Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 067 - 01.04.1998

DGB begrüßt parlamentarische Initiative zur Förderung der Arbeitnehmerbeteiligung am Produktivvermögen

Bei der heute im Deutschen Bundestag stattfindenden Anhörung zu den verschiedenen Vorlagen der Regierungsfraktionen und der SPD vertritt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) folgende Haltung:

(1) Der DGB bekräftigt seine Auffassung, daß die Vermögenspolitik zu einer gerechteren Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen beitragen muß. Er begrüßt daher im Grundsatz, daß die Bundestagsparteien die Produktivkapitalbildung in Arbeitnehmerhand in das Zentrum der politischen Gestaltung gerückt haben.

(2) Eine wirksame Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen erfordert tarifvertragliche Regelungen. Diese müssen sich insbesondere auf überbetriebliche Kapitalbeteiligungen als gemeinsame Einrichtungen der Tarifparteien (Tariffonds) beziehen. Rein betriebliche Vermögensbeteiligungssysteme können schon allein aus Gründen der Praktikabilität nicht zu einer breiten Produktivkapitalbeteiligung beitragen. Insbesondere kleinbetrieblich strukturierte Bereiche wie z.B. die Bauwirtschaft, das Handwerk oder der öffentliche Dienst kommen für betriebliche Lösungen nur sehr begrenzt in Frage.

(3) Die staatliche Förderung von betrieblichen und überbetrieblichen Produktivkapitalbeteiligungen durch materielle staatliche Anreize soll im Prinzip gleichberechtigt ausgestaltet sein. D.h., auch tarifvertraglich geregelte überbetriebliche Beteiligungen in Form von Anteilen an Kapitalanlagegesellschaften müssen in den Katalog der geförderten Beteiligungsformen des Vermögensbildungsgesetzes (VermBG) aufgenommen werden.

(4) Überbetriebliche Fonds als Mittel sowohl breiter Kapitalbeteiligung von Arbeitnehmern als auch der Risikominimierung können optimal nur dann funktionieren, wenn die Anlage in solchen Fonds alle vom Tarifvertrag begünstigten Arbeitnehmer erfaßt. Daher sind tarifvertraglich vereinbarte vermögenswirksamen Leistungen an Tariffonds uneingeschränkt durch die Arbeitnehmer-Sparzulage zu fördern.

(5) Die Risiken betrieblicher Mitarbeiterbeteiligungen am arbeitgebenden Unternehmen müssen durch Gesetz obligatorisch abgesichert werden, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürften im Fall einer Insolvenz ihres Unternehmens neben ihren Arbeitsplatz nicht auch noch ihr dem Arbeitgeber überlassenes Kapital verlieren.

(6) Der DGB erkennt an, daß der von den Regierungsfraktionen vorgelegte Gesetzentwurf durchaus Verbesserungen zur Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen enthält. Das betrifft auch die angestrebten Verbesserungen der materiellen Anreize: Die Anhebung der Einkommensgrenzen des Vermögenbildungsgesetzes auf 35.000/70.000 DM bleibt allerdings hinter der vom DGB geforderten Angleichung an die Grenzen des Wohnungsbau- Prämiengesetzes von 50.000/100.000 DM zurück. Auch ist die beabsichtigte Anhebung des Förderhöchstbetrages für Ostdeutschland auf 1.000 DM (gegenüber 800 DM in Westdeutschland) nicht geeignet, die ungleich schlechteren Vermögensposition der ostdeutschen Arbeitnehmer(innen) gegenüber dem Westniveau auszugleichen. Eine Anhebung der Zulage für Ostdeutschland z.B. auf 25 Prozent (gegenüber 20 Prozent im Westen) wäre hier angemessener.

Es fehlt im Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen die klare rechtliche Klarstellung, daß tarifvertraglich vereinbarte, überbetriebliche Vermögensbildungseinrichtungen ermöglicht und gefördert werden. Vollends vermißt der DGB eine Vorschrift, die Risiken betrieblicher Mitarbeiterbeteiligungen obligatorisch gegen Insolvenzen absichert. Den erhofften Durchbruch für tarifvertragliche Regelungen zur Produktivkapitalbeteiligung wird es nach Ansicht des DGB daher mit dem Regierungsansatz noch nicht geben.

(7) Im Gegensatz zur Vorlage der Regierungsfraktionen greift der Antrag der SPD-Opposition diese zentralen Grundsatzforderungen auf: Es sollen gesetzliche Rahmenbedingungen für tarifvertragliche Regelungen über überbetriebliche Vermögensbildungsfonds geschaffen werden. Zweitens sollen solche Fonds in die Anlageformen des Vermögensbildungsgesetzes einbezogen und auch dann mit einer Sparzulage gefördert werden, wenn die Anlage in diesen Fonds tarifvertraglich verbindlich geregelt worden ist. Drittens will die SPD die Risiken betrieblicher Mitarbeiterbeteiligungen vor Insolvenz absichern. Schließlich kommen die im SPD-Antrag genannten Verbesserungen der materiellen Anreize den Vorstellungen des DGB näher.

(8) Der DGB fordert die Fraktionen im Deutschen Bundestag auf, nunmehr über die vorgelegten Entwürfe in Verhandlungen einzutreten und sich ohne Wahlkampfgetöse auf ein wirksames Konzept zur Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Produktivvermögen zu verständigen.


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