Deutscher Gewerkschaftsbund

22.08.2013
klartext 29/2013

Mieten: Das schwarz-gelbe Versagen in der Wohnungspolitik

Nicht nur in den Metropolen explodieren derzeit die Mietpreise. Renditehungrige Investoren kaufen massenweise Wohnungen, Groß- und Unistädte werden für Normalverdiener zunehmend unbezahlbar. Schwarz-Gelb unterstützt diese Entwicklung noch: Mieterrechte wurden geschwächt, die Regierung hat sich aus dem sozialen Wohnungsbau zurückgezogen.

Mieter in Deutschland sind arm dran. Es fehlt an Wohnraum zu bezahlbaren Mieten, besonders in Groß- und Unistädten. Die Finanzkrise und die anhaltende Niedrigzinsphase haben einen Run auf Immobilienwerte ausgelöst. Das „Betongold“ wird gekauft, luxussaniert und teuer weitervermietet – der Rendite wegen. Aber nicht nur das Angebot an bezahlbaren Wohnungen sinkt. Die Nachfrage steigt, ausgelöst durch eine steigende Anzahl an Single-Haushalten. Die Folge: Die Miete wird vor allem in den Großstädten zu einer immer größeren finanziellen Belastung (siehe Grafik), bis der einzige Ausweg der Umzug ist. Wer diese Mechanismen des freien Marktes als wirtschaftlich und effizient lobt, verhöhnt die Menschen, die ihre Wohnung und somit auch ihr soziales Umfeld verlieren. Die Politik schaut zu.

Grafik: Mietpreisentwicklung in den deutschen Metropolen

Die Berliner Mieten stiegen seit 2007 um mehr als Drittel an. Doch auch in anderen Großstädten mussten die Mieter zweistellige Mieterhöhungen verkraften. Grafik: DGB/Zahlen: Die Welt

Mieterrechte geschwächt, sozialer Wohnungsbau eingestellt

Die schwarz-gelbe Regierung hat sich aus dem sozialen Wohnungsbau zurückgezogen. Die Anzahl der neugebauten Sozialwohnungen ist bundesweit von 23.600 im Jahr 2009 auf 19.300 im Jahr 2011 geschrumpft, obwohl mindestens 35.000 benötigt werden. Die 518 Millionen Euro, die dafür jährlich an die Länder gezahlt werden, sind nicht nur zu wenig, sie werden auch zweckentfremdet. Schlecht sieht es auch für Ältere aus. Wer sein Eigenheim altersgerecht ausbauen möchte, um im Alter so selbstständig wie möglich wohnen zu können, kann zwar auf das KfW-Programm „Altersgerechtes Umbauen“ setzen, die KfW selbst aber nicht mehr auf die Bundesmittel in Höhe von 100 Millionen Euro. Die Fördermittel des Bundes sind 2011 ausgelaufen. Weitsichtige Wohnungspolitik sieht anders aus. Und wenn sich die Regierung mal genötigt sieht einzugreifen, schwächt sie die Position der Mieter. Begründung: Investoren müssen angelockt werden. Die Mietrechtsnovelle vom 1. Mai dieses Jahres macht’s möglich. So wurde das Mietminderungsrecht im Falle von energetischen Sanierungen beschnitten, eine nicht gezahlte Mietkaution kann nun auch zur fristlosen Kündigung führen und die Wohnung eines Mieters kann per einstweiliger Verfügung geräumt werden. Das ist nicht nur für den Deutschen Mieterbund „inakzeptabel“.

Wohnen ist kein Luxus

Auch der DGB fordert eine neue Wohnungspolitik und einen aktiveren Staat, dessen Regierung sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst ist. Der DGB fordert die Ausweitung des Neubaus von bezahlbaren Wohnungen. Die Förderung kann durch Preis- und Belegungsbindungen zielgerecht wirken. Zusätzlich muss altersgerechtes und barrierefreies Sanieren umfassend gefördert werden. Damit bestehende Wohnungen bezahlbar bleiben, brauchen wir eine Mietpreisbremse bei Wiedervermietung. Außerdem muss die unsoziale Mietrechtsnovelle zurückgenommen und stattdessen die Mieterrechte geschützt werden, z. B. bei Eigentumsumwandlungen. Wohnen ist kein Luxusbedürfnis, sondern eine Existenzgrundlage. Der aktive Staat hat dafür Sorge zu tragen.


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