Seit dem 1. Oktober 2022 liegt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland bei 12 Euro pro Stunde, 2024 steht die nächste Erhöhung an. Wer bekommt den Mindestlohn, welche Ausnahmen gibt es, was passiert bei Verstößen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
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Am 26. Juni 2023 hat die Mindestlohnkommission beschlossen, den Mindestlohn zum 1. Januar 2024 auf nur 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf nur 12,82 Euro zu erhöhen. Dieser Beschluss wurde gegen die Stimmen der Gewerkschaftsvertreter*innen gefasst. Aktuelle Informationen zur nächsten Mindestlohnerhöhung findest du hier.
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in 2023 beträgt 12 Euro pro Stunde. Kein Lohn unter 12 Euro: dafür haben wir Gewerkschaften lange und erfolgreich gekämpft. Seit dem 1. Oktober 2022 beträgt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn 12 Euro pro Stunde. Der Mindestlohn von 12 Euro gilt für das gesamte Jahr 2023.
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in den Jahren 2022 und 2023:
Bei einer 40-Stunden-Woche liegt der Bruttoverdienst mit Mindestlohn bei etwa 2.080 Euro im Monat. Wie viel netto, also nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen davon übrig bleibt, ist individuell verschieden und hängt von Faktoren wie Steuerklasse, Familienstand, Anzahl der Kinder, Religionszugehörigkeit und Bundesland ab.
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Die nächste Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns findet zum 1. Januar 2024 statt. Am 26. Juni 2023 hat die Mindestlohnkommission einen Beschluss gefasst, in welcher Höhe der Mindestlohn angepasst werden soll. Danach soll der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro steigen, ein Jahr später, zum 1. Januar 2025, auf 12,82 Euro. Das entspricht prozentualen Erhöhungen von gerade einmal 3,4 bzw. 3,3 Prozent.
Dieser Beschluss ist aus Sicht der Gewerkschaften absolut enttäuschend. Er wurde gegen die Stimmen der Gewerkschaftsvertreter*innen gefasst. Wir hatten angesichts der hohen Inflation und der steigenden Kosten für Energie und Lebensmittel eine deutlich stärkere Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns gefordert.
„Für eine Anpassung lediglich im Cent-Bereich konnten wir auf keinen Fall unsere Hand reichen. Mit diesem Beschluss erleiden die fast sechs Millionen Mindestlohnbeschäftigten einen enormen Reallohnverlust. Die Mindestlohnkommission wird damit nicht ihrer Aufgabe gerecht, den gesetzlich geforderten Mindestschutz für Arbeitnehmer*innen zu gewährleisten.
Um diesen Mindestschutz sowie einen Ausgleich der Inflation zu erreichen, hätte der Mindestlohn zumindest auf 13,50 Euro steigen müssen. Die Arbeitgeber und die Vorsitzende der Kommission haben sich dem verweigert.
Vollkommen aberwitzig ist zudem, dass die Arbeitgeber als Basis für die nächste Erhöhung nicht den aktuell vom Gesetzgeber festgelegten Mindestlohn von 12 Euro ansetzen. Mit dem jetzt gefassten Beschluss gehen die Arbeitgeber stattdessen vom alten Mindestlohn in Höhe von 10,45 Euro aus. Das kommt einer Missachtung des Gesetzgebers gleich, der vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation die 12 Euro festgelegt hatte, um den Mindestlohn armutsfest zu gestalten.
Es ist beschämend, dass die Arbeitgeber in dieser Situation mit den höchsten Teuerungsraten gerade bei den finanziell Schwächsten des Arbeitsmarktes sparen wollen. Sie müssten de facto Einkommensverluste hinnehmen und wären komplett von der allgemeinen Lohnentwicklung abkoppelt.
DGB-Vorstandsmitglied und Mitglied der Mindestlohnkommission Stefan Körzell, 26. Juni 2023
Hintergrund: Die Mindestlohnkommission ist ein unabhängiges Gremium, das sich aus Vertreter*innen von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Wissenschaftlern zusammensetzt. Sie prüft, wie hoch der gesetzliche Mindestlohn in der aktuellen Situation sein muss, damit er unter anderem einen angemessenen Mindestschutz für Beschäftigte bieten kann.
In der Regel legt die Mindestlohnkommission alle zwei Jahre einen Vorschlag zur Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns vor. Die Anpassung auf 12 Euro im Jahr 2022 war eine außerplanmäßige, einmalige Anhebung, die im Koalitionsvertrag vereinbart war. Danach fand eine Rückkehr zum regulären, gesetzlich festgelegten Turnus statt. Das bedeutet auch, dass es 2023 keine Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns geben wird.
Mitten in der Inflation hat die Mehrheit der Mindestlohnkommission entschieden, den Mindestlohn zum 1. Januar 2024 auf nur 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro anzupassen. Die drei Vertreter*innen der Gewerkschaften in der Mindestlohnkommission haben aus diesen Gründen dagegen gestimmt:
Wir fordern die sofortige Umsetzung der EU-Richtlinie zu Mindestlöhnen. Nach aktuellen Berechnungen müsste der Mindestlohn dann mindestens bei 13,53 Euro liegen. Das ist über ein Euro mehr als aktuell für die Erhöhung vorgesehen.
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn wurde am 1. Januar 2015 in Deutschland eingeführt. Damals lag er bei 8,50 Euro brutto pro Stunde. Er markiert die Lohnuntergrenze, die nicht unterschritten werden darf. Anders ausgedrückt: Wer arbeitet, darf – mit wenigen Ausnahmen – nicht weniger als 12 Euro pro Stunde verdienen – wenn doch, macht sich der Arbeitgeber strafbar. Damit sollen Arbeitnehmer*innen vor Ausbeutung und Dumpinglöhnen geschützt werden.
Der Mindestlohn wird turnusmäßig alle zwei Jahre angepasst. Dabei werden unter anderem wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt. Vorschläge dazu macht die Mindestlohnkommission. Zum 1. Oktober 2022 gab es einen einmaligen, außerplanmäßigen Sprung auf 12 Euro brutto pro Stunde. Damit ist er seit der Einführung im Jahr 2015 um rund 41 Prozent gestiegen.
Jahr | Mindestlohn (in €/Std.) |
---|---|
2015 | 8,50 |
2016 | 8,50 |
2017 | 8,84 |
2018 | 8,84 |
2019 | 9,19 |
2020 | 9,35 |
2021 (01.01.-30.06.) | 9,50 |
2021 (01.07.-31.12.) | 9,60 |
2022 (01.01.-30.06.) | 9,82 |
2022 (01.07.-30.09.) | 10,45 |
2022 (01.10.-31.12.) | 12,00 |
2023 | 12,00 |
Die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland von 2015 bis 2023 DGB
Seit der Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro haben 5,8 Millionen Menschen mehr Geld erhalten. Der Anteil derer, die bisher zu Niedriglöhnen arbeiteten, sank seit der Erhöhung von 19 auf 15,2 Prozent. Somit schafft es der Mindestlohn erwiesenermaßen eines seiner wichtigsten Ziele zu erreichen: den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Besonders Frauen und geringfügig Beschäftigte profitieren hierbei vom erhöhten Mindestlohn:
Trotz Warnungen der Arbeitgeberseite vor der Mindestlohn-Erhöhung und vieler aktueller Krisen belegen die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes eine deutlich positive Wirkung auf die Wirtschaft.
"Die Mindestlohn-Erhöhung wirkt sich zusätzlich positiv auf die Wirtschaft aus, da die Kaufkraft der Beschäftigten steigt. Die stärkere Kaufkraft und höhere Binnennachfrage helfen in den aktuellen Krisen, die Konjunktur zu stabilisieren. Ausgeblieben sind sogenannte negative Beschäftigungseffekte, das zeigt die Forschung. Wer also weiterhin behauptet, durch einen höheren Mindestlohn gehen Jobs verloren, lebt in einer Märchenwelt."
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell, 1. Juni 2023
Von der Erhöhung des Mindestlohns haben bisher 5,8 Millionen Menschen in Deutschland profitiert. Davon leben 4,9 Millionen in Westdeutschland, sind 3,3 Millionen Frauen und arbeiten 3 Millionen in einem Minijob. DGB
Die Grafik zeigt, dass anteilig besonders Minijober*innen von der Mindestlohnerhöhung profitiert haben. So profitierten 52 Prozent der Minijober*innen von der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. DGB
Der gesetzliche Mindestlohn ist ein allgemeiner, flächendeckender Mindestlohn für ganz Deutschland. Er gilt, mit wenigen Ausnahmen, für alle Arbeitnehmer*innen; egal, in welchem Bundesland sie leben oder arbeiten.
Neben dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn gibt in einigen Branchen eigene Mindestlöhne, die sogenannten Branchenmindestlöhne. Sie werden von Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt, in einem Tarifvertrag festgehalten und für allgemeinverbindlich erklärt. Das heißt: Der Branchenmindestlohn gilt für alle Beschäftigten einer Branche, auch wenn der Betrieb nicht tarifgebunden ist. Wichtig: Auch bei Branchenmindestlöhnen gilt der gesetzliche Mindestlohn als absolute Lohnuntergrenze.
Auch im Jahr 2023 gibt es noch Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn. Er gilt weiterhin nicht für:
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn gilt unabhängig davon, wie oft oder wie viele Stunden jemand arbeitet – also auch für Minijobber*innen.
Für das Jahr 2023 bedeutet das konkret: Der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 12 Euro brutto pro Stunde, die Einkommensgrenze für Minijobs bei 520 Euro. Wer den gesetzlichen Mindestlohn bekommt, darf also bis zu 43 Stunden im Monat – oder zehn Stunden pro Woche – im Minijob arbeiten. Wird ein höherer Lohn als der allgemeine gesetzliche Mindestlohn gezahlt, sinkt die Anzahl der möglichen Arbeitsstunden im Minijob entsprechend.
Auszubildende erhalten keinen Mindestlohn, sondern eine Mindestausbildungsvergütung. Sie wird umgangssprachlich oft "Mindestlohn für Azubis" genannt, ist jedoch nicht mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu verwechseln.
2023 beträgt die Mindestausbildungsvergütung:
Zuständig für die Kontrolle des Mindestlohns ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Bundeszollverwaltung, kurz FKS. Sie prüft unter anderem, ob Arbeitgeber den gesetzlich vereinbarten Mindestlohn oder den geltenden Branchenmindestlohn zahlen und ihren Dokumentationspflichten nachkommen.
Für geringfügig Beschäftigte und in Branchen, in denen es viel Schwarzarbeit gibt – etwa dem Bau- oder Gaststättengewerbe, in der Logistik oder der Gebäudereinigung – müssen Arbeitgeber zwingend die Arbeitszeiten der Beschäftigten erfassen. Kommen Sie dieser Verpflichtung nicht nach, sind Bußgelder in Höhe von bis zu 30.000 Euro fällig. Bei Verstößen gegen die Zahlung des Mindestlohns drohen Geldbußen bis zu 500.000 Euro.
Wichtig: Wenn ein Unternehmen andere Unternehmen beauftragt, um eine Werk- oder Dienstleistung zu erbringen, ist es im Rahmen der Auftraggeberhaftung dafür verantwortlich, dass dieses Subunternehmen das Mindestlohngesetz einhält.
Wenn sich der Arbeitgeber weigert, den Mindestlohn zu zahlen, ist das ein klarer Gesetzesverstoß. Das gilt auch für Tricksereien bei der Arbeitszeit – wenn also zum Beispiel weniger Stunden bezahlt werden, als gearbeitet wurden und so der Mindestlohn nur rein rechnerisch gezahlt wird, aber nicht tatsächlich.
Bei solchen Betrügereien solltest du zunächst deinen Vorgesetzten auf den Mindestlohnverstoß hinweisen, am besten schriftlich. Wenn es hart auf hart kommt, muss leider jede und jeder betroffene Beschäftigte einzeln den Arbeitgeber auf Auszahlung des Mindestlohns verklagen. Gewerkschaftsmitglieder können sich dazu bei ihrer Gewerkschaft kostenlos rechtlich beraten lassen und erhalten im Ernstfall Rechtsschutz.
Informationen und ein kostenloses Bürgertelefon gibt es auch beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Hotline: 030/60 28 00 28 (montags bis donnerstags 8 bis 17 Uhr, freitags 8 bis 12 Uhr).