Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 157 - 28.08.1998

DGB zum Antikriegstag 1998: Für Frieden und Soziale Gerechtigkeit

FÜR FRIEDEN UND SOZIALE GERECHTIGKEIT

Das 20. Jahrhundert, dessen Ende wir uns nähern, wird als Epoche verheerender Kriege und langandauernder gewalttätiger Konflikte in Erinnerung bleiben. Aber auch als Jahrhundert, in dem die Idee des friedlichen Zusammenlebens der Völker politische Gestalt annahm: Die Vereinten Nationen und ihre Organe wurden gegründet. Die Menschenrechte wurden zum verbindlichen Bestandteil der internationalen Politik. Und wie nie zuvor wurden sich die Menschen in den verschiedenen Teilen der Erde ihrer Abhängigkeit voneinander und ihrer Zusammengehörigkeit bewußt.

Die Kriege am Ende dieses Jahrhunderts erscheinen in hohem Maße anachronistisch. Und doch sind sie auch Produkte eines rasanten Modernisierungsprozesses. Alte Ordnungsprinzipien lösen sich auf, Staatsgebilde und Gesellschaften brechen auseinander, ohne daß bisher ein neues ordnendes und friedenstiftendes Prinzip an ihre Stelle getreten ist. Im Kosovo, im Sudan, in Ruanda, in Sri Lanka entwickeln sich kriegerische Auseinandersetzungen, in denen alte, ungelöste Konflikte unter den Bedingungen einer modernen, globalisierten Welt eine unberechenbare Dynamik entfachen.

In den Kriegen unserer Zeit bekämpfen sich nicht die mächtigen, hochgerüsteten Staaten, die ihren Einfluß in der Welt vergrößern wollen. Eher sind es die Verlierer der weltweiten Umbrüche, die sich entlang traditioneller Konfliktlinien in perspektivlose kriegerische Auseinandersetzungen verstricken. Fehlende Entwicklungschancen, wirtschaftliche Perspektivlosigkeit, gesellschaftlicher und kultureller Verfall angesichts eines gnadenlosen weltweiten Mo dernisierungswettlaufs sind meist die tieferen Ursachen für die militärischen Konflikte am Ende dieses Jahrhunderts.

Die Realität von Krieg und Gewalt hat heute auch innerhalb der hochindu strialisierten Gesellschaften des Westens Fuß gefaßt. In den Bandenkriegen der Ghettos moderner Großstädte, in den beinahe schon alltäglichen gewalttätigen Angriffen auf Ausländer und Wehrlose entwickelt sich eine neue Dimension der Gewalt. Sie hat ihre Wurzeln in der zunehmenden sozialen Spaltung unserer Gesellschaften.

Gleiche Lebenschancen in der globalen Gesellschaft

Um die Idee des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verwirklichen, brauchen wir internationale Regeln und Institutionen, die den Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Teilhabe im weltweiten Maßstab Geltung verschaffen. In einer globalisierten Welt ist ein friedliches Zusammenleben langfristig nur auf der Basis gleicher Lebens- und Entwicklungschancen möglich. Die globale Gesellschaft kann nur gedeihen, wenn wir den politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Menschenrechten weltweit zum Durchbruch verhelfen.

Die Gewerkschaften in aller Welt tragen in einer so verstandenen Friedenspolitik eine große Verantwortung. Seit jeher setzen sie sich für soziale Gerechtigkeit und für die Einhaltung der Menschenrechte ein. Auch über die Staatsgrenzen hinweg unterstützen sie sich gegenseitig beim Kampf um Menschen- und Gewerkschaftsrechte. Die praktische Zusammenarbeit und der Austausch mit Gewerkschaftsbewegungen in allen Teilen der Welt werden in der Arbeit der Gewerkschaften zukünftig eine wachsende Bedeutung haben.

Demokratische internationale Beziehungen entwickeln

Vor allem die Regierungen müssen ihrem Teil der Verantwortung gerecht werden. Menschenrechtspolitik darf sich nicht auf verbale Erklärungen und Sonntagsreden beschränken. Vorausschauende Friedenspolitik muß auch die Bedingungen für gerechte Weltwirtschaftsbeziehungen verbessern. Die Atomwaffentests in Indien und Pakistan haben weltweit Empörung hervorgerufen. Einen dauerhaften Fortschritt in der atomaren Abrüstung wird es nur im Rahmen einer demokratischen internationalen Ordnung geben, an der alle Länder gleichberechtigt teilhaben können. Die Gründung eines Internationalen Strafgerichtshofs ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Der DGB tritt für die demokratische Reform und die politische Stärkung der Vereinten Nationen ein. Auch die internationalen Finanzorganisationen, der Internationale Währungsfonds und die Weltbank, müssen an neue Regeln gebunden werden: Wirtschaftliche Krisenentwicklungen, wie wir sie heute in Ost- und Südostasien beobachten, dürfen nicht auf dem Rücken der dortigen Bevölkerung bereinigt und zu einer Bedrohung des Friedens werden.

In Europa bietet sich heute eine nie dagewesene Chance für den Aufbau einer dauerhaften Friedensordnung. Die Politik muß diese Chance optimal nutzen. Neben dem Abbau von Waffen und Streitkräften stellt sich den europäischen Nationen heute die Aufgabe, das Wohlstandsgefälle zwischen West- und Osteuropa abzubauen. Das europäische Haus wird nur dann ein Ort des friedlichen Zusammenlebens und der gemeinsamen Sicherheit sein, wenn sich die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in seinen verschiedenen Stockwerken einander angleichen. Nur dann hat das Projekt Europa eine Chance, sich zum Modell für ein demokratisches und friedliches Zusammenleben der Nationen zu entwickeln.


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