Deutscher Gewerkschaftsbund

15.02.2016
Bürokratieabbau

Nicht den Arbeitgebern überlassen

einblick 03/2016

REFIT, die Fitnesskur der EU-Kommission zum Bürokratieabbau, ist einen Schritt weiter. Die versprochene Plattform, mit einer Beteiligung von Gruppierungen der Zivilgesellschaft, hat ihre erste Tagung hinter sich. Die Gewerkschaften sehen sich danach in ihrer Kritik bestätigt.

Manager in Frankfurt

DGB/Simone M. Neumann

Von Beginn an hat der DGB REFIT kritisiert, da es aus seiner Sicht unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus vor allem soziale Errungenschaften der EU von der Gleichstellungspolitik bis zum Arbeitsschutz bedroht.

Zusammensetzung völlig „unausgewogen“

Das Programm klingt nach Bürgerrechten und Basisdemokratie: Jede/r, so die Theorie, kann Kritik an der europäischen Gesetzgebung äußern und vorschlagen, einzelne Vorhaben zurückzuziehen oder zu verändern. Die Plattform prüft diese Vorschläge und gibt Stellungnahmen dazu ab. Es sind bereits über 200 Vorschläge eingegangen. Wer in der Plattform mitsprechen wollte, konnte sich im Vorfeld bewerben und wurde von der EU-Kommission ausgewählt. Nur eine Gewerkschafterin sitzt mit am Tisch – die Dänin Heidi Rønne-Møeller nimmt für den Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) einen der 20 Plätze ein, die Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Sozialpartner zustehen. Von den Bewerbungen der Arbeitgeberseite und der Unternehmensverbände wurden gleich mehrere Vertreter berücksichtigt. Beteiligt ist auch der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), allerdings mit nur einem Sitz. Gabriele Bischoff, Präsidentin der Arbeitnehmergruppe im EWSA, kritisiert die Zusammensetzung scharf. Sie sei völlig „unausgewogen“.

Kaum positive Impulse

Bischoff erwartet kaum positive Impulse von REFIT angesichts der Zusammensetzung der Plattform. Zudem habe die EU-Kommission dem Drängen der Wirtschaft wie auch der Europaskeptiker nachgegeben und die gesamte Rechtsetzung der EU unter Prüfvorbehalt gestellt. Dies wird durch die Forderungen der britischen Regierung verschärft, die, um einen Brexit zu verhindern, zukünftig weit höhere Hürden für neue Gesetzgebung verlangt und neue Vorgaben durchsetzen will, um vorhandene EU-Rechtsetzung abzubauen.

Agendasetting mitgestalten

„Die Gewerkschaften sollten ihren Kurs ändern und offensiver werden. Dazu gehört auch, selbst Vorschläge vorlegen“, empfiehlt Bischoff. Das Agendasetting für die REFIT-Plattform sollte nicht nur Wirtschaftsinteressen überlassen werden. Schließlich gebe es auch ausreichend Richtlinien, die aus gewerkschaftlicher Sicht unzureichend seien oder zu viele Ausnahmen enthielten. Durch diese werde EU-Recht unnötig kompliziert. Aus Sicht der Gewerkschaften ließen sich eine Reihe Regelungen vereinfachen. Zudem gebe es auch EU-Gesetzgebung, die aus Gewerkschaftssicht überflüssig und schädlich ist. Als Beispiel nennt Bischoff die Europäische Privatgesellschaft (SUP).

Erschienen in: einblick 3/2016 vom 15. Februar 2016


Nach oben