Der gesetzliche Mindestlohn beträgt seit dem 1. Oktober 2022 12 Euro pro Stunde. Der DGB beantwortet die wichtigsten Fragen für Arbeitnehmer*innen zum gesetzlichen Mindestlohn. Wie hoch ist der Mindestlohn? Wann wird er wieder erhöht? Und welche Ausnahmen gelten beim Mindestlohn?
AKTUELLER GESETZLICHER MINDESTLOHN
Seit dem 1. Oktober 2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 12 Euro.
Der DGB hat lange einen Mindestlohn von 12 Euro gefordert. Nun ist er Realität!
Wer bekommt den Mindestlohn, wie wird er durchgesetzt, wie wirkt er sich auf die Tarifverträge aus?
Wir beantworten alle wichtigen Fragen rund um den Mindestlohn und erklären, weshalb er keine Arbeitsplätze kostet.
Der gesetzliche Mindestlohn stieg zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro. Zum 1. Oktober 2022 stieg der gesetzliche Mindestlohn auf 12,00 Euro. Über weitere Erhöhungsschritte befindet die Mindestlohnkommission dann erstmalig bis zum 30. Juni 2023 mit Wirkung zum 1. Januar 2024. Eine weitere Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns, die noch im Jahr 2023 gilt, wird es also nicht geben. Der Mindestlohn steigt voraussichtlich erst zu Beginn des Jahres 2024 wieder, aber auch nur dann, wenn die Mindestlohnkommission eine Erhöhung für notwendig hält.
Angesichts der hohen Inflation, fordert der DGB einen kräftigen Ausgleich beim Mindestlohn. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagt dazu am 10. März 2023:
"Ja, die Inflation frisst die letzte Mindestlohnerhöhung weitgehend auf. Wir werden uns in der Mindestlohnkommission für einen kräftigen Ausgleich einsetzen. Beim nächsten Erhöhungsschritt, der im Juni festgelegt wird, muss die Kaufkraftentwicklung entschieden berücksichtigt werden. Dies schreibt auch die neue EU-Mindestlohnrichtlinie vor – wie übrigens ebenso die Höhe von mindestens 60 Prozent des Medianlohns. Die Preissteigerungen wirken sich gerade bei Geringverdiener*innen negativ aus. Daher sollte allen Beteiligten in der Kommission klar sein, welche Verantwortung wir gemeinsam tragen. Neben der Höhe des Mindestlohns müssen auch verstärkte Kontrollen weiterhin im Fokus stehen. Offenbar gibt es immer noch viele kriminelle Arbeitgeber, die tricksen und den Mindestlohn umgehen."
Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland hat sich seit seiner Einführung in Deutschland am 1. Januar 2015 wie folgt entwickelt:
Jahr | Mindestlohn (in €/Std.) |
---|---|
2015 | 8,50 |
2016 | 8,50 |
2017 | 8,84 |
2018 | 8,84 |
2019 | 9,19 |
2020 | 9,35 |
2021 | 9,50 (1. Halbjahr) |
9,60 (2. Halbjahr) | |
2022
| 9,82 (1. Halbjahr) |
10,45 (2. Halbjahr) | |
12,00 | |
2023 | 12,00 |
Mit der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns in den Jahren 2021 und 2022 steigt der Mindestlohn von Ende 2020 bis zum 2. Halbjahr 2022 um 11,8 Prozent.
Im Vergleich zur Einführung im Jahr 2015 (8,50 Euro) wird der gesetzliche Mindestlohn bis zum 2. Halbjahr 2022 um 22,9 Prozent gestiegen sein.
Die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland von 2015 bis 2022 DGB
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Auch im Jahr 2023 gibt es noch Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn.
Daneben galt bei Einführung des Mindestlohngesetzes für Tarifverträge, die Löhne unter dem gesetzlichen Mindestlohn vorsehen, eine Übergangsfrist. Diese Frist ist inzwischen aber längst ausgelaufen. Deshalb gilt: In keiner Branche darf (auch 2022; abgesehen von den oben genannten Personengruppen) weniger gezahlt werden als es der gesetzliche Mindestlohn vorsieht.
Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es auch noch Branchenmindestlöhne. Ein Branchenmindestlohn wird von Gewerkschaften und Arbeitgebern in einem Tarifvertrag ausgehandelt und von der Politik für allgemein verbindlich erklärt. Er gilt dann für alle Beschäftigten dieser Branche - auch dann, wenn ihr Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist (Übersicht zu allen Branchenmindestlöhnen und weitere Informationen zum Thema Branchenmindestlohn).
Der gesetzliche Mindestlohn gilt nicht für Auszubildende. Der Begriff "Mindestlohn für Azubis" wird jedoch umgangssprachlich häufig für die Mindestausbildungsvergütung verwendet. Auch diese Mindestausbildungsvergütung steigt zum Januar 2023:
Ab 2023 beträgt die Mindestausbildungsvergütung:
Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn gilt in Deutschland seit dem 1. Januar 2015 (Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes).
Ein Mindestlohn ist eine verbindliche Lohnuntergrenze. Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland ist ein allgemeiner, flächendeckender Mindestlohn für ganz Deutschland und gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (bis auf wenige Ausnahmen). Daneben gibt es in Deutschland für einige Branchen auch noch Branchenmindestlöhne, die von Gewerkschaften und Arbeitgebern in einem Tarifvertrag ausgehandelt und von der Politik für allgemeinverbindlich erklärt wurden. Diese Branchenmindestlöhne gelten für alle Arbeitnehmer*innen in der entsprechenden Branche. Ein Arbeitgeber darf seinen Beschäftigten also nicht weniger zahlen als den gesetzlichen Mindestlohn, beziehungsweise den (in der Regel höheren) allgemeinverbindlichen Branchenmindestlohn - falls es in seiner Branche einen solchen Branchenmindestlohn gibt.
Seit dem 1. Oktober 2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland 12 Euro.
Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts wurde zum 1. Oktober 2022 der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro pro Stunde erhöht. Im Folgenden beantwortet der DGB grundsätzliche Fragen zum gesetzlichen Mindestlohn und zu seiner außerplanmäßigen Erhöhung. Für wen gilt der gesetzliche Mindestlohn? Wie kann ich ihn geltend machen? Wie wirkt sich die Erhöhung auf Tarifbeschäftigte aus? Wie ist die Erhöhung aus wirtschaftlicher Sicht zu bewerten?
Jede Person, die in Deutschland abhängig beschäftigt ist, hat seit dem 1. Oktober 2022 den Anspruch auf eine Entlohnung von mindestens 12 Euro pro Stunde.
Vom Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen sind Minderjährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Langzeitarbeitslose, die seit mindestens einem Jahr bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet sind, haben erst sechs Monate nach Wiederaufnahme einer Tätigkeit das Recht auf einen Mindestlohn.
Diese Ausnahmen hat der DGB von Anfang an kritisiert, weil Drehtüreffekte zu befürchten sind. Der gewünschte Übergang in eine feste Beschäftigung wird durch diese Regelung nicht erleichtert, sondern erschwert.
Welche Ausnahmen seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns und auch noch im Jahr 2022 gelten, finden Sie in unserem Beitrag "Mindestlohn 2021/2022: Was ändert sich?" im Abschnitt "Gibt es 2022 noch Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn?".
Die Ausbildungsvergütung fällt nicht unter den gesetzlichen Mindestlohn, stattdessen gibt es hier die Mindestausbildungsvergütung. Diese liegt 2022 bei 585 Euro pro Monat im ersten Ausbildungsjahr bis 819 Euro pro Monat im dritten Ausbildungsjahr. Weitere Informationen zur Mindestausbildungsvergütung haben wir hier zusammengestellt: BBiG-Reform: Von Mindestausbildungsvergütung bis Freistellung an Berufsschultagen | DGB
Pflichtpraktika für Ausbildung oder Studium – auch wenn sie zur Zulassung erforderlich sind -und Orientierungspraktika mit einer Dauer von bis zu drei Monaten sind wie Ausbildungen vom Mindestlohn ausgenommen. Alle anderen Praktikant*innen haben aber grundsätzlich Anspruch auf den Mindestlohn! Im Zweifelsfall informiert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) auf seiner Homepage und in der Mindestlohnhotline: BMAS - Mindestlohn und Praktikum
Ja, solange die Arbeit in Deutschland stattfindet, haben auch ausländische Staatsbürger*innen und Beschäftigte ausländischer Unternehmen einen Anspruch auf den Mindestlohn. Für Beschäftige deutscher Unternehmen im EU-Ausland kann außerdem der örtliche Mindestlohn gelten, sofern dieser höher liegt.
Personen in Resozialisierungs- und Inklusionsmaßnahmen haben ebenfalls keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, da die Teilnehmenden der Maßnahme nicht als abhängig Beschäftigte angesehen werden. Daher muss ihnen nach aktueller Rechtslage in Förderwerkstätten und Haftanstalten kein Mindestlohn gezahlt werden.
Das Bundesarbeitsministerium geht davon aus, dass derzeit etwa 6,2 Millionen Beschäftigte weniger als 12 Euro pro Stunde verdienen. Laut einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes für den DGB sind darunter Frauen mit 3,5 Millionen und Ostdeutsche mit 1,1 Millionen besonders stark vertreten. Weitere Zahlen aus der Auswertung sind hier zu finden: Wer profitiert von 12 Euro Mindestlohn? | DGB
Die meisten Flächentarife sehen mittlerweile keine Lohngruppen mit einem Stundenlohn unter 12 Euro mehr vor. Hier könnten die unteren Lohngruppen aber vom sogenannten Spillover-Effekt profitieren: Um qualifizierte und/oder anstrengende Arbeit attraktiv zu halten, sollten die Arbeitgeber einen Abstand zwischen Mindestlohn und Tariflohn einplanen. Mit einem höheren Mindestlohn steigen also voraussichtlich auch Löhne, die knapp darüber liegen.
Von Niedriglöhnen sind derzeit besonders Minijobber*innen betroffen: 58 Prozent von ihnen erhalten weniger als 12 Euro die Stunde. Aber es werden nicht nur ungelernte Hilfstätigkeiten im Minijob schlecht bezahlt: Neben der Küchenhilfe finden sich auch Ausbildungsberufe wie Friseur*in, Köch*in und verschiedene Fachverkäufer*innen unter den stark betroffenen Berufsgruppen. Auch in der Landwirtschaft und der Logistik werden noch viel zu oft Niedriglöhne gezahlt, obwohl die Belastung in der Pandemie oft deutlich zugenommen hat.
Ja, der gesetzliche Mindestlohn gilt auch bei Minijobs. Für Minijobberinnen und Minijobber gelten keine Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn.
Nein, es gibt beim gesetzlichen Mindestlohn keine Unterschiede zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland. Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland ist ein allgemeiner, flächendeckender Mindestlohn. Er gilt überall in Deutschland gleichermaßen in der gleichen Höhe.
Es gibt also beim gesetzlichen Mindestlohn keine Unterschiede zwischen den Bundesländern. Er gilt überall in Deutschland gleichermaßen in der gleichen Höhe. Es gibt also keinen "Mindestlohn Bayern", "Mindestlohn Baden-Württemberg", "Mindestlohn Berlin", "Mindestlohn Brandenburg", "Mindestlohn Bremen", "Mindestlohn Niedersachsen", "Mindestlohn NRW", "Mindestlohn Rheinland-Pfalz", "Mindestlohn Saarland", "Mindestlohn Hessen", "Mindestlohn Mecklenburg-Vorpommern", "Mindestlohn Sachsen-Anhalt", "Mindestlohn Thüringen", "Mindestlohn Sachsen", "Mindestlohn Schleswig-Holstein" oder "Mindestlohn Hamburg" beim gesetzlichen Mindestlohn.
Bei Branchenmindestlöhnen, die in einem Tarifvertrag ausgehandelt werden, kann es hingegen Unterschiede zwischen Ost und West bzw. zwischen Bundesländern geben.
Zunächst sollten die Vorgesetzten auf die Mindestlohnerhöhung, am besten schriftlich, hingewiesen werden. Informationen zum Mindestlohn gibt es beispielsweise vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unter: BMAS - Mindestlohn
Telefonisch gibt das Bürgertelefon des BMAS montags bis donnerstags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter 030/ 60 28 00 28 Auskunft.
Kommt es hart auf hart, muss leider jede/jeder einzelne betroffene Beschäftigte den Arbeitgeber auf Auszahlung des Mindestlohns verklagen. Gewerkschaftsmitglieder können sich bei ihrer Gewerkschaft kostenlos rechtlich beraten lassen und erhalten im Ernstfall Rechtsschutz.
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, die geleisteten Arbeitsstunden zu dokumentieren. Egal, ob das mit altmodischer Stempelkarte oder moderner Cloud-Lösung passiert: Arbeitnehmer*innen sollten sich am besten eine Kopie erstellen, um ihre Stundenzahl selbständig belegen zu können. Falls der Arbeitgeber seiner Dokumentationspflicht nicht nachkommt, sollten die Stunden eigenständig aufgeschrieben werden. Zur Sicherheit sollte aber der Chef den Stundenzettel per Unterschrift bestätigen.
Um die Rechte von Arbeitnehmer*innen wie auch den fairen Wettbewerb zu schützen, braucht es mehr Kontrollen und Kapazitäten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). Die Standards herunterzuschrauben, nur weil Einzelne gegen sie verstoßen, kann nicht die Lösung sein. Außerdem müssen Versuche, den Mindestlohn beispielsweise mit überzogenen Unterkunftskosten und ausbeuterischen Akkordvereinbarungen zu umgehen, effektiv verhindert werden.
Wir benötigen zudem eine Mindestlohn-Informations-Offensive, damit alle Beschäftigten ihre Rechte kennen. Nur so lässt sich der Mindestlohn effektiv kontrollieren und einhalten.
Mindestlohn-Kontrollen (also Kontrollen, ob ein Arbeitgeber auch den korrekten Mindestlohn zahlt) führt die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls durch. Hinweise auf Verstöße gegen des Mindestlohngesetz können – auch anonym – bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit abgegeben werden.
Nein, der Tarifvertrag bleibt auch nach dem 1. Oktober weiterhin gültig. Ungültig sind jedoch die Tarifgruppen unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns – alle Beschäftigte müssen mindestens den Mindestlohn in Höhe von 12 Euro erhalten. Der Tarifvertrag ansonsten mit seinen restlichen Bestimmungen (Urlaub, Weihnachtsgeld, Arbeitszeit, höhere Entgeltgruppen usw.) bleibt bestehen.
Wenn für einen Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin ein Tarifvertrag gilt, der einen höheren Lohn/ein höheres Gehalt als den Mindestlohn vorsieht, so gilt natürlich dieser höhere Tariflohn. Kein Arbeitgeber kann einen für den Arbeitnehmer gültigen Tarifvertrag oder Branchenmindestlohn mit Verweis auf den (in diesem Fall dann niedrigeren) gesetzlichen Mindestlohn beim Lohn und Gehalt "unterschreiten".
Seit Jahren ist die Tarifbindung in Deutschland rückläufig, immer mehr Arbeitgeber begehen Tarifflucht und immer weniger Beschäftigte sind von Tarifverträgen erfasst. Daher gibt es auch immer mehr weiße Flecken in der Tariflandschaft, da es ohne einen gesetzlichen Mindestlohn keinen Schutz vor Lohndumping gibt. Der Mindestlohn ist also auch eine Reaktion darauf, um wenigstens einen Mindestschutz vor ausbeuterischen Löhnen zu bieten.
Der Mindestlohn von 8,50 Euro war 2015 sehr vorsichtig angesetzt und relativ weit vom mittleren Lohn entfernt. Durch die einmalige Anhebung auf 12 Euro wird der Mindestlohn näher an die aktuell diskutierten europäischen Richtwerte von 60 Prozent des Medianlohns gebracht. Ab 2023 ist es dann die Aufgabe der Kommission, den gesetzlichen Mindestlohn auf diesem robusten und wirksamen Niveau zu halten – ihre Rolle wird also sogar gestärkt.
Schon bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns wurde dieses Bedenken ins Feld geführt. Die soziale Marktwirtschaft zeichnet sich allerdings dadurch aus, dass das grundsätzliche Machtgefälle zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit Hilfe der sozialen Gesetzgebung ausgeglichen wird. Das Sozialstaatsprinzip in Art. 20 Absatz 1 des Grundgesetzes bildet dafür die verfassungsrechtliche Grundlage. Und genauso wie Gesetze zum Arbeitsschutz keinen unzulässigen Eingriff in die Vertragsfreiheit darstellen, ist die Festlegung und Anhebung eines gesetzlichen Mindestlohns durch den Gesetzgeber kein unzulässiger Eingriff in die Tarifautonomie. Im Angesicht von Niedriglöhnen ist er vielmehr ein notwendiges Mittel, um den Auftrag des Grundgesetzes noch zu verwirklichen.
Die Einführung des Mindestlohns 2015 hat gezeigt: Die ökonomischen Modellrechnungen lagen massiv daneben, es hat den befürchteten Jobverlust nie gegeben. Mittlerweile gehen keine ernstzunehmenden Fachleute mehr davon aus, dass ein Mindestlohn von 12 Euro einen negativen Effekt auf die Beschäftigung hätte. Tatsächlich hat sich die Beschäftigung seit 2015 sehr positiv entwickelt.
Laut Berechnungen des DGB wird sich die Mindestlohnerhöhung kurzfristig wie ein „Konjunkturpaket“ auswirken, die jährliche Kaufkraft dürfte um etwa 4,8 Milliarden Euro steigen.
Im Gegenteil, bisher werden Niedriglöhne nämlich de facto subventioniert: Allein an Vollzeitbeschäftigte werden jährlich 1 Milliarde Euro sogenannte „Aufstockung“ gezahlt. Durch die 12 Euro Mindestlohn kann diese staatliche Intervention zurückgefahren werden – den Steuerzahlenden freut es.
Davon ist nicht auszugehen. Das Hauptproblem ist vielmehr, dass immer weniger Betriebe ausbilden und daher dringend gebrauchte Ausbildungsplätze fehlen. Gerade in Zukunftsbranchen verdienen Fachkräfte deutlich über 12 Euro. Bei ungelernten Hilfskräften ist außerdem ein großer Anteil nur geringfügig beschäftigt. Eine attraktive Alternative zur Ausbildung sind also auch 12 Euro Mindestlohn kaum. Sicherlich muss aber bei der Ausbildungsfinanzierung noch nachgebessert werden, denn die Entscheidung für eine Ausbildung oder ein Studium hängt noch viel zu oft vom Geldbeutel der Eltern ab.
Laut einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Mindestlohnkommission hat die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht negativ beeinträchtigt. Die Einführung des Mindestlohns Anfang 2015 und seine erste Erhöhung 2017 hat kaum zu Marktaustritten von Unternehmen geführt. Manche Branchen sind teilweise sogar produktiver geworden.