Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 025 - 14.02.2012

OECD-Wirtschaftsbericht Deutschland: Neue Erkenntnisse, alte Rezepte!

Der DGB fordert einen differenzierten Blick auf den OECD-Wirtschaftsbericht für Deutschland, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Dazu erklärte Claus Matecki, DGB-Vorstandsmitglied:

„Es ist zu begrüßen, dass die OECD inzwischen die schwache Binnennachfrage Deutschlands als problematisch für Europa und den Welthandel einstuft. Auch wenn sie zu ihrer Stärkung wieder auf alte Rezepte wie die weitere Deregulierung des Arbeitsmarktes setzt.

In unseren Augen zieht die OECD die falschen Schlussfolgerungen, wenn es um die Stärkung der Binnennachfrage geht. Es ist der falsche Weg, die Produktivität dadurch erhöhen zu wollen, indem der Dienstleistungssektor dereguliert und die Arbeitszeit verlängert wird. Auch die Rolle der Löhne bei der Erhöhung der Nachfrage wird von der OECD völlig missachtet. Tarifforderungen von 6,5 Prozent, wie sie von ver.di oder der IG Metall erhoben werden, stärken die Binnennachfrage und führen so auch zum Abbau der Ungleichgewichte im Euroraum.

Wir lehnen den Vorstoß der OECD ab, den Konsum höher zu besteuern und die Sozialversicherungsbeiträge zu senken. Das belastet vor allem Geringverdiener. Effektiver und gerechter wäre eine verstärkte Besteuerung hoher Einkommen. Der Spitzensteuersatz liegt deutlich unter dem Durchschnitt der EU und sollte erhöht werden. Außerdem müssen Vermögen endlich wieder angemessen besteuert werden.

Auch im Bereich des Arbeitsmarktes setzt die OECD die falschen Akzente und agiert nach dem Motto: Weil die bisherige Medizin nicht wirkt, muss die Dosis erhöht werden. Weiter wird das hohe Lied der Flexibilisierung, Lockerung des Kündigungsschutzes und der progressiven Gestaltung des Rentensystems gesungen. Diese sogenannte „aktivierende“ Arbeitsmarktpolitik hat uns aber erst in die Krise geritten. Deregulierungsmaßnahmen nähren Unsicherheiten und Ängste bei den Beschäftigten. Dadurch steigt der Lohndruck, die Konsumneigung sinkt. Das richtige Ziel, die Abhängigkeit Deutschlands vom Exportsektor zu verringern und die Binnennachfrage anzukurbeln wird durch diese OECD-Vorschläge konterkariert - das Wachstum bleibt aus.

Der DGB ist überzeugt: der Liberalisierungspolitik auf dem Arbeitsmarkt muss Einhalt geboten werden. Ein stabiler und gerechter Arbeitsmarkt bildet die Grundlage für eine wachstumsorientierte Wirtschaft und für eine hohe Binnennachfrage.

In einigen Punkten sehen wir durchaus Übereinstimmungen mit den Auffassungen der OECD: Klimaschutz und ökologischen Umbau unserer Wirtschaft können durchaus zur Wachstumslokomotive werden. Die Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen von Banken ist gutzuheißen. Die OECD liegt auch richtig mit ihrer Forderung, die selektive Wirkung unseres Bildungssystems weiter zurückzudrängen. Natürlich muss auch der Ausbau des Kinderbetreuungsangebots vorangetrieben werden, um Anreize zur Vollzeiterwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen. Mit all diesen Forderungen nähert sich die OECD den gewerkschaftlichen Positionen an, über Investitionen in die ökologische Modernisierung, Bildung und Infrastruktur die Wachstumskräfte zu stärken.“


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