Seit dem 1. Oktober 2022 liegt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland bei 12 Euro pro Stunde, 2024 steht die nächste Erhöhung an. Wer bekommt den Mindestlohn, welche Ausnahmen gibt es, was passiert bei Verstößen? Der DGB beantwortet die wichtigsten Fragen.
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Kein Lohn unter 12 Euro: dafür haben Gewerkschaften lange und erfolgreich gekämpft. Seit dem 1. Oktober 2022 beträgt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn 12 Euro pro Stunde. Dieser Mindestlohn gilt auch für das Jahr 2023.
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in den Jahren 2022 und 2023:
Bei einer 40-Stunden-Woche liegt der Bruttoverdienst mit Mindestlohn bei etwa 2.080 Euro im Monat. Wie viel netto, also nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen davon übrig bleibt, ist individuell verschieden und hängt von Faktoren wie Steuerklasse, Familienstand, Anzahl der Kinder, Religionszugehörigkeit und Bundesland ab.
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Die nächste Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns findet zum 1. Januar 2024 statt. Bis zum 30. Juni 2023 wird die Mindestlohnkommission einen Vorschlag vorlegen, in welcher Höhe der Mindestlohn angepasst werden soll.
Die Mindestlohnkommission ist ein unabhängiges Gremium, das sich aus Vertreter*innen von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Wissenschaftlern zusammensetzt. Sie prüft, wie hoch der gesetzliche Mindestlohn in der aktuellen Situation sein muss, damit er unter anderem einen angemessenen Mindestschutz für Beschäftigte bieten kann.
In der Regel legt die Mindestlohnkommission alle zwei Jahre einen Vorschlag zur Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns vor. Die Anpassung auf 12 Euro im Jahr 2022 war eine außerplanmäßige, einmalige Anhebung, die im Koalitionsvertrag vereinbart war. Danach fand eine Rückkehr zum regulären, gesetzlich festgelegten Turnus statt. Das bedeutet auch, dass es 2023 keine Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns geben wird.
Angesichts der hohen Inflation fordert der DGB für 2024 einen kräftigen Ausgleich beim Mindestlohn:
"Die Inflation frisst die letzte Mindestlohnerhöhung weitgehend auf. Alle Daten zeigen, wie hart die Teuerung für Energie und Lebensmittel die arbeitende Bevölkerung trifft – und das gilt ganz besonders auch für Menschen, die zum Mindestlohn arbeiten und ein geringes Einkommen haben. Deshalb hat Arbeitsminister Heil mit seiner Analyse recht: Der Mindestlohn muss rauf.
Es ist auch wirtschaftlich sinnvoll, die Kaufkraft zu stärken, um die Binnennachfrage und die fragile Konjunktur zu stabilisieren. Dass die Kaufkraftentwicklung von der Mindestlohnkommission bei ihrer nächsten Sitzung im Juni berücksichtigt werden muss, schreibt auch die neue EU-Mindestlohnrichtlinie vor. Diese sieht übrigens ebenso eine Mindestlohnhöhe von mindestens 60 Prozent des Medianlohns vor. Das muss allen Mitgliedern der Kommission bewusst sein – und das hat auch nichts mit Staatslohnsetzung zu tun, sondern mit Gerechtigkeit."
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell, 10. April 2023
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn wurde am 1. Januar 2015 in Deutschland eingeführt. Damals lag er bei 8,50 Euro brutto pro Stunde. Er markiert die Lohnuntergrenze, die nicht unterschritten werden darf. Anders ausgedrückt: Wer arbeitet, darf – mit wenigen Ausnahmen – nicht weniger als 12 Euro pro Stunde verdienen – wenn doch, macht sich der Arbeitgeber strafbar. Damit sollen Arbeitnehmer*innen vor Ausbeutung und Dumpinglöhnen geschützt werden.
Der Mindestlohn wird turnusmäßig alle zwei Jahre angepasst. Dabei werden unter anderem wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt. Vorschläge dazu macht die Mindestlohnkommission. Zum 1. Oktober 2022 gab es einen einmaligen, außerplanmäßigen Sprung auf 12 Euro brutto pro Stunde. Damit ist er seit der Einführung im Jahr 2015 um rund 41 Prozent gestiegen.
Jahr | Mindestlohn (in €/Std.) |
---|---|
2015 | 8,50 |
2016 | 8,50 |
2017 | 8,84 |
2018 | 8,84 |
2019 | 9,19 |
2020 | 9,35 |
2021 (01.01.-30.06.) | 9,50 |
2021 (01.07.-31.12.) | 9,60 |
2022 (01.01.-30.06.) | 9,82 |
2022 (01.07.-30.09.) | 10,45 |
2022 (01.10.-31.12.) | 12,00 |
2023 | 12,00 |
Die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland von 2015 bis 2022 DGB
Seit der Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro haben 5,8 Millionen Menschen mehr Geld erhalten. Der Anteil derer, die bisher zu Niedriglöhnen arbeiteten, sank seit der Erhöhung von 19 auf 15,2 Prozent. Somit schafft es der Mindestlohn erwiesenermaßen eines seiner wichtigsten Ziele zu erreichen: den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Besonders Frauen und geringfügig Beschäftigte profitieren hierbei vom erhöhten Mindestlohn:
Trotz Warnungen der Arbeitgeberseite vor der Mindestlohn-Erhöhung und vieler aktueller Krisen belegen die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes eine deutlich positive Wirkung auf die Wirtschaft.
"Die Mindestlohn-Erhöhung wirkt sich zusätzlich positiv auf die Wirtschaft aus, da die Kaufkraft der Beschäftigten steigt. Die stärkere Kaufkraft und höhere Binnennachfrage helfen in den aktuellen Krisen, die Konjunktur zu stabilisieren. Ausgeblieben sind sogenannte negative Beschäftigungseffekte, das zeigt die Forschung. Wer also weiterhin behauptet, durch einen höheren Mindestlohn gehen Jobs verloren, lebt in einer Märchenwelt."
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell, 1. Juni 2023
Der gesetzliche Mindestlohn ist ein allgemeiner, flächendeckender Mindestlohn für ganz Deutschland. Er gilt, mit wenigen Ausnahmen, für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; egal, in welchem Bundesland sie leben oder arbeiten.
Neben dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn gibt in einigen Branchen eigene Mindestlöhne, die sogenannten Branchenmindestlöhne. Sie werden von Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt, in einem Tarifvertrag festgehalten und für allgemeinverbindlich erklärt. Das heißt: Der Branchenmindestlohn gilt für alle Beschäftigten einer Branche, auch wenn der Betrieb nicht tarifgebunden ist. Wichtig: Auch bei Branchenmindestlöhnen gilt der gesetzliche Mindestlohn als absolute Lohnuntergrenze.
Auch im Jahr 2023 gibt es noch Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn. Er gilt weiterhin nicht für
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn gilt unabhängig davon, wie oft oder wie viele Stunden jemand arbeitet – also auch für Minijobber*innen.
Für das Jahr 2023 bedeutet das konkret: Der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 12 Euro brutto pro Stunde, die Einkommensgrenze für Minijobs bei 520 Euro. Wer den gesetzlichen Mindestlohn bekommt, darf also bis zu 43 Stunden im Monat – oder zehn Stunden pro Woche – im Minijob arbeiten. Wird ein höherer Lohn als der allgemeine gesetzliche Mindestlohn gezahlt, sinkt die Anzahl der möglichen Arbeitsstunden im Minijob entsprechend.
Auszubildende erhalten keinen Mindestlohn, sondern eine Mindestausbildungsvergütung. Sie wird umgangssprachlich oft "Mindestlohn für Azubis" genannt, ist jedoch nicht mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu verwechseln.
2023 beträgt die Mindestausbildungsvergütung
Zuständig für die Kontrolle des Mindestlohns ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Bundeszollverwaltung, kurz FKS. Sie prüft unter anderem, ob Arbeitgeber den gesetzlich vereinbarten Mindestlohn oder den geltenden Branchenmindestlohn zahlen und ihren Dokumentationspflichten nachkommen.
Für geringfügig Beschäftigte und in Branchen, in denen es viel Schwarzarbeit gibt – etwa dem Bau- oder Gaststättengewerbe, in der Logistik oder der Gebäudereinigung – müssen Arbeitgeber zwingend die Arbeitszeiten der Beschäftigten erfassen. Kommen Sie dieser Verpflichtung nicht nach, sind Bußgelder in Höhe von bis zu 30.000 Euro fällig. Bei Verstößen gegen die Zahlung des Mindestlohns drohen Geldbußen bis zu 500.000 Euro.
Wichtig: Wenn ein Unternehmen andere Unternehmen beauftragt, um eine Werk- oder Dienstleistung zu erbringen, ist es im Rahmen der Auftraggeberhaftung dafür verantwortlich, dass dieses Subunternehmen das Mindestlohngesetz einhält.
Wenn sich der Arbeitgeber weigert, den Mindestlohn zu zahlen, ist das ein klarer Gesetzesverstoß. Das gilt auch für Tricksereien bei der Arbeitszeit – wenn also zum Beispiel weniger Stunden bezahlt werden, als gearbeitet wurden und so der Mindestlohn nur rein rechnerisch gezahlt wird, aber nicht tatsächlich.
Bei solchen Betrügereien sollten Sie zunächst Ihren Vorgesetzten auf den Mindestlohnverstoß hinweisen, am besten schriftlich. Wenn es hart auf hart kommt, muss leider jede und jeder betroffene Beschäftigte einzeln den Arbeitgeber auf Auszahlung des Mindestlohns verklagen. Gewerkschaftsmitglieder können sich dazu bei ihrer Gewerkschaft kostenlos rechtlich beraten lassen und erhalten im Ernstfall Rechtsschutz.
Informationen und ein kostenloses Bürgertelefon gibt es auch beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Hotline: 030/60 28 00 28 (montags bis donnerstags 8 bis 17 Uhr, freitags 8 bis 12 Uhr).