Deutscher Gewerkschaftsbund

16.09.2016
klartext 34/2016

Exportüberschuss: Jetzt Binnennachfrage stärken!

Containerumladen im Hafen

DGB/Simone M. Neumann

Deutschland kämpft sich bei den Exporten zurück an die Weltspitze und überholt dabei China als exportstärkste Nation. Ein Zeichen von Stärke könnte man meinen. Allerdings bleiben die Importe aus anderen Ländern deutlich zurück. Die Folge ist ein wachsender Überschuss in der deutschen Leistungsbilanz, der dauerhaft ökonomisch ungesund ist und destabilisierend wirkt.

276 Milliarden Euro Leistungsbilanzüberschuss

Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss dürfte in diesem Jahr wohl ca. 276 Milliarden Euro betragen und steigt damit im Vergleich zum Vorjahr um 22 Milliarden Euro. Die derzeitigen Überschüsse entsprechen damit gigantischen 8,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit verschärft sich eine ohnehin schon problematische Situation weiter. Denn seit Jahren erzielt Deutschland weit höhere Überschüsse als andere Ökonomien (siehe Abbildung). Selbst die Europäische Kommission erachtet dauerhafte Überschüsse von mehr als 6,0 Prozent inzwischen als schädlich.

Grafik Exportüberschüsse DGB klartext

Grafik: DGB

Lange kann diese Entwicklung nicht mehr so weitergehen. Denn wo Leistungsbilanzüberschüsse entstehen, müssen auch Leistungsbilanzdefizite anderswo vorhanden sein. Vereinfacht gesagt: Die Exporte des einen Landes, sind die Importe eines anderen Landes. Wenn eine Nation wie Deutschland, dauerhaft mehr exportiert als es importiert, muss irgendwo anders auf der Welt mehr importiert als exportiert werden. In anderen Ländern entstehen also Leistungsbilanzdefizite, diese Länder verschulden sich gegenüber Deutschland.

Geringe Binnennachfrage, geringe Investitionstätigkeit

Ein wichtiger Grund für die deutschen Überschüsse liegt in der geringen Binnennachfrage, einschließlich der geringen Investitionstätigkeit und der daraus resultierenden Importschwäche.

Um den Import zu erhöhen und die Überschüsse abzubauen, muss endlich gehandelt werden. Zum einen muss der Niedriglohnsektor weiter zurückgedrängt werden – wenn die Menschen mehr Geld in der Tasche haben, kurbeln sie auch die Nachfrage an. Zum anderen muss der deutsche Staat dringend öffentliche Investitionen in die marode Infrastruktur tätigen. Angesichts gefüllter Staatskassen eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Kommunen beklagen Investitionsstau

Derzeit beklagen die Kommunen einen Investitionsstau von rund 136 Milliarden Euro. Ein Investitionsprogramm würde Arbeitsplätze schaffen, die Binnennachfrage stärken, den Konsum und das Wachstum ankurbeln. In einem solchen Umfeld investieren auch Unternehmen wieder mehr, die Importe steigen und der Leistungsbilanzüberschuss wird abgebaut.

Ein Investitionsprogramm und die Stärkung der Binnennachfrage würden direkt der deutschen Bevölkerung zugutekommen, wären aber gleichzeitig ein Beitrag zur Stabilisierung Europas und zur Stärkung der Entwicklung in anderen Ländern. Die EU-Kommission hat deshalb Recht, wenn sie das anmahnt. Die Bundesregierung muss sich an das europäische Regelwerk halten und den enormen Leistungsbilanzüberschuss abbauen.


 


Nach oben

Weitere Themen

1. Mai 2024: Mehr Lohn, mehr Frei­zeit, mehr Si­cher­heit
1. Mai 2024. Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
DGB
Tag der Arbeit, Maifeiertag oder Kampftag der Arbeiterbewegung: Am 1. Mai rufen wir Gewerkschaften zu bundesweiten Kundgebungen auf. 2024 steht der 1. Mai unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit". Das sind unsere 3 Kernversprechen. Wir geben Antworten auf die zunehmende Verunsicherung in der Gesellschaft.
weiterlesen …

#Ta­rif­wen­de: Jetz­t!
Infografik mit Kampagnenclaim "Eintreten für die Tarifwende" auf roten Untergrund mit weißen Pfeil, der leicht nach oben zeigt.
DGB
Immer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
weiterlesen …

Mit dem neu­en Qua­li­fi­zie­rungs­geld Ar­beitsplät­ze si­chern!
Mehrere Menschen vor Computern bei einer Weiterbildung
DGB/Cathy Yeulet/123rf.com
Seit dem 1. April 2024 gibt es das Qualifizierungsgeld. Bekommen können es Beschäftigte, deren Arbeitsplatz durch die Transformation wegfallen könnte. Ziel ist, ihnen mit Weiterbildungen eine zukunftssichere Beschäftigung im gleichen Unternehmen zu ermöglichen. Alle Infos dazu findest du hier.
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …