Gewerkschaften aus Deutschland und der ganzen Welt diskutierten am 9. November in Bonn unter dem Titel "No Jobs on a Dead Planet!" die Herausforderungen, vor denen sie im Kampf gegen den Klimawandel stehen. Wie können konkrete Wege zur Bewältigung dieser Herausforderungen auf betrieblicher Ebene aussehen?
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Unter dieser Leitfrage lud der DGB gemeinsam mit dem IGB und mit Unterstützung der IG Metall am 09.11.2017 im Rahmen der Klimakonferenz in Bonn deutsche und internationale Gewerkschafter und Betriebsräte zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch ein. In den Räumen des Universitätsclubs Bonn entwickelte sich dabei schnell eine angeregte Diskussion mit rund 80 Teilnehmenden über die Chancen und Hemmnisse bei der Einbeziehung von Beschäftigten in Klimaschutzmaßnahmen.
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Auf dem Podium zeigten fünf Gewerkschafter aus verschiedenen Ländern auf, wie Beschäftigte mit ihren Projekten und Initiativen auf betrieblicher Ebene zum Klimaschutz beitragen und Mitbestimmung und Gute Arbeit vorantreiben.
Martin Breul stellte für die IG Metall die vielfältigen Aktivitäten des Betriebsrates der SMA Solar Technology AG vor. Auf dessen Initiative und gemeinsam mit der Unternehmensführung wurden viele Maßnahmen zur Vermeidung von CO2-Emissionen umgesetzt. So hat sich der Betriebsrat dafür eingesetzt, dass ein Fahrradverleih-System installiert, Dienstfahrräder angeschafft und kraftstoffsparende Dienstfahrzeuge begünstigt wurden. Darüber hinaus wird mittels einer neu installierten Photovoltaikanlage bilanziell annährend CO2-neutral produziert.
Carlos Martinez Camarero vom spanischen Gewerkschaftsbund CCOO berichtete, wie sich die Arbeitsbedingungen durch den Klimawandel verändert und Gewerkschaften darauf reagiert haben. So regeln Tarifverträge reduzierte Arbeitszeiten während der Nachmittagshitze im Sommer, um Beschäftigte vor Überhitzung und der übermäßigen UV-Strahlung zu schützen. Zusätzlich gibt es Betriebsvereinbarungen, die geeignete Schutzmaßnahmen und eine ausreichende Wasserversorgung regeln. Unterstützung erhält die CCOO dabei vom Spanischen Ministerien für Umwelt und Arbeit.
Mansour Cherni vom tunesischen Gewerkschaftsdachverband UGTT stellte hingegen das Problem der Verfügbarkeit von technischem Know How beim Bau von Solar- und Windkraftanlagen in den Mittelpunkt seines Vortrages. So sei es für Länder wie Tunesien ohne finanzielle Hilfe nicht möglich, in den Bau dieser Anlagen zu investieren, den Menschen vor Ort eine gute Beschäftigung zu bieten und im gleichen Maße die erneuerbaren Energien auszubauen. Die UGTT setzt sich intensiv für Qualifizierungsmaßnahmen von Beschäftigten in den Branchen ein, die vom Strukturwandel betroffen sind. Ausbildungs- und Umschulungsprogramme sollen zusätzlich die benötigten Fachkräfte in der Windenergiebranche sichern. Begleitet werden diese gewerkschaftlich geforderten Maßnahmen mit Projekten zur Reduzierung des Wasser- und Ressourcenverbrauches.
Von ähnlichen Erfahrungen berichtete auch Lance Mc Callum von der ACTU in Australien. In Port Augusta ist es durch eine unerwartete Stilllegung eines Kohlekraftwerks zu einem massiven Strukturbruch in der von der Energiewirtschaft abhängigen Region gekommen. Gewerkschaften verschiedener Branchen setzen sich mit der Kampagne „Repower Augusta“ gemeinsam mit lokalen Akteuren für die Region ein. Dies führte zum Bau eines solarthermischen Kraftwerks und damit zur Schaffung von rund 700 qualifizierten Arbeitsplätzen in der Konstruktionsphase. Mc Callum forderte in diesem Zusammenhang, reichzeitige Planungssicherheit zur Vermeidung von Strukturbrüchen und Arbeitslosigkeit und die Einrichtung einer staatlichen Institution, die proaktiv den Strukturwandel unterstützt.
Ähnliches hatte Pablo Somoza von der CGT Argentina zu berichten. Die CGT richtet ein Ausbildungszentrum ein, wo Jugendlichen zukünftige Technologien mit Fokus auf die erneuerbaren Energien näher gebracht und damit der Eintritt in den Arbeitsmarkt erleichtert werden sollen. Für Somoza ist es wichtig, junge Beschäftigte früh in den Just-Transition-Prozess einzubinden.
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Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein Panel mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener gewerkschaftlicher Dachverbände zum Thema „Wie engagieren sich Gewerkschaften im Klimaschutz - national und international?“. Die Diskussion griff Punkte des gerechten Strukturwandels auf und spiegelte die unterschiedlichen nationalen Ausgangslagen und Bedürfnisse wider. Alle Beteiligten unterstrichen die Bedeutung der Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaabkommens. Deutlich wurde, dass es keine Blaupause für „die“ Just Transition gibt, der Wandel sich jedoch nur mit und nicht gegen die Beschäftigten vollziehen kann.