Scharfe Kritik übte der DGB an der Begründung der OECD, der sich festigende Aufschwung selbst stelle die grundlegende Inflationsgefahr in Europa dar. Europa hätte ein für Wachstum und Beschäftigung verlorenes Jahrzehnt hinter sich, mit magersten Wachstumsraten, die weit hinter der Potentialwachstumsrate zurückgeblieben seien. Es sei aberwitzig, wenn die OECD nun davon ausginge, dass in dieser Situation ein Wachstum von 3-3,5 Prozent innerhalb eines guten Jahres Inflationsengpässe hervorrufen könnte. Europa sei in einer fundamental anderen Situation als die Vereinigten Staaten, die über das gesamte letzte Jahrzehnt bereits eine satte Wachstumsphase gehabt hätten.
Zwei konkrete Gründe würden darüber hinaus gegen eine vom Wirtschaftsaufschwung getriebene Inflation sprechen. Zum einen hätte sich der Wettbewerb innereuropäisch wie auch international verschärft. Dies würde den Unternehmen die Möglichkeit nehmen, Preisaufschläge zu realisieren. Auf steigende Gewinnerwartungen würden die Unternehmen folglich mit einer Erhöhung der angebotenen Gütermenge statt Preiserhöhungen reagieren. Zum anderen spreche die stabilitätsgerechte Lohnentwicklung gegen eine Inflationsbeschleunigung. Im Euro-Raum würde die Lohnentwicklung einem produktivitätsorientierten Kurs folgen, so dass es keine Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale gebe.
Auch weitere Indikatoren würden auf absehbare Zeit nicht für eine sich be-schleunigende Inflation sprechen:
Der von den Ölpreissteigerungen ausgehende inflationäre Impuls sei bereits wieder am Abklingen und die jüngsten Beschlüsse der OPEC hätten das Preisklima wieder beruhigt.
Zwar hätte das statistisch gemessene Wachstum der Geldmenge in der jüngsten Zeit angezogen, jedoch sei die Messung in 1999 noch mit großen Schwierigkeiten behaftet gewesen, in 2000 sei die Entwicklung uneinheitlich. Eine eindeutige Schlussfolgerung im Hinblick auf eine Überversorgung mit Liquidität sei daher nicht möglich. Ohnehin hätten die Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland bereits im Herbstgutachten des letzten Jahres festgestellt, dass die Orientierungsmarke von 4,5 Prozent Wachstum für die Geldmenge M3 zu niedrig angesetzt sei.
Schließlich sei auch der niedrige Wechselkurs des Euro in sich keine Quelle der Inflation. Bei einer Außenverflechtung Europas von weniger als 15 Prozent des BIP sei eine stärkere Vernachlässigung des Wechselkurses angebracht.
Die Gefahren für die Beschäftigung sind noch immer weitaus größer als die Gefahren für die Preisstabilität. Eine souveräne Geldpolitik lässt daher die Leitzinsen bis auf weiteres unverändert, meinte Putzhammer abschließend.
Hier finden Sie die aktuellen Pressefotos des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes zum Download. Abdruck in Printmedien und Veröffentlichung im Internet sind im Rahmen der redaktionellen Berichterstattung mit Quellennachweis frei.