Die EU-Kommission hat ihre Haushaltspläne für die Jahre 2021 bis 2027 vorgelegt. Eines zeichnet sich bereits ab: Auch das nächste EU-Budget wird wohl ein Sparhaushalt bleiben. Der DGB-klartext.
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Zwar sieht der Kommissionsentwurf eine leichte Erhöhung der Gesamtausgaben auf 1,11 Prozent des EU-BIP vor. Diese Erhöhung wird jedoch von vielen Mitgliedstaaten abgelehnt.
Damit könnte sich die Entwicklung der Vergangenheit fortsetzen: Obwohl sich die Komplexität der europäischen Aufgaben gemehrt hat, ist der EU-Haushalt stetig geschrumpft. Betrug er 1993 - 1999 noch 1,25 Prozent des EU-BIP, wurde er für 2014 - 2020 auf 1,03 Prozent gekürzt (siehe Grafik). Ein Grund: Wer auf nationaler Ebene zum Sparen gezwungen wird, ist auch nicht bereit, mehr für die EU auszugeben.
Grafik: DGB
Erschwerend kommt jetzt hinzu, dass weitgehend unklar ist, wie das Haushaltsloch, das der Brexit aufreißt, sinnvoll gestopft werden kann. Angesichts dieser finanziellen Ausgangslage wird eine progressive europäische Wirtschaftspolitik, die auf eine Angleichung der Lebensverhältnisse in der EU ausgerichtet ist und die industrie- und strukturpolitischen Herausforderungen der europäischen Volkswirtschaften angeht, zukünftig erheblich erschwert.
Doch damit nicht genug: Liest man sich die Details des aktuellen Vorschlags der Kommission genauer durch, stößt man auf einige besorgniserregende Reformvorschläge, die wirtschaftspolitisch höchst relevant sind. So plant die Kommission beispielsweise ein „Reformhilfeprogramm“ und will 25 Milliarden Euro dafür einsetzen, Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Strukturreformen zu unterstützen. Dies ist eine Neuauflage des Pakts für Wettbewerbsfähigkeit, den die Gewerkschaften erfolgreich bekämpft haben. Denn im Fokus stehen insbesondere Strukturreformen, die die „Widerstandsfähigkeit“ von Volkswirtschaften stärken sollen. Die Erfahrung zeigt, dass damit vor allem angebotsseitige, arbeitnehmerfeindliche Strukturreformen zur Steigerung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit gemeint sind.
In eine ähnliche Richtung zielt auch das Vorhaben der Kommission, die Struktur- und Kohäsionspolitik stärker an das Europäische Semester zu koppeln. Die Mittel aus den entsprechenden Fonds sollen zukünftig mehr als bisher dafür genutzt werden, die Mitgliedstaaten bei laufenden Wirtschaftsreformen zu unterstützen.
Mit beiden Vorschlägen versucht die Kommission sich durch die Hintertür mehr wirtschaftspolitischen Einfluss zu verschaffen. Das ist nicht nur deshalb problematisch, weil die wirtschaftspolitischen Empfehlungen der Kommission den Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer häufig entgegenlaufen, sondern auch weil die Empfehlungen weitestgehend auf technokratischem Weg ohne parlamentarische Beteiligung formuliert werden. Schließlich würden durch eine stärkere Verknüpfung zwischen dem Europäischen Semester und der Strukturpolitik Gelder, die dringend für den territorialen und sozialen Zusammenhalt benötigt werden, zweckentfremdet. Ein zukunftsorientierter Haushalt sieht anders aus.