Deutscher Gewerkschaftsbund

07.05.2021
klartext 15/2021

Echte Tarifverträge schaffen gute Arbeit – in der Pflege und überall!

Die große Koalition debattiert wieder über gerechte Löhne in der Pflegebranche. Doch statt zu streiten, muss die Bundesregierung schnell eine Lösung auf den Weg bringen, die echte Tariflöhne vorschreibt und auch finanziert. Aber nicht nur in der Pflege muss die Politik Tarifverträge zum Standard machen, denn nur Tarifverträge verbessern die Arbeitsbedingungen und sorgen für gerechte Bezahlung.

Portrait junge Krankenschwestern

DGB/dolgachov/123rf.com

Tarifverträge für gerechtere Löhne in der Pflege

Die Koalition debattiert wieder über gerechte Löhne in der Pflegebranche: Pünktlich zum 1. Mai hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Gesetzesänderungen vorgeschlagen, damit Betreiber von Pflegeeinrichtungen künftig nur dann Geld aus der Pflegeversicherung bekommen, wenn sie ihren Beschäftigten Tariflöhne zahlen. Jetzt hat auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einen Vorschlag vorgelegt, der Tarifverträge vorsieht, die sich jedoch an der ortsüblichen Vergütung orientieren können.

Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Spahn hebelt Tarifbindung aus

Damit würde die Tarifbindung nicht nur nicht verbessert, sondern schlichtweg ausgehebelt. Anstatt zu streiten, muss die Bundesregierung schnell eine Lösung auf den Weg bringen, die echte Tariflöhne vorschreibt und auch finanziert: Eine Erhöhung des Bundeszuschusses an die Pflegeversicherung muss weiter steigende Eigenanteile für Pflegebedürftige verhindern.

Tarifverträge garantieren angemessene Löhne

Grundsätzlich gilt: Nicht nur in der Pflege muss die Politik echte Tariflöhne zum Standard machen. Tarifverträge, die zwischen DGB-Gewerkschaften und ArbeitgebervertreterInnen ausgehandelt werden, bleiben überall der beste Garant für angemessene Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Wo Tarifverträge gelten, geht es insgesamt gerechter zu (siehe Grafik).

Deshalb sollte öffentliches Geld generell nur dorthin fließen, wo solche Tarifverträge gelten. Das gilt für staatliche Fördergelder, aber insbesondere auch für öffentliche Aufträge.

Liniendiagramm Bruttoanlangeinvestitionen des Staates. Im Vergleich Deutschland, Frankreich, Schweiz

*im Vergleich zu Beschäftigten ohne Tarifvertrag;
DGB, Quellen: Destatis und WSI; Eigene Darstellung

Öffentliche Aufträge nur an Unternehmen mit Tarifverträgen vergeben

Es braucht ein Bundestariftreuegesetz und gute Tariftreue-Regeln bei den Bundesländern, damit künftig nur noch solche Unternehmen Güter und Dienstleistungen an den Staat verkaufen dürfen, die Tarifverträge anwenden. Bei einem öffentlichen Auftragsvolumen von schätzungsweise bis zu 500 Milliarden Euro jährlich, wäre das ein enormer Anreiz für Unternehmen, sich wieder an Tarifverträge zu binden.

Denn die Tarifbindung hat in den vergangen Jahrzehnten stark abgenommen. Und mit ihr schrumpft eine tragende Säule unserer Sozial- und Wirtschaftsordnung.

Die Politik muss mehr tun

Gewerkschaften organisieren Beschäftigte in den Betrieben und können so Druck entwickeln, damit Unternehmen tarifgebunden werden. Die Politik muss ebenfalls mehr tun. Auch jenseits der öffentlichen Auftragsvergabe hat sie dazu verschiedene Instrumente: Mitgliedschaften in Arbeitgeberverbänden „ohne Tarifbindung“ müssen beispielsweise zurückgedrängt werden. Im Falle einer Aufspaltung, Abspaltung oder sonstigen Änderung eines Unternehmens, sollten Tarifverträge außerdem bis zu einer neuen Regelung fortgelten.

Tarifverträge müssen leichter als allgemeinverbindlich erklärt werden können

Zudem muss es leichter werden, Tarifverträge für alle Unternehmen einer Branche allgemeinverbindlich zu erklären. Wie das gelingen kann, zeigt der Gesetzentwurf, den die Bundesländer Bremen, Thüringen und Berlin diese Woche in den Bundesrat einbringen.

Die drei Länder schlagen beispielsweise vor, dass der paritätisch mit Arbeitgebern und Gewerkschaften besetzte Tarifausschuss (das zuständige Entscheidungsgremium) künftig Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE) nur noch mit Mehrheit verhindern können soll. Bislang reicht das Votum der Arbeitgeberseite, um eine AVE zu stoppen. Vorschläge wie diese müssen jetzt umgesetzt werden, damit gute Tariflöhne wieder überall Standard werden.


Nach oben

Weitere Themen

1. Mai 2024: Mehr Lohn, mehr Frei­zeit, mehr Si­cher­heit
1. Mai 2024. Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
DGB
Tag der Arbeit, Maifeiertag oder Kampftag der Arbeiterbewegung: Am 1. Mai rufen wir Gewerkschaften zu bundesweiten Kundgebungen auf. 2024 steht der 1. Mai unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit". Das sind unsere 3 Kernversprechen. Wir geben Antworten auf die zunehmende Verunsicherung in der Gesellschaft.
weiterlesen …

#Ta­rif­wen­de: Jetz­t!
Infografik mit Kampagnenclaim "Eintreten für die Tarifwende" auf roten Untergrund mit weißen Pfeil, der leicht nach oben zeigt.
DGB
Immer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
weiterlesen …

Mit dem neu­en Qua­li­fi­zie­rungs­geld Ar­beitsplät­ze si­chern!
Mehrere Menschen vor Computern bei einer Weiterbildung
DGB/Cathy Yeulet/123rf.com
Seit dem 1. April 2024 gibt es das Qualifizierungsgeld. Bekommen können es Beschäftigte, deren Arbeitsplatz durch die Transformation wegfallen könnte. Ziel ist, ihnen mit Weiterbildungen eine zukunftssichere Beschäftigung im gleichen Unternehmen zu ermöglichen. Alle Infos dazu findest du hier.
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …