DGB/Simone M. Neumann
Immer mehr Unternehmen nutzen Werkverträge, um ganze Teilbereiche des Betriebs auszulagern. Oft geht es dabei nur vordergründig um eine "sinnvolle Arbeitsteilung" zwischen Produzenten und Zulieferern. Werkverträge werden zunehmend genutzt, um beispielsweise Tariflöhne zu umgehen. Arbeitnehmer bei Werkvertragsunternehmen haben oft schlechtere Arbeits- und Einkommensbedingungen als die "Stammbelegschaft" eines Betriebs – obwohl sie oft am gleichen Ort die gleiche Tätigkeit ausüben.
Die Expertinnen und Experten vom DGB-Rechtsschutz haben deshalb für uns einen genauen Blick darauf geworfen, was Werkverträge für die Beschäftigten bedeuten.
Immer mehr Unternehmen nutzen Werkverträge, um tarifliche Regelungen zu umgehen und den sozialen Schutz der Beschäftigten zu unterlaufen. Vor allem in der Lebensmittelbranche, im Baugewerbe und in der Metallindustrie verlagern Arbeitgeber ganze Aufgabenbereiche an Werkvertragsunternehmen. So steigt seit Jahren die Zahl der Beschäftigten, die per Werkvertrag im Schlachthof Tiere zerlegen, Autos zusammenbauen oder im Supermarkt Regale einräumen. Sie machen die gleiche Arbeit am gleichen Ort wie die "Stammbelegschaften", sind aber bei einer Drittfirma zu deutlich schlechteren Bedingungen angestellt. Für die Auftraggeber sind Werkverträge ein einfacher Weg um Kosten zu sparen und die die eigene Belegschaft zu verkleinern und zu spalten.
Aber mancher Werkvertrag steht rechtlich auf wackligen Füßen. Oft sind die Auftragnehmer nur zu Schein selbstständig oder ein Subunternehmer handelt wie ein Leiharbeitgeber ohne die erforderliche Genehmigung. In beiden Fällen können die betroffenen Beschäftigten auf Festanstellung klagen. Unsere aktuelle Rechtsfrage informiert über die wichtigsten Fakten, Fallen und die Rechte der Beschäftigten.
DGB/Simone M. Neumann
Noch kein Gewerkschaftsmitglied? Jetzt Mitglied werden!
Was ist der Unterschied zwischen Werkvertrag und Dienstvertrag? Haben Werksverträgler Anspruch auf Urlaub - und kann man sich bei Ärger mit dem Auftraggeber an den Betriebsrat des Unternehmens wenden? Hier finden Sie die 10 wichtigsten Fragen und ihre Anworten zum Thema Werkvertrag.
LINK: Die 10 Fragen und Antworten plus weitere Infos gibt's auch bei der DGB-Rechtsschutz GmbH
Bei einem Werkvertrag verpflichtet sich der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber zur Erstellung eines Werkes gegen Zahlung eines Werklohns. Der Auftragnehmer handelt dabei unternehmerisch selbstständig. Er entscheidet selbst, wie, mit wie vielen Leuten und mit welchem Zeitaufwand er die Arbeit erledigt. Der Vertrag muss insbesondere zum Dienstvertrag abgegrenzt werden. Beim Dienstvertrag schuldet der Beauftragte lediglich ein Tätigwerden, beim Werkvertrag hingegen die Erstellung des Werkes – also einen Erfolg. Der Auftragnehmer haftet für das Werk und greift bei der Erstellung in der Regel auf eigene Maschinen oder Anlagen zurück. Tritt der Erfolg nicht ein, ist das Werk mangelhaft und der Auftraggeber hat Ansprüche auf Gewährleistung.
Problematisch ist dabei, dass viele Tätigkeiten, die üblicherweise von angestellten Arbeitnehmern übernommen werden, auch als „Werk“ oder geschuldeter „Erfolg“ definiert werden können. Die Tätigkeiten können so im Rahmen eines Werkvertrages an externe Dienstleister vergeben werden. Das ist für vor allem für tarifgebundene Unternehmen reizvoll, da bei externen Dienstleistern in der Regel deutlich schlechtere Arbeitsbedingungen gelten.
Der Werkvertrag muss auch zur Arbeitnehmerüberlassung abgrenzt werden: Bei der Arbeitnehmerüberlassung schuldet das beauftragte Unternehmen keine Erstellung eines Werkes sondern die Überlassung von Arbeitnehmern auf Zeit. Dem entleihenden Unternehmen werden Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt. Sie werden in dessen Betrieb eingegliedert und führen ihre Arbeit allein nach Weisungen und Interesse des Entleihers aus.
Zurück zum Beginn der 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu Werkverträgen
Scheinselbständigkeit liegt dann vor, wenn vertraglich zwar vereinbart ist, dass jemand Leistungen selbstständig im Rahmen eines Werkvertrages erbringt, tatsächlich aber eine Abhängigkeit wie eines Arbeitnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis besteht.
In der Praxis ist diese Abgrenzung zwischen Scheinselbständigkeit und zulässiger werkvertraglichen Beauftragung oft nicht ganz einfach. Für eine Scheinselbständigkeit gibt es mehrere Kriterien:
Durch Scheinselbständigkeit werden betriebliche und sozialrechtliche Risiken vom Unternehmer auf den Werkvertragsnehmer verlagert. Für ihn gelten nicht die Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer.
Setzt ein Subunternehmer über Werkverträge Personen beim Auftragsunternehmen ein, ohne dass diese die Kriterien für werkvertragliche Arbeit erfüllen, dann handelt es sich dabei um genehmigungspflichtige Leiharbeit. Durch das Vortäuschen eines Werkvertrages werden dem Arbeitnehmer die Rechte nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verwehrt, das gilt insbesondere auf Gleichstellung mit einem vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG.
Zurück zum Beginn der 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu Werkverträgen
Wenn ein Unternehmen ein Werk in Auftrag geben möchte, kann es entweder eine Einzelperson beauftragen oder ein Subunternehmen. Der Subunternehmer wiederum kann entscheiden, ob er das Werk selbst erbringt oder die Leistung teilweise oder ganz an ein weiteres Subunternehmen weiterreicht. So kann eine ganze Subunternehmerkette entstehen.
Das Subunternehmen kann auch Werkverträge mit selbständigen Einzelpersonen schließen und diese im Unternehmen einsetzen.
Wird eine einzelne Person beauftragt, besteht die Problematik der Scheinselbständigkeit. Wenn ein Subunternehmer Arbeitnehmer im beauftragenden Unternehmen einsetzt, besteht dagegen die Problematik der „illegalen Arbeitnehmerüberlassung“ – wenn der Unternehmer keine entsprechende Genehmigung besitzt (siehe 2. "Scheinwerkvertrag")
Zurück zum Beginn der 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu Werkverträgen
Ob Arbeitnehmer oder Werkvertragsnehmer – darüber entscheidet, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich „gelebt“ wird. Das heißt: Widerspricht die Vereinbarung der tatsächlichen Durchführung, gilt was ist – nicht was vertraglich vereinbart wurde.
Wird eine einzelne Person direkt über einen Werkvertrag beauftragt, besteht die Möglichkeit, auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zu klagen, wenn davon auszugehen ist, dass es sich nur um eine „Scheinselbständigkeit“ handelt.
Im Fall eines Scheinwerkvertrages, in dem ein angeblicher Werkvertragsnehmer von einem Subunternehmen bei einem Auftragsunternehmen eingesetzt wird, könnte nach § 9 Nr. 1 und §10 I 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Auftragsunternehmen und dem eingesetzten Scheinwerktätigen zustande kommen.
Liegt ein Scheinwerkvertrag vor, so tritt der Subunternehmer in Wahrheit wie ein Verleiher von Arbeitnehmern auf. Hat er hierzu keine Erlaubnis, liegt ein Fall illegaler Arbeitnehmerüberlassung vor. Sind Leiharbeitsverträge mangels der notwendigen Erlaubnis unwirksam, kommt automatisch ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zustande.
Zurück zum Beginn der 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu Werkverträgen
Der zum Schutz von Arbeitnehmern eingeführte gesetzliche Mindestlohn gilt nicht für Werkvertragsbeschäftigte. Wird allerdings ein Werkunternehmer beauftragt und setzt dieser seine Arbeitnehmer für die Erstellung des Werkes ein, so haben die Arbeitnehmer des Werkunternehmers einen Anspruch auf den Mindestlohn. In diesem Fall haftet auch das beauftragende Unternehmen nach § 13 Mindestlohngesetz (MiLoG) dafür, dass der der Werkunternehmer den gesetzlichen Mindestlohn auch tatsächlich zahlt.
Zurück zum Beginn der 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu Werkverträgen
Auch Urlaubsregelungen zählen zu den Schutzvorschriften für Arbeitnehmer. Sie gelten für Arbeitsverhältnisse, nicht aber für Werkverträge.
Zurück zum Beginn der 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu Werkverträgen
Als Werkvertragsbeschäftigter ist man nicht sozialversichert. Im Krankheitsfall haben Werkvertragsnehmer auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Werkunternehmer trägt das Risiko dafür, dass das Werk erbracht wird. Kann er diese Leistung nicht erbringen – etwa wegen Krankheit – hat er auch keinen Anspruch auf Zahlung des Werklohns. Etwas anderes gilt nur dann, wenn gerichtlich festgestellt wurde, dass wegen eines missbräuchlichen Werkvertrages ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist. Siehe auch: Kann ich als Werkvertragsnehmer einen Anspruch auf Festanstellung geltend machen.
Zurück zum Beginn der 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu Werkverträgen
Grundsätzlich sind Werkvertragsbeschäftigte für ihre Arbeitskleidung, Materialen, Werkzeuge und sonstige Arbeitsgeräte selbst verantwortlich. Werden diese vom Auftragsunternehmen gestellt, kann dies ein Indiz für einen Scheinwerkvertrag sein.
Zurück zum Beginn der 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu Werkverträgen
Betriebsräte sind für Werkvertragsbeschäftigte des Auftragsnehmers formell nicht zuständig, da sie die Interessensvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind. Natürlich ist es Aufgabe der Betriebsräte, möglichst die Ausbreitung von Werkverträgen im Unternehmen zu verhindern. Da der Abschluss von Werkverträgen aber nicht mitbestimmungspflichtig ist, sind hier die Möglichkeiten für Betriebsräte begrenzt.
Zurück zum Beginn der 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu Werkverträgen
Grundsätzlich ist die Fremdvergabe von Aufgaben mittels Werkverträgen an Werksunternehmen nicht mitbestimmungspflichtig. Betriebsräte können aber trotzdem gegenüber der Geschäftsführung ihren Einfluss geltend machen und auf eine Mitbestimmung bei Ausgestaltung der Werkvertragspraktiken dringen. Mitbestimmungsrechte können durch eine entsprechende Betriebsvereinbarung abgesichert werden. Eine Ausnahme ist der Arbeitsschutz. Dafür ist der Betriebsrat auf dem gesamten Werksgelände zuständig – also auch gegenüber Werkvertragsbeschäftigten.
Zurück zum Beginn der 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu Werkverträgen
Nachdem die Gewerkschaften auch mit Hilfe der Rechtsprechung den Zeitarbeitsfirmen klare Grenzen aufgezeigt und so den Missbrauch der Leiharbeit eingedämmt haben, weichen viele Firmen inzwischen auf Werkverträge aus. Doch mancher Werkvertrag ist in Wirklichkeit nur ein verkapptes Arbeitsverhältnis. Welche Folgen das für die Beschäftigten hat und wie sie sich dagegen wehren können, erklärt Experte Mirko Schneidewind, DGB-Rechtsschutzsekretär in Leipzig.
LINK: Den kompletten Beitrag unseres Expertin gibt's auf den Seiten der DGB-Rechtsschutz GmbH
DGB-Rechtsschutz
Werkverträge erlauben zum Teil eine noch flexiblere Gestaltung der Arbeitsbedingungen und bieten sich deshalb für Arbeitgeber an, um Kosten zu sparen, ganze Bereiche des Kerngeschäfts auszulagern und dadurch die eigene Belegschaft zu verkleinern und zu spalten.
Aus dem gerade veröffentlichten Sozialreport der IG Metall Leipzig ergibt sich eine überraschende Erkenntnis: So ist beispielsweise in den Leipziger Fabriken von BMW und Porsche mittlerweile nicht einmal mehr die Hälfte der Beschäftigten bei den Automobilfirmen selbst angestellt.
Was BMW beschönigend „nachhaltige Personalpolitik“ nennt heißt konkret, dass die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. für die Produktion der neuen „Premiumfahrzeuge“ nicht unter Premium-Arbeitsbedingungen arbeitet, sondern in Leiharbeitsverhältnissen oder im Rahmen von Werkverträgen für sogenannte Zuliefer-Firmen.
Die Situation bei BMW und Porsche in Leipzig ist sicherlich ein Extremfall, aber auch in anderen Regionen und in anderen Branchen nimmt die Auslagerung von Arbeitsplätzen in Leiharbeitsverhältnisse und in letzter Zeit insbesondere auf Werkvertragsunternehmer zu.
Aus gewerkschaftlicher Sicht geht es bei dieser Auslagerung von Arbeitsplätzen nicht in erster Linie um die sinnvolle Arbeitsteilung zwischen Produzenten und Zulieferern, was grundsätzlich nicht zu beanstanden wäre. Ziel dieser arbeitgeberseitigen „Arbeitsteilung“ ist vielmehr die Reduzierung von Löhnen, die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und die Verlagerung des Beschäftigungsrisikos auf die Fremdfirmen - und damit letztlich auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
DGB/Simone M. Neumann
Da in aller Regel für die Zeitarbeitsunternehmen und die Werkvertragsfirmen schlechtere tarifvertragliche Regelungen mit niedrigeren Löhnen bestehen als in den eigentlichen Produktionsbetrieben, entwickelt sich auch eine gespaltene Belegschaft.
Obwohl zum Teil die gleiche Arbeit am gleichen Arbeitsplatz verrichtet wird, hat die Stammbelegschaft in der Regel bessere Arbeitsbedingungen, niedrigere Arbeitszeiten, mehr Urlaub und höhere Löhne als die Kolleginnen und Kollegen, die über Fremdfirmen im Betrieb arbeiten. Das fördert natürlich nicht gerade den Betriebsfrieden innerhalb der Belegschaft und kann auch als Mittel dienen, die verschiedenen Arbeitnehmer-Gruppen gegeneinander auszuspielen.
Aus rechtlicher Sicht besteht die Schwierigkeit in der Praxis vor allem in der Abgrenzung von Werkverträgen zu Leiharbeitsverhältnissen. Grundsätzlich geht es immer um die Erbringung von Arbeitsleistungen, egal ob es sich rechtlich um einen klassischen Arbeitsvertrag, einen Werkvertrag, einen Leiharbeitsvertrag oder selbständige bzw. scheinselbständige Tätigkeit geht.
Bei einem Werkvertrag verpflichtet sich der Auftragnehmer, ein „Werk“ abzuliefern. Das heißt., es wird nicht die Arbeitsleistung für eine bestimmte vereinbarte Zeit geschuldet und bezahlt („egal“ wie das Ergebnis aussieht), sondern ein abgeschlossenes Ergebnis („egal“, wie viel Zeit und Arbeit dafür aufzuwenden war).
Der klassische Werkvertrag ist zum Beispiel der Auftrag für einen Handwerker, eine Reparatur durchzuführen. Dies kann dann durch den beauftragten Handwerker selbst erledigt werden, oder er beauftragt als Werkunternehmer wiederum eigene Arbeitnehmer*innen mit der Ausführung.
Heute werden aber in großen Unternehmen nicht nur klassische Werkverträge mit Handwerksfirmen abgeschlossen, sondern es werden eben ganze Produktionsbereiche oder auch nur einzelne Produktionsschritte in Form von Werkverträgen an externe Firmen ausgelagert. So wird zum Beispiel in der Automobilindustrie verstärkt die gesamte Logistik-Tätigkeit an externe Auftragnehmer übertragen.
Im Leiharbeitsverhältnis wird demgegenüber nicht das Erbringen eines festgelegten Ergebnisses vereinbart, sondern von der Leiharbeitsfirma, der Verleiherin, wird der Entleiher-Firma die Arbeitskraft der überlassenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verkauft. Das heißt, die verliehenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden in die Betriebsabläufe des Entleihers wie dessen eigene Beschäftigte eingegliedert, sie sind dem Entleiher gegenüber weisungsgebunden.
Außerdem trägt beim Werkvertrag der Auftragnehmer die Haftung für ein mangelfreies Ergebnis sowie für Schäden, die seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb verursachen. Im Leiharbeitsverhältnis übernimmt die Zeitarbeitsfirma demgegenüber keine Haftung.
Auch die Art der Abrechnung spielt für die Beurteilung eine Rolle: Wenn der Auftragnehmer nicht die Erbringung der Leistung selbst, das Ergebnis des Werkes abrechnet, sondern die Anzahl der erbrachten Arbeitsstunden, spricht auch das eher für Arbeitnehmerüberlassung.
Rechtlich spannend wird es, wenn sich die praktische Durchführung eines Werkvertrages nicht mehr wirklich von Leiharbeit unterscheiden lässt. Denn Leiharbeit setzt eine Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz voraus. Verdeckte Leiharbeit ohne eine entsprechende Erlaubnis stellt eine Ordnungswidrigkeit oder bei Vorsatz ggf. sogar eine Straftat dar (Sozialversicherungsbetrug), mit entsprechenden Konsequenzen für die beteiligten Firmen.
Vor allem aber kommt in einem solchen Fall aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 9 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und § 10 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Auftraggeber (Entleiher) und dem betroffenen Arbeitnehmer zustande.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Betriebsräte müssen genau hinsehen, um illegale Arbeitnehmerüberlassung zu erkennen: Es kommt nicht auf die vertragliche Gestaltung an, sondern ausschließlich auf die tatsächliche Handhabung und Umsetzung in der betrieblichen Praxis (siehe Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.01.2012, Az. 7 AZR 723/10).
Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Werkvertrags-Firmen in den Stammbetrieb vollständig eingegliedert sind, was Arbeitszeiten, Dienstplaneinteilung, Weisungsbefugnisse und anderes betreffen kann, dann spricht einiges dafür, dass es sich im Grunde um ein Leiharbeitsverhältnis handelt.
Rechtliche Konsequenz wäre, dass die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Arbeitsverhältnis mit dem Auftraggeber-Unternehmen einfordern können und dass gegebenenfalls auch Lohnnachforderungen gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber bestehen.
Bei der Abgrenzung zur Leiharbeit geht es in der Regel um einen Vertrag mit einem größeren Umfang, wo eine Vielzahl von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zur Ausführung des Auftrages eingesetzt oder überlassen wird.
Wenn es dagegen nur um Aufträge geht, die ein einzelne Auftragnehmerin oder ein Auftragnehmer bearbeiten und ausführen kann, stellt sich die Frage der Abgrenzung zur Scheinselbständigkeit: Handelt der Auftragnehmer tatsächlich als selbständiger Unternehmer oder handelt es sich nicht vielmehr eigentlich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IV) und damit um Scheinselbständigkeit?
Davon ist umso eher auszugehen, je mehr Indizien dafür vorliegen, dass eine persönliche Abhängigkeit von dem Auftraggeber besteht:
Bei der Beurteilung ist die Gesamtsituation zu berücksichtigen, das Vorliegen eines einzelnen Indizes genügt in der Regel nicht, um die Selbständigkeit zu widerlegen. Rechtliche Konsequenz bei einer festgestellten Scheinselbständigkeit ist letztlich der Arbeitnehmerstatus des/der Scheinselbständigen. Es besteht somit ein Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten, das heißt auch der Sozialversicherungspflicht. Auf den Auftraggeber bzw. Arbeitgeber kommen in so einem Fall gegebenenfalls hohe Nachforderungen der Sozialversicherungsträger zu.
Da die Frage, ob es sich im konkreten Fall um Selbstständigkeit oder um Scheinselbständigkeit handelt weder für die Betroffenen selbst noch für Betriebs- oder Personalräte einfach zu beantworten ist, gibt es das sog. Statusfeststellungsverfahren: Die Beteiligten können (gemäß § 7 a Sozialgesetzbuch SGB IV) eine Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung über den Status beantragen.
LINK: Den kompletten Beitrag unseres Experten gibt's auf den Seiten der DGB-Rechtsschutz GmbH
Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung – Scheinwerkvertrag – Rechtsmissbrauch: Themen mit denen sich die Arbeitsgerichte vielfach auseinandersetzen müssen. DGB-Rechtsschutz-Expertin Silke Clasvorbeck hat für die DGB-Rechtsfrage aktuelle Urteile zum Thema Werkverträge zusammengestellt.
LINK: Die komplette Urteilsliste gibt es auf der Webseite der DGB Rechtsschutz GmbH
Colourbox
Gerade in der Automobilindustrie „boomt“ die Werkvertragsarbeit. Dort gibt es mittlerweile doppelt so viel Werksvertragsbeschäftigte wie Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer. Doch mancher Werkvertrag hält dabei der rechtlichen Überprüfung nicht stand. So auch im Fall eines Versuchsfahrers und Mechanikers, der über einen Werkvertrag beschäftigt war. Der Mann hatte auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geklagt und bekam vor dem Amtsgericht Stuttgart Recht. Das Gericht ordnete das Vertragsverhältnis als Arbeitnehmerüberlassung ein – mit der Folge, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Versuchsfahrer und dem Unternehmen zustande gekommen war. Das Urteil ist rechtskräftig
Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 05.11.2014, 11 Ca 8426/13 – Leitsatz (PDF)
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 19.01.05, 8 Sa 643/14 - Leitsatz (PDF)
Der Kläger war über 20 Jahre lang als Programmierer auf Honorarbasis beschäftigt gewesen, ausgeübt hatte er die Tätigkeit Zuhause. Zum Streit kam es, als der Arbeitgeber die Zusammenarbeit beendete. Die Kündigungsschutzklage sei berechtigt, so das Landesarbeitsgericht (LAG). Das Gericht erkannte die Arbeitnehmereigenschaft des an, obwohl es an einer Weisungsabhängigkeit in zeitlicher und örtlicher Hinsicht fehlt. Dieser käme bei der Art der Tätigkeit – als Programmierer im Home-Office – keine entscheidende Bedeutung zu. Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesarbeitsgericht beantragt.
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 13.03.2015, 10 Sa 575/14 – Leitsatz
LINK: Die komplette Urteilsliste gibt es auf der Webseite der DGB Rechtsschutz GmbH