaltseinkommen bewohnt werden. Die Studie kommt daher zu dem Schluss: „Die Wohnverhältnisse werden von den Einkommen bestimmt. Je geringer das verfügbare Einkommen, desto kleiner die verfügbare Wohnfläche, desto geringer der Anteil selbstgenutzten Eigentums und desto seltener eine Wohnung in neu errichteten Wohngebäuden.“
Diese Erkenntnisse zeigen auch, dass Wohnungsbau allein nicht automatisch zu einer Entlastung der unteren Einkommensgruppen und einer breiteren Versorgung mit leistbarem Wohnraum führt. Es muss vielmehr bedarfsgerecht bezahlbarer Wohnraum gebaut werden. Zudem braucht es umfassende und ausfinanzierte Konzepte zur Bereitstellung geförderten sozialen Wohnraums, einen effektiven Mietenstopp und natürlich eine Steigerung der unteren Einkommen.
Die Kampagne Mietenstopp, die vom DGB mitgetragen wird, beteiligt sich deshalb an der Mietendemo „Wohnen für Alle! Gemeinsam gegen hohe Mieten und Verdrängung“, die am 11. September in Berlin stattfindet. Die Demonstration startet um 13 Uhr mit einer Auftaktkundgebung am Alexanderplatz und endet mit einer Schlusskundgebung auf der Straße des 17. Juni.
Die neue Studie gibt es unter www.boeckler.de (PDF)
Infos zur Mietendemo unter www.mietendemo.org