DGB-Index Gute Arbeit Report 2022: Digitale Transformation aus Sicht der Beschäftigten
Studie / Analyse01. November 2022
Datei herunterladenWir machen uns stark dafür, dass die Digitalisierung der Arbeitswelt gerecht, gut und für alle bereichernd gestaltet wird.
Werden digitale Technologien richtig eingesetzt, können sie die Arbeit erleichtern. Dafür braucht es faire und klare Rahmenbedingungen, einen verbesserten Datenschutz und mehr Mitspracherechte für Beschäftigte. Wie das gelingen kann, erfährst du hier.
Es gibt viel zu gewinnen in der digitalen Arbeitswelt, wenn sie richtig gestaltet wird und die Beschäftigten dabei mitreden können. Das garantieren wir über die Mitbestimmung durch Betriebsräte. Für die Beschäftigten ist mehr Selbstbestimmung und Entlastung drin statt Überforderung, mehr Beschäftigungsperspektiven statt Personalabbau und mehr freie Zeit statt unbezahlter Überstunden. Die Digitalisierung in der Arbeitswelt ist ein wichtiger Hebel, um dem künftigen Fachkräftemangel zu begegnen und Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Künstliche Intelligenz ist ein zentraler Treiber der Transformation von Arbeit und Wirtschaft. Generative KI-Modelle – wie Chat GPT – sind da nur die Spitze des Eisbergs. Der Handlungsdruck ist groß, die technologische Entwicklung rasant. Wir wollen KI nutzen, zur Sicherung von Beschäftigung und zur nachhaltigen Aufwertung von Arbeit. Das Zeitfenster zur Gestaltung ist jetzt. Mit der Nutzung von digitalen, algorithmischen oder KI-gestützten Systemen in der Arbeitswelt sind oft grundlegende Zielkonflikte verbunden. Die entscheidende Frage ist, was oder wer mit welcher Zielsetzung optimiert wird. Die Möglichkeiten reichen von Unterstützung, Entlastung und Aufwertung von Arbeit auf der einen Seite bis hin zu Überwachung, Arbeitsintensivierung, Simplifizierung, Arbeitsplatzverlusten oder Entfremdungen auf der anderen Seite.
Aktuell bieten rund 28 Millionen Menschen in Europa ihre Arbeitskraft auf digitalen Plattformen an. Diese Zahl wird in den kommenden Jahren deutlich steigen. Wir wollen, dass Plattformarbeit fair, sicher, gut bezahlt und sozial abgesichert ist. Mit der Plattform-Richtlinie der EU ist ein erster wichtiger Meilenstein für bessere Plattformarbeit gelegt. Wir werden die Umsetzung konstruktiv begleiten und Tempo dabei einfordern. Zudem zeigen wir, wie Plattformarbeiter*innen gemeinsam mit den Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen, indem sie Betriebsräte gründen und sich für Tarifverträge einsetzen.
Wir waren auf der re:publica 24 mit 2 Diskussionsrunden vertreten. Unsere Vorsitzende Yasmin Fahimi hat darüber gesprochen, wie die digitale Arbeitswelt fair und gerecht gestaltet werden kann - und wie die Gewerkschaften für mehr Mitbestimmung und bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.
Lust am Neuen und doch eher verunsichert? Die Digitalisierung der Arbeitswelt erzeugt neue Spannungen. Abstrakte Debatten über "Chancen und Risiken" bringen uns allerdings nicht sehr weit, sagt die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi in ihrem Vortrag auf der re:publica24. Konkretes Gestalten ist gefragt – und zwar mit den Beschäftigten, nicht gegen sie.
Künstliche Intelligenz vermisst zunehmend unser Leben. Doch wo führt uns das hin? Werden wir zu KI-optimierten Individualist*innen oder letztlich immer gleicher? Macht uns KI immer bequemer oder steigt der Konkurrenzdruck? Was heißt dies für Arbeit und unser Zusammenleben?
Yasmin Fahimi diskutiert auf der re:publica24, was KI für Arbeit und unser Zusammenleben bedeutet. Mit auf dem Podium: Alena Buyx, Mercedes Bunz und Daniel Finger.
Teams, Outlook und Co.: Die meisten von uns arbeiten längst regelmäßig mit digitalen Tools. Kein Wunder, denn elektronische Kommunikationsmittel, softwaregesteuerte Arbeitsprozesse oder IT-basierte Arbeitsorganisationsformen können die Effizienz fördern und das Arbeiten erleichtern. Noch werden vorhandene Potenziale aber nicht richtig ausgeschöpft. Das liegt zum einen daran, dass Beschäftigte oft zu wenig Mitspracherecht bei der digitalen Transformation ihres Unternehmens haben. Zum anderen fehlen mitunter klare Regeln und rechtliche Vorgaben.
Dabei brauchen wir solche Regeln, denn digitales Arbeiten bietet nicht nur Vorteile, sondern birgt auch Nachteile wie etwa eine zunehmende Arbeitsverdichtung oder ausufernde Arbeitszeiten. Laut Umfragen fühlen sich viele Beschäftigte durch die Digitalisierung eher stärker als weniger belastet. Gründe dafür sind ein wachsendes Arbeitspensum und die zunehmende Arbeitsgeschwindigkeit. Wir als DGB sagen: Digitalisierung soll Beschäftigte entlasten und Fachkräfte länger fit halten. Mit unseren Umsetzungsempfehlungen kann das funktionieren. Ziel ist dabei immer, mittels Digitalisierung Arbeit aufzuwerten: für mehr und bessere Jobs.
Digitalisierung verändert die Arbeitswelt zunehmend. Uns als DGB interessiert, was das konkret für die Beschäftigten bedeutet. Wertvolle Hinweise dazu liefert unser “Index Gute Arbeit 2022” zur digitalen Transformation. Er zeigt, dass Arbeitsverdichtung und Entgrenzung, Kontrolle und Überwachung, digitale Fremdsteuerung und Rationalisierung zu den negativen Begleiterscheinungen von digitaler Arbeit gehören. So fühlen sich 40 Prozent der Befragten durch die Digitalisierung ihrer Tätigkeit stärker belastet. 46 Prozent gaben an, dass die Anforderungen durch Multitasking gestiegen sind und gut 1/3 empfinden sich bei der Arbeit stärker überwacht. Von verbesserten Arbeitsbedingungen berichten dagegen nur wenige. Wir finden, das muss sich ändern: etwa durch mehr Mitspracherechte. Denn dort, wo es einen Betriebsrat gibt, werden die Beschäftigten seltener durch digitale Technik überwacht und Digitalisierung wird generell positiver bewertet.
Unser Atlas der digitalen Arbeit vermittelt anschaulich und prägnant die vielfältigen Aspekte der Digitalisierung der Arbeits- und Betriebswelt.
01. November 2022
Datei herunterladenDigitalisierung soll Unterstützung und Erleichterung sein, statt Beschäftigte zu belasten, Stress zu erzeugen und so das Risiko für psychische Erkrankungen zu erhöhen. Die starke Beteiligung von Arbeitnehmer*innen ist der Schlüssel, um die Arbeitswelt nachhaltig, gesund und transparent zu digitalisieren.
In der Pflege zählt die menschliche Nähe. Fakt ist: Roboter können die Empathie des Pflegepersonals nicht ersetzen. Aber sie können diese entlasten. Wenn Digitalisierung den Beschäftigten die Arbeit erleichtert, haben sie mehr Zeit für Zuwendung und bleiben länger fit. Das ist gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig. Laut Hochrechnungen steigt die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in den kommenden Jahren um mindestens 30 Prozent, während die Anzahl der Erwerbstätigen sinkt. Es ist also wichtig, dass Pflegekräfte möglichst lange und gesund ihren Job machen können. Dafür muss ihre Arbeit aufgewertet und der Arbeitsalltag erleichtert werden: zum Beispiel per Technik. Intelligent eingesetzt können digitale Assistenz- und Automatisierungssysteme physische und psychische Unterstützung leisten. Vorausgesetzt alle notwendigen Kompetenzen werden mit einer klugen Arbeitsorganisation richtig vernetzt. In einem intakten „soziotechnischen System“ können digitale Technologien für eine bessere Pflege und ein besseres Arbeitsumfeld sorgen.
Künstliche Intelligenz ist der Versuch einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen oder Kreativität nachzuahmen. Wie? Indem sie Informationen aus Eingabedaten erkennt, verarbeitet und eigenständig reagiert. Apples Siri oder Amazons Alexa sind bekannte KI-Beispiele aus unserem Alltag. Da KI-Systeme die Folgen früherer Aktionen analysieren, können sie ihr Handeln entsprechend anpassen und Probleme eigenständig lösen.
Bei mobiler Arbeit und Homeoffice verrichten Beschäftigte ihre berufliche Tätigkeit außerhalb des Unternehmens: an einem selbst gewählten Ort.
Dagegen ist bei der sogenannten Telearbeit der Arbeitsort außerhalb der Firma fest vorgegeben: das eigene Zuhause. Hier stellt der Arbeitgeber einen festen Arbeitsplatz, der vom Laptop bis zur kompletten Büroausstattung reichen kann.
Lieferando, Freelancer, Clickworker, Testbirds: Bei der Plattformarbeit werden Dienstleistungen über digitale Plattformen vermittelt oder erbracht.
Werden die Tätigkeiten offline, also lokal verrichtet wie etwa durch Lieferando, nennt man dies Gigwork.
Werden sie online erbracht, heißt es Cloudwork; vor allem arbeiten hier die Erwerbstätigen oftmals als “Solo-Selbständige” und arbeitsrechtlich bislang kaum abgesichert.
Obwohl die Umstellung auf neue technische Systeme meist viele Kolleg*innen einer Belegschaft betrifft, ist die Entscheidungsfindung oftmals reine Chefsache.
Wir als DGB sagen: Alle erforderlichen Interessengruppen müssen beteiligt sein, damit digitale Transformation zu Guter Arbeit im Sinne der Beschäftigten führt.
Das bedeutet, dass auch die betriebliche Mitbestimmung dementsprechend angepasst wird. Das 2021 novellierte Betriebsverfassungsgesetz weist aber noch immer Lücken etwa bezüglich der KI-Mitbestimmung auf. Wir haben daher gemeinsam mit unseren Mitgliedsgewerkschaften einen Reformentwurf entwickelt und stellen diesen zur Diskussion. Hier kannst du unseren Gesetzentwurf für ein modernes Betriebsverfassungsgesetz einsehen.
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen kann Beschäftigte entlasten und Arbeitsprozesse optimieren. Aber nur, wenn Mensch und Maschine produktiv zusammenwirken. Viele fragen sich: Wer steuert eigentlich wen? Wer hat die Kontrolle? Und wie wird mit persönlichen Daten umgegangen? Werde ich überwacht? Um solchen Unsicherheiten entgegenzuwirken, sollte eine Umstellung auf KI-Systeme transparent und gemeinsam mit den Beschäftigten stattfinden. Ein gutes Change-Management, also Veränderungsmanagement, unter Einbindung der jeweiligen Interessenvertretungen, fördert nicht nur die Akzeptanz in der Belegschaft. Wir sagen: Es ist die Basis, um Arbeitswelten effizienter und zugleich gesundheits- und lernförderlich zu gestalten.
In unserem Impulspapier “Künstliche Intelligenz für Gute Arbeit” von 2020 haben wir einen vorausschauenden Ansatz zur Arbeitsgestaltung („Gute Arbeit by design“) entwickelt. Dieser dient als Orientierungshilfe für die gewerkschaftliche, politische und betriebliche Diskussion und hat bereits für viel Resonanz gesorgt. Die “Plattform Lernende Systeme” (PLS) der Bundesregierung hat den Ansatz beispielsweise in ihrem Whitepaper zur Einführung von KI-Systemen in Unternehmen (PDF) aufgenommen .
26. Mai 2020
Datei herunterladenVertrauen ist gut, Kontrolle ist besser? Wir sagen nein und fordern klare Regeln. Mit dem Vormarsch digitaler Technologien in der Arbeitswelt nutzen Vorgesetzte auch immer häufiger digitale Methoden, um ihre Belegschaft zu überwachen oder personenbezogene Daten zu sammeln – oft heimlich. Die EU-weite Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) setzt zwar Grenzen, eine rein arbeitsrechtliche Grundlage gibt es aber bislang nicht. Wir engagieren uns für verbindliche Regeln, um Persönlichkeitsrechte am Arbeitsplatz zu wahren und Datenmissbrauch zu verhindern. Dafür hat der DGB einen Gesetzentwurf für ein eigenständiges Beschäftigungsdatenschutzgesetz vorgelegt.
Dank moderner Technologie sind wir heute oft schneller, flexibler und produktiver. Damit digitale Arbeit zukünftig menschengerecht, gut und für alle bereichernd ist, brauchen wir die nötigen Rahmenbedingungen: bei Plattformarbeit, beim Einsatz von KI und beim mobilen Arbeiten.
Ob Essen ausliefern, Handwerkerarbeiten oder Programmierjobs: Menschen, die ihre Dienste auf Plattformen anbieten, sind arbeitsrechtlich kaum geschützt. Denn oft lehnen die Plattformbetreiber ihren Arbeitgeberstatus ab und erklären ihre Beschäftigten zu Solo-Selbständigen. Damit umgehen sie die sozialen Sicherungssysteme und die Rechte der Beschäftigen auf Mitbestimmung und Arbeitnehmerschutz. Nun gibt es einen EU-weiten Regelungsrahmen für faire Arbeit auf Arbeitsplattformen. Durchgesetzt wurde er auf Druck der europäischen Gewerkschaftsbewegung.
Jetzt müssen diese Regelungen zügig rechtlich umgesetzt werden – für faire Plattformarbeit in Deutschland.
Wir sagen: Menschen, die über Plattformen arbeiten, müssen arbeitsrechtlich korrekt klassifiziert sein – als abhängig beschäftigt oder als selbstständig. Wir wollen, dass Gewerkschaften und Interessenvertretungen hier mehr Zugang erhalten. Außerdem braucht es neue Transparenzvorgaben für Plattformbetreiber gerade beim algorithmischen Management sowie bei Ranking- und Bewertungssystemen. Unsere Regulierungsvorschläge kannst du hier nachlesen.
Mit der Verabschiedung der europäischen KI-Verordnung im April 2024 hat die EU weltweit einzigartige Regeln für die Entwicklung und Nutzung von KI-Anwendungen geschaffen. Die KI-Verordnung regelt Transparenzpflichten für KI-Anbieter und definiert ethische Grenzen wie das Verbot von Social Scoring und Emotionserkennung am Arbeitsplatz.
Die Gewerkschaften konnten dabei eine wichtige Öffnungsklausel in der Verordnung verankern: Auf nationaler Ebene sind damit spezifische Regeln zur betrieblichen Nutzung von KI möglich. Wir setzen uns für einen “KI-Rechtsrahmen für Gute Arbeit” ein, um die Potenziale von KI für Gute Arbeit nutzbar zu machen.
Wir sagen: Für selbstbestimmtes mobiles Arbeiten inklusive Homeoffice ist ein gesetzlicher Gestaltungsrahmen notwendig. Viele Beschäftigte wollen zumindest zeitweise lokal unabhängig arbeiten und sich ihre Arbeitszeit selbstbestimmt einteilen. So können belastende Pendelzeiten reduziert und die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben gefördert werden.
Gute Arbeit in Zeiten der digitalen Transformation ist kein Selbstläufer. Hier zählen Faktoren wie Mitbestimmung, Tarifbindung, Gesundheit und Schutz der Persönlichkeitsrechte. Wir engagieren uns für eine gerechte Gestaltung der Arbeitswelt von morgen.
Gesetzentwurf
Stellungnahme01. November 2022
Datei herunterladen01. November 2022
Datei herunterladen20. April 2021
Datei herunterladen26. Mai 2020
Datei herunterladenAnja Piel, DGB-Vorstandsmitglied
Statement01. August 2024
Artikel lesenElke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende
Statement26. Juli 2024
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Artikel lesen13. März 2024
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