Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 111 - 29.06.2011

Bund und Länder greifen Sozialversicherungen in die Tasche

Scharfe Kritik am Umgang von Bund und Ländern mit der Sozialversicherung übte Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied, am Mittwoch in Berlin:

„Vor allem der Bund greift den Sozialversicherungen in die Tasche, wo er nur kann. Mit billigen Taschenspielertricks werden den Sozialversicherungen und ihren Mitgliedern Lasten aufgebürdet, für die eigentlich der Bund und damit der Steuerzahler geradestehen müsste. Das ist offenbar gemeint, wenn der Wirtschaftsminister davon spricht, im Haushalt Spielräume für Steuersenkungen erarbeiten zu wollen, die außerhalb seiner Partei niemand braucht und niemand will.

Die Eingriffe in die Sozialversicherung müssen ein Ende haben. Bund und Länder dürfen ihre Haushaltslöcher nicht zu Lasten der beitragsfinanzierten Sozialversicherungen stopfen. Die gesetzliche Krankenversicherung und die Pflegeversicherung müssen zu Bürgerversicherungen ausgebaut werden, in die alle einzahlen und bei der auch die Bezieher hoher Kapitaleinkommen ihren Solidarbeitrag leisten. Der Versichertenkreis der Rentenversicherung muss schrittweise ausgeweitet werden.“

Anlässlich der aktuellen Debatte über die Senkung der Beiträge in der Renten- und Krankenversicherung hat der DGB die Verschiebebahnhöfe in der Sozialversicherung untersucht und in einer Übersicht zusammengestellt:

Krankenversicherungsbeiträge für Hartz-IV-Empfänger
Für Hartz-IV-Empfänger werden seit 2005 viel zu geringe Beiträge an die gesetzliche Krankenversicherung gezahlt, die bei Weitem die Kosten nicht abdecken. Dadurch werden die Beitragszahler mit Kosten in Höhe von 4,8 Milliarden Euro belastet, die eigentlich vom Bund finanziert werden müssten.

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
Im Rahmen des Hartz-IV-Kompromisses hat der Bund die finanzielle Verantwortung für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung übernommen. Dieses Geld will der Bund sich völlig systemwidrig wieder bei der Arbeitslosenversicherung zurückholen. Die Folge: Einnahmeausfälle von bis zu 4 Milliarden Euro pro Jahr, es drohen neue Leistungseinschnitte für Arbeitslose.

Eingliederungsbeitrag
Über den so genannten.Eingliederungsbeitrag verschiebt der Bund Jahr für Jahr rund 5 Milliarden Euro an Beitragsgeldern der Arbeitslosenversicherung direkt in den Bundeshaushalt. Hier greift der Bund in verfassungswidriger Weise in die Taschen der Beitragszahler.

Rentenversicherungsbeiträge für Hartz-IV-Empänger
Schwarz-Gelb hat 2010 die Rentenversicherungsbeiträge für Hartz-IV-Empfänger gestrichen, dadurch entgehen der Rentenversicherung 1,8 Milliarden Euro. Gleichzeitig wurde die steuerfinanzierte Erstattung einheitsbedingter Ausgaben in der Rentenversicherung gekürzt, dadurch fehlen 300 Millionen Euro. Bis zum Ende der Legislaturperiode fällt deshalb die Nachhaltigkeitsrücklage, das heißt die Zukunftsvorsorge der Rentenversicherung, um ca. 6 Milliarden Euro niedriger aus.

Verkürzte Wechselfrist in die private Krankenversicherung
Durch die letzte Gesundheitsreform wurde Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Einkommen oberhalb von 49.500 Euro pro Jahr der Wechsel in die private Krankenversicherung erleichtert, indem die Wartezeit von drei auf ein Jahr verkürzt wurde. Die Einnahmebasis wurde dadurch erheblich geschwächt. Insgesamt ergab sich beim Wechsel zwischen gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen ein Saldo von 141.700 Personen zugunsten der Privatassekuranz. Dies bedeutet einen Beitragsausfall für die gesetzlichen Krankenkassen von etwa 700 Mio Euro im Jahr.  

Krankenhausfinanzierung
Seit Jahren besteht eine Unterfinanzierung der Krankenhausinvestitionen durch die Bundesländer. Das dadurch entstandene Investitionsloch wird mit bis zu 30 Milliarden Euro beziffert. Die Krankenkassen müssen diese Finanzierungslücken stopfen.

Schutzimpfungen
Darüber hinaus wurden im Jahr 2004 Schutzimpfungen in den Pflichtleistungskatalog der GKV aufgenommen. Dadurch wurde der öffentliche Gesundheitsdienst entlastet. Die Ausgaben betragen ca. 1,1 Milliarden Euro pro Jahr.


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