Deutscher Gewerkschaftsbund

20.02.2008
Das Interview im Magazin für Beamtinnen und Beamte

Peter Masuch: Ich gebe meine Grundsätze nicht preis

Der Präsident des Bundessozialgerichts im Magazin für Beamtinnen und Beamte, 02/2008

Peter Masuch räsident des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel

Peter Masuch, Präsident des Bundessozialgerichts in Kassel. Privat

Peter Masuch, ver.di-Mitglied und langjähriger Vorsitzender des Richterrates, ist seit dem 1. Januar 2008 Präsident des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel. Masuch war schon vorher als wissenschaft­licher Mitarbeiter beim Bundessozialgericht und von 1993 bis 1995 beim Bundesverfassungsge­richt tätig. Am 2. Mai 1996 wurde er zum Richter am Bundessozialgericht ernannt.

Magazin für Beamtinnen und Beamte: Seit 1998 sind Sie wiederholt zum Vorsitzenden des Richterrats gewählt worden. Als Präsident des Bun­dessozialgerichts sind Sie nun Behördenleiter und Dienstvorgesetzter der RichterIinnen, Beamtinnen und Beamten und der Tarifbeschäftigten. Welche Bedeutung hat dieser Rollenwechsel für Sie?

Peter Masuch: Ich wechsle die Rolle, gebe aber nicht meine Grund­sätze preis. Als Richterratsvorsitzender konnte ich über viele Jahre mit dem Vertrauen des Richterkollegiums im Rücken an der Gerichtsverwaltung mitwirken, oftmals auch über das beteiligungsrechtlich Gebotene hinaus. Auch als Präsident möchte ich die Belange der Angehöri­gen des BSG im Auge behalten und nicht als „Präsident von oben herab“ handeln.

Welche Herausforderungen stellen sich Ihnen in Ihrer neuen Funktion? Was wollen Sie bewirken?

Zur Person

  • 1951 in Westerstede geboren
  • 1972 bis 1978 Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bremen
  • 1982 Ernennung zum Richter am Sozialgericht Bremen
  • 1990 Ernennung zum Richter am Landessozialgericht Bremen
  • 1993 bis 1995 Abordnung zum Bundesverfassungsgericht
  • Seit 1996 Richter am Bundessozialgericht, Kassel
  • Seit 1998 Vorsitzender des Richterrats des Bundessozialgerichts
  • Seit 1. Januar 2008 Präsident des Bundessozialgerichts

Das BSG mit seinen 240 Angehörigen ist gleichsam ein mittelständisches Unternehmen, das ich zum Erfolg führen möchte. Wir räumen gerade unser Dienstgebäude und ziehen für zwei Jahre in eine Zwischenunterbringung. Ar­beitsbedingungen und Arbeitsprozesse werden sich in der schwierigen Zeit des Umbaus ändern. Während der Um­bauzeit richten wir uns in unseren Köpfen auch schon in dem neuen Dienstgebäude ein: Die Arbeitsorganisation wird den verbesserten räumlichen Bedingungen ange­passt und noch effektiver werden. Damit wollen wir der Funktion des BSG dienen, die Einheitlichkeit der Recht­sprechung der Sozialgerichtsbarkeit unter den Bedingun­gen einer sich wandelnden Gesellschaft und Sozialverfas­sung zu sichern.

Im Zusammenhang mit den Gesetzentwürfen zur gerichtlichen Verfahrensbeschleunigung und zu den Gerichtsgebühren ist auch die Zusammenle­gung von Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichts­barkeit wieder stärker ins Blickfeld geraten. Was halten sie von diesen Plänen?

Die Debatte um eine Zusammenlegung der öffentlich­rechtlichen Gerichtsbarkeiten kommt regelmäßig auf, im Dezember erst hat der Bundesrat wiederum einen dahin­gehenden Beschluss gefasst. Ich darf unseren Sozialminis­ter Olaf Scholz zitieren: „Ich halte von diesen Bestrebungen nichts, weil anderes verloren ginge, das sehr wichtig ist für unseren Sozialstaat: Die Sozialgerichte ermöglichen, dass auch die Schwächeren und Schwächsten Unterstüt­zung bekommen, wenn sie ihre Rechte durchsetzen wol­len. Sie sorgen für eine gewisse Waffengleichheit in der Auseinandersetzung der staatlichen Sozialbürokratie.“

Wenn es hier überhaupt etwas zu verbessern gibt, dann sorgt das zurzeit diskutierte Sozialgerichtsgesetz-Änderungsgesetz dafür. Wir alle wissen, dass die Sozialgerichts-barkeit stark damit belastet ist, die zusammengelegte Ar­beitslosen- und Sozialhilfe zu bewältigen. Gerade in Zeiten solch schwerwiegender Sozialreformen bringt es keinen Nutzen, sondern im Gegenteil erheblichen Schaden, wenn dann auch noch der Rechtsschutz durch einen Umbau ge­schwächt wird. Die Sozialgerichtsbarkeit ist sächlich und personell gut aufgestellt und den Aufgaben gewachsen.

Welche Bedeutung hat für Sie die Einbeziehung der Sozialpartner in die Gerichtsbarkeit? Würden Sie sagen, die Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen RichterInnen hat sich bewährt?

Zu den bewährten und schützenswerten Besonderhei­ten der Sozialgerichtsbarkeit gehört gerade auch die Ein­beziehung der Sozialpartner als ehrenamtliche Richter. In jeder Instanz wirken bei den Entscheidungen über Klage, Berufung und Revision jeweils zwei ehrenamtliche Rich­ter mit. D. h. also, dass beim BSG Senate aus drei Berufs­richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern über die Haupt­sachen entscheiden. Die Fachkompetenz der Berufsrichter und die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter stärken den sozialen Frieden in unserem Land.


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