Viele Beschäftigte können sich zum Ende des Jahres über eine Sonderzahlung freuen. Das Weihnachtsgeld sorgt für ein schönes Extra im Portemonnaie und hilft, den Liebsten zu den Feiertagen Geschenke zu bereiten. Im Folgenden gibt es alle wichtigen Infos rund um die Sonderzahlung.
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In Deutschland erhalten rund 54 Prozent aller Arbeitnehmer*innen eine Sonderzahlung am Jahresende — das sogenannte Weihnachtsgeld. Vor allem Beschäftigte in Jobs mit Tarifverträgen können sich darüber freuen. Zum Jahresende fragen sich viele Beschäftigte: Habe ich Anspruch auf Weihnachtsgeld? Wie hoch fällt es aus? Was passiert mit dem Weihnachtsgeld bei Kündigung, Krankheit, Mutterschutz und Elternzeit? Darf Weihnachtsgeld gekürzt oder gestrichen werden? Deswegen gibt es hier ein paar Grundsätze zum Weihnachtsgeld.
Nein, ein gesetzlicher Anspruch auf das Weihnachtsgeld besteht nicht. Es gibt kein Gesetz, das regelt, wer Sonderzahlungen erhält und wie hoch diese ausfallen. Der Anspruch auf die Sonderzahlung ergibt sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag. Sind die Zahlungen in einem dieser Dokumente verbrieft, können Beschäftigte sie vor Gericht einklagen. Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld kann sich zudem aus der betrieblichen Übung und dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben.
Quelle: WSI-Lohnspiegel (Lohnspiegel.de), Erhebungszeitraum: 01.11.2021-30.10.2022; Grafik: DGB via Canva.com
Das hängt von der Art der Beschäftigung ab. In Tarifverträgen ist genau geregelt, wieviel Weihnachtsgeld und Sonderzahlungen die Beschäftigten erhalten. Da dürfen Arbeitgeber*innen nicht dran rütteln. Anders kann es aussehen, wenn kein Tarifvertrag das Arbeitsverhältnis regelt. Stets sollten Arbeitsvertrag und (falls vorhanden) Betriebsvereinbarungen dazu überprüft werden.
Arbeitgeber*innen dürfen das in Tarifverträgen festgeschriebene Weihnachtsgeld nicht kürzen. Wenn sie doch weniger Sonderzahlungen zahlen als tarifvertraglich geregelt, verstoßen sie gegen den Tarifvertrag. In diesen Fällen sollten Beschäftigte sich an ihren Betriebs- oder Personalrat wenden. Auch ein gekündigter Tarifvertrag zum Weihnachtsgeld entbindet nicht von der Zahlung, solange er nachwirkt. Wird kein oder weniger Weihnachtsgeld als in den Jahren zuvor gezahlt, sollte das gegenüber dem*der Arbeitgeber*in schriftlich eingefordert und ggf. vor dem Arbeitsgericht eingeklagt werden.
Arbeitgeber*innen können ein höheres Weihnachtsgeld zahlen als im Tarifvertrag festgehalten. Ist das der Fall, dürfen Arbeitgeber*innen unter Umständen diese übertarifliche Sonderzahlung kürzen oder streichen. Das dürfen sie z.B., wenn der übertarifliche Teil des Weihnachtsgelds mit dem Vorbehalt des Widerrufs oder als freiwillige Leistung gezahlt wurde.
Ist das übertarifliche Weihnachtsgeld Bestandteil einer Betriebsvereinbarung, kann es nur gestrichen oder gekürzt werden, wenn Arbeitgeber*innen die Betriebsvereinbarung fristgerecht kündigen und diese nicht nachwirkt. Ob das der Fall ist, sollte in einer Rechtsberatung ermittelt werden.
Sobald Arbeitgeber*innen per Einzelvertrag oder per Zusage an die Gesamtbelegschaft einer Sonderzahlung zugestimmt haben, müssen sie diese auch zahlen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn Arbeitgeber*innen jedes Mal festhalten, dass es sich bei der Sonderzahlung um eine freiwillige Leistung handelt. Nur in diesem Fall haben Beschäftigte keinen Anspruch auf das Extra zum Jahresende, sollte das Geld einmal nicht gezahlt werden.
Wenn Arbeitgeber*innen über mindestens drei Jahre trotz Verweis auf die freiwillige Leistung ein Weihnachtsgeld zahlen, ergibt sich daraus eine sogenannte „betriebliche Übung“. Arbeitgeber*innen können sich dann nicht mehr weigern, die Sonderzahlung auszuschütten.
Teilen Arbeitgeber*innen z.B. durch einen Aushang am Schwarzen Brett mit, dass aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Betriebes in diesem Jahr kein Weihnachtsgeld gezahlt werden kann, geht das nicht (BAG, 14.08.1996, 10 AZR 69/96). Das gilt auch dann, wenn Arbeitgeber*innen dies per personalisierter Rundmail oder über das Intranet mitteilen.
Zahlen Arbeitgeber*innen das Weihnachtsgeld dreimal vorbehaltlos, jeweils zum Jahresende und in jährlich unterschiedlicher Höhe, so haben Arbeitnehmer*innen Anspruch darauf, in jedem Jahr eine solche Sonderzahlung zu erhalten (BAG, 13.05.2015, 10 AZR 266/14). Arbeitgeber*innen können es dann nicht verweigern, aber unter Beachtung des billigen Ermessens über die Höhe entscheiden.
Wenn Arbeitgeber*innen freiwillig Weihnachtsgeld zahlen und dafür eigene Regeln aufsetzen, müssen sie alle Beschäftigten gleich berücksichtigen. Denn sie sind an den Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden. Arbeitgeber*innen dürfen einzelne Beschäftigte dann nicht von den Zahlungen ausschließen. Allerdings kann es hier auch zu Ausnahmen kommen. Werden Beschäftigte im Einzelfall unterschiedlich behandelt, müssen die Arbeitgeber*innen einen sachlichen Grund dafür vorweisen und ihre Entscheidung konkret begründen.
Beispielsweise dürfen Arbeitgeber*innen beim Weihnachtsgeld Arbeiter*innen und Angestellte nicht unterschiedlich behandeln. Die Pflicht, sie gleich zu behandeln, besteht aber dann nicht, wenn die Bildung unterschiedlicher Gruppen sachlich gerechtfertigt ist. Wenn Arbeitgeber*innen Angestellte begünstigen und das mit der Absicht begründen, sie dadurch stärker an sich zu binden, müssen sie für ihren Betrieb konkret darlegen, warum eine stärkere Bindung einem objektiven, wirklichen Bedürfnis entspricht. Das kann dann der Fall sein, wenn es wegen einer besonderen Ausbildung der*des betroffenen Angestellten schwer gewesen wäre, diese*n bei einem Weggang aus dem Betrieb wieder zu ersetzen (BAG, 12.10.2005, 10 AZR 640/04).
Wenn in einem Arbeitsvertrag festgehalten wird, dass Arbeitnehmer*innen im Falle einer Kündigung das bereits erhaltene Weihnachtsgeld zurückzahlen sollen, ist das unzulässig. (LAG München, 19.01.2017, 3 Sa 492/16).
Das Bundesarbeitsgericht hat dazu entschieden, dass mit einer solchen Regelung im Arbeitsvertrag, die auch einzelvertragliche Stichtags- und Rückzahlungsklausel genannt wird, die Berufsfreiheit des Beschäftigten eingeschränkt wird (BAG, 24.10.2007, 10 AZR 825/06). Hier wird die Ausübung des Kündigungsrechts in unzulässiger Weise erschwert. Voraussetzung ist, dass mit dem Weihnachtsgeld nicht ausschließlich eine Betriebstreue honoriert werden soll, sondern das Weihnachtsgeld auch Vergütungscharakter hat. Beschäftige sollten sich rechtliche Beratung suchen, um das im Einzelfall zu beurteilen.
Arbeitgeber*innen dürfen das Weihnachtsgeld nur dann auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen, wenn das Weihnachtsgeld in jedem Monat zu 1/12 als Entgelt für tatsächliche Arbeitsleistungen vorbehaltlos und unwiderruflich gezahlt wird (BAG, 25.05.2016, 5 AZR 135/16).
Das Weihnachtsgeld berechnet sich bei Teilzeit anteilig – im Verhältnis der jeweiligen reduzierten Arbeitszeit zur Vollzeitbeschäftigung. Das gilt auch für geringfügig Beschäftigte. Nicht zulässig ist beispielsweise eine tarifliche Regelung, die eine Kürzung des Weihnachtsgeldes um 500 Euro sowohl für Vollzeit- als auch Teilzeitbeschäftigte vorsieht (BAG, 24.05.2000, 10 AZR 629/99).
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Manchmal ist auf den ersten Blick nicht ganz ersichtlich, ob Arbeitnehmer*innen einen Anspruch auf die Sonderzahlungen zum Jahresende haben. Diese Frage stellt sich beispielsweise, wenn der*dem Beschäftigten gekündigt wurde, bevor das Weihnachtsgeld ausgezahlt wurde. Auch bei Krankheit, im Mutterschutz und bei der Berechnung des Elterngeldes gibt es Sonderregelungen.
Hat ein Arbeitgeber in einem Schreiben angekündigt, am Jahresende eine Treueprämie für geleistete Dienste auszuzahlen, so gilt die Ankündigung als Gesamtzusage, mit der Folge, dass auch gekündigte Mitarbeiter*innen bedacht werden müssen, die zum Zeitpunkt der Gratifikationsvergabe noch im Unternehmen beschäftigt waren (LAG München, 18.05.2005, 10 Sa 1291/04).
Erkrankte haben Anspruch auf Weihnachtsgeld, sofern der Arbeits- oder Tarifvertrag nicht Kürzung bzw. Wegfall vorsieht (BAG, 08.07.1998, 10 AZR 404/97). Im Falle einer langen Erkrankung soll der Anspruch auf Weihnachtsgratifikation unter bestimmten Umständen entfallen, wenn dieser auf einer betrieblichen Übung beruht und ohne besondere Leistungsvoraussetzungen oder -einschränkungen gezahlt wurde (BAG, 14.03.2012, 10 AZR 112/11).
Bemisst sich die Höhe eines tariflichen Weihnachtsgeldes nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, wird die Ausbildungszeit bei einer langjährig Beschäftigten bei der Bemessung der Betriebszugehörigkeit mitgerechnet (ArbG Bielefeld, 13.07.2016, 4 Ca 494/16).
Arbeitgeber*innen dürfen das Weihnachtsgeld, das als 13. Monatsgehalt gewährt wird, nicht anteilig kürzen, weil eine Beschäftigte in Mutterschutz ist. Steht im Arbeitsvertrag, dass sämtliche Zeiten, in denen Beschäftigte ihre Arbeitsleistung nicht erbringen, zu einer zeitanteiligen Minderung des Anspruchs auf das Weihnachtsgeld führen, ist dies unzulässig. Denn das umfasst ebenfalls die Zeiten, in denen eine Mutter vor und nach der Entbindung nicht beschäftigt werden darf (ArbG Köln, 20.04.2014, 20 Ca 10147/14).
Als Weihnachtsgeld bezeichnete Zahlungen in Höhe von jeweils 1/14 des Jahresgrundgehalts sind als laufender Arbeitslohn und daher bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen, wenn die Zahlungen unmittelbarer Bestandteil des Gesamtlohnanspruchs sind und nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien die individuelle vorgeburtliche Lebenssituation in gleicher Weise prägen, wie die monatlichen Zahlungen (LSG Berlin-Brandenburg, 25.05.2016, L 17 EG 10/15).
WSI-Tarifarchiv: Wer bekommt Weihnachtsgeld – was sehen die Tarifverträge vor?
Wenn Arbeitgeber*innen einmal zugesagt haben, dass sie Weihnachtsgeld zahlen, dann müssen sie die Zusage auch einhalten. Nur in wenigen Ausnahmen können sie die Zusage widerrufen.
Beschäftigte sollten beim Weihnachtsgeld zunächst den eigenen Arbeitsvertrag prüfen. Falls eine Betriebsvereinbarung und/oder ein Tarifvertrag zur Anwendung kommen, sollten sie auch diese prüfen.
Gegebenenfalls sollten Ansprüche schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht und schließlich über das Arbeitsgericht eingeklagt werden.
Wichtig: Bei Klage vor dem Arbeitsgericht auf die Ausschlussfristen achten.
Der Betriebsrat, der Personalrat oder die Gewerkschaft können dazu Auskunft geben und helfen bei der Durchsetzung der Rechte.
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