Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 012 - 24.01.2013

EU-Konzessionsrichtlinie befördert weitere Liberalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge

Mit Blick auf die heutige Abstimmung über die EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe im federführenden EU-Binnenmarktausschuss sieht DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki eine Gefahr für soziale Standards und eine Tendenz zu weiterer Liberalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge:

„Die Gewerkschaften haben sich von Anfang an für die komplette Ablehnung der Richtlinie ausgesprochen, da das bestehende EU-Recht genügend Transparenz, Diskriminierungsfreiheit und Rechtssicherheit bietet.

Wenn künftig auch sensible Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge unter die strengen Wettbewerbsregeln des europäischen Vergabegesetzes fallen sollen, werden verstärkt Private auf den Plan treten, die vor allem Gewinne erwirtschaften wollen. Mit der neuen Regelung für die Vergabe von Konzessionen befürchten die Gewerkschaften Nachteile für die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, eine nachlassende Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge, höhere Preise für die Verbraucherinnen und Verbraucher, größere Bürokratie für die Verwaltungen und die Beschneidung des Selbstverwaltungsrechts der Kommunen. Mit dem Drängen auf völlige Ablehnung der Konzessionsrichtlinie konnten sich die Gewerkschaften leider nicht bei der Mehrheit der Abgeordneten durchsetzen.

Positiv ist nach zähen Verhandlungen immerhin, dass sich die Abgeordneten für die Herausnahme der Bereiche Rettungsdienste und Hafendienstleistungen ausgesprochen haben. Jedoch gab es keine Mehrheiten dafür, den Kernbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge die Wasserver- und entsorgung aus dem Anwendungsbereich des neuen europäischen Gesetzes zu streichen.

Für die nächsten Schritte in der Gesetzgebung drängt der DGB auch weiter auf die völlige Herausnahme des Sektors Wasser und fordert die Bundesregierung auf, im Ministerrat keiner Richtlinie zuzustimmen, die die öffentliche Wasserversorgung unter die neuen EU-Wettbewerbsregeln stellen will.

Zudem müssen soziale Standards und Tariftreue rechtssicher im europäischen Vergaberecht geregelt werden, um auch im Bereich der Konzessionsvergabe Lohndumpingprozesse zu vermeiden. Dafür sollte internationales Arbeitsrecht (ILO-Konvention Nr. 94) zur Anwendung kommen, das besagt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Auch hier ist die Bundesregierung in der Pflicht, denn Deutschland hat diese ILO-Konvention, die seit 1949 von der Internationalen Arbeitsorganisation verabschiedet wurde, noch immer nicht ratifiziert.“

Hintergrund

Im Dezember 2011 hatte die EU-Kommission ein Richtlinien-Paket zum Vergaberecht und zur Konzessionsvergabe vorgelegt, worüber im Verlauf des letzten Jahres jedoch getrennt beraten wurde. Ziel der überarbeiteten Vergaberichtlinie soll es laut EU-Kommission sein, klein- und mittelständischen Unternehmen vermeintlich leichteren Zugang zum öffentlichen Auftragswesen zu ermöglichen.

Die Richtlinien zur Vergabe und zu Dienstleistungskonzessionen greifen ineinander. Denn künftig sollen Dienstleistungskonzessionen, mit denen staatliche oder kommunale Aufgaben an private und öffentliche Unternehmen übertragen werden, unter das EU-Sekundärrecht fallen, wobei ähnliche Regelungen wie bei den Vergaberichtlinien gelten sollen. Ziel der EU-Kommission ist dabei eine Intensivierung des Wettbewerbs. Die Befürchtung der Gewerkschaften ist es, dass Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge wie zum Beispiel die Wasserver- und -entsorgung stärker für private Dienstleistungserbringer aus ganz Europa geöffnet werden sollen und hiesige Tarifverträge nicht mehr zur Anwendung kommen. Zudem verlieren Kommunen, denen grundgesetzlich das kommunale Selbstverwaltungsrecht zusteht, einen Teil ihrer Kontroll- und Gestaltungsmöglichkeiten.

Weitere Informationen finden Sie unter www.dgb.de/-/6Dc.


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