In Deutschland sind 3,3 Millionen Menschen pflegebedürftig, etwa zwei Drittel von ihnen werden zu Hause versorgt. Jeder elfte Beschäftigte muss daher seinen Job und die Pflege eines Angehörigen unter einen Hut bringen. 71 Prozent können das jedoch zeitlich schlecht vereinbaren, ergab eine Sonderauswertung des DGB-Index Gute Arbeit.
DGB/Kacso Sandor/123RF.com
Jede/r elfte Beschäftigte trägt neben seiner Berufstätigkeit Verantwortung für eine oder mehrere pflegebedürftige Personen
Frauen und ältere Beschäftigte übernehmen häufiger Pflegeverantwortung
Im Durchschnitt werden 13,3 Stunden pro Woche für die Pflege aufgewendet
71 Prozent der Betroffenen berichten von zeitlichen Vereinbarkeitsproblemen. Bei 29 Prozent ist dies (sehr) häufig der Fall
Größere zeitliche Flexibilität und finanzielle Entlastung würde die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege verbessern
Von allen Befragten geben neun Prozent an, dass sie neben ihrer Berufstätigkeit Verantwortung für eine oder mehrere pflegebedürftige Personen tragen, das heißt jede/r Elfte Beschäftigte ist mit privaten Pflegeaufgaben betraut. Frauen sind in dieser Gruppe etwas häufiger vertreten als Männer. Dies steht im Zusammenhang mit einem höheren Anteil Pflegeverantwortlicher in Teilzeit (11 Prozent) als in Vollzeit (8 Prozent). Offenbar ist die Teilzeitbeschäftigung, die ganz überwiegend von Frauen geleistet wird, ein Instrument, mit dem die Vereinbarkeit von Arbeit und Pflege individuell gestaltet wird. Darauf deutet auch der höhere zeitliche Umfang der Pflegetätigkeit bei Teilzeitbeschäftigten hin (vgl. S. 3).
DGB-Index Gute Arbeit
Hinsichtlich der Verbreitung von Pflegeverantwortung zeigen sich zwei weitere interessante Zusammenhänge. Zum einen steigt der Anteil pflegender Beschäftigter mit dem Lebensalter an. Jüngere Beschäftigte sind seltener betroffen. Bei denen, die 60 Jahre und älter sind, ist bereits jede/r Fünfte für die Pflege einer oder mehrerer Personen verantwortlich. Zum anderen zeigen sich Zusammenhänge zwischen dem Qualifikationsniveau der Beschäftigten und dem Auftreten von Pflegeverantwortung: Je höher der Schulabschluss, desto geringer ist der Anteil pflegender Beschäftigter. Bei den Beschäftigten ohne Abschluss bzw. mit Hauptschulabschluss liegt der Anteil bei elf Prozent. Mit höheren Abschlüssen sinkt der Anteil, bei den Abiturienten sind es noch sechs Prozent.
Die Befragten mit Pflegeverantwortung gaben an, dass sie pro Woche im Durchschnitt 13,3 Stunden für die Pflege aufwenden müssen. Jeweils ein Viertel muss unter 5 bzw. 5 bis unter 10 Wochenstunden aufwenden und jede/r Fünfte 20 Wochenstunden und mehr. Bei der Pflege wenden Frauen etwas mehr Zeit als Männer auf. Sie leisten im Schnitt 15 Stunden für die Pflege, Männer etwa 12 Stunden. 37 Prozent der Männer geben an, nur weniger als 5 Stunden wöchentlich Pflegeleistungen zu erbringen. Dies geben nur 18 Prozent der Frauen an, dafür liegt ihr Schwerpunkt eher bei 5 bis unter 10 Stunden (33 Prozent) bzw. bei Zeiten über 20 Stunden.
DGB-Index Gute Arbeit
Die Pflege von Angehörigen stellt Berufstätige vor besondere Herausforderungen. Besonders schwierig ist es, Arbeit und Pflegetätigkeiten zeitlich unter einen Hut zu bringen. Von den Beschäftigten mit Pflegeverantwortung geben 71 Prozent an, dass sie zeitliche Probleme mit der Vereinbarkeit haben. Für 16 Prozent ist dies sehr häufig, für 13 Prozent oft und für 42 Prozent selten der Fall. Besonders schwierig stellt sich die Vereinbarkeitssituation für vollzeitbeschäftigte Frauen dar. Hier geben 78 Prozent an, Schwierigkeiten zu haben. Für 25 Prozent ist dies sehr häufig, für 13 Prozent oft und für 40 Prozent selten der Fall. Die Werte bei den teilzeitbeschäftigten Frauen liegen deutlich darunter (14 Prozent / 14 Prozent / 41 Prozent).
Die Berufstätigen mit Pflegeverantwortung wurden danach gefragt, inwiefern zusätzliche zeitliche und finanzielle Ressourcen dazu beitragen können, die Vereinbarkeitssituation zu verbessern. Dabei ging es um Unterstützungsangebote des Arbeitgebers, die über die gesetzlichen Ansprüche aus dem Pflegezeit- und dem Familienpflegezeitgesetz hinausgehen.
Eine wichtige Unterstützung stellt eine größere zeitliche Flexibilität für die Bewältigung der Pflegesituation dar. Es berichten jedoch lediglich 5 Prozent der Befragten davon, dass sie in ihrem Betrieb zusätzliche Auszeiten für die Pflege bekommen. Für 61 Prozent wäre ein solches Angebot hilfreich, um Arbeit und Privatleben besser vereinbaren zu können. Frauen äußern diesen Wunsch etwas häufiger als Männer (64 vs. 57 Prozent).
DGB-Index Gute Arbeit
Eine finanzielle Unterstützung durch den Arbeitgeber im Falle der besonderen Belastung durch zu pflegende Angehörige ist der absolute Ausnahmefall. Nur ein Prozent der Beschäftigten mit Pflegeverantwortung berichten von einer solchen betrieblichen Unterstützung. Dass die finanzielle Lage für die Bewältigung einer Pflegesituation eine hohe Bedeutung besitzt, zeigt der verbreitete Wunsch nach finanzieller Unterstützung. Für 61 Prozent wäre eine solche Unterstützung ein wichtiger Faktor für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.
DGB-Index Gute Arbeit
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In Deutschland sind 3,3 Millionen Menschen pflegebedürftig, etwa zwei Drittel der Betroffenen werden zu Hause versorgt. Besonders herausfordernd ist es, wenn die Pflege von berufstätigen Angehörigen übernommen wird. In der bundesweit repräsentativen Beschäftigtenbefragung zum DGB-Index Gute Arbeit 2017 wurden Beschäftigte zur Vereinbarkeit von Job und Pflege befragt.