Stetig steigende Beiträge, dafür immer später und immer weniger Rente? Das dürfen wir der jüngeren Generation nicht länger zumuten, sagt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach. Denn es gibt Alternativen: Das Rentenniveau zu stabilisieren würde den Durchschnittsverdiener im Jahr 2025 gerade mal 7,29 Euro monatlich kosten - weniger als eine Kinokarte.
DGB/Simone M. Neumann
Annelie Buntenbach ist Mitglied des DGB-Bundesvorstandes. Sie schreibt regelmäßig als Autorin für die Kolumne Gastwirtschaft der Frankfurter Rundschau.
Die DGB-Rentenkampagne ist erst vor wenigen Wochen gestartet und schon wird ihr die denkbar größte Anerkennung zuteil: Man reibt sich an ihr. Den Gewerkschaften wird vorgehalten, sie schürten Ängste und spielten so Populisten in die Hände. Offensichtlich sollen die Überbringer der schlechten Nachricht bestraft werden. Seit vielen Jahren wird den Menschen eingebläut, das Leben im Alter sei mit der gesetzlichen Rente allein nicht mehr zu wuppen. Und weil wir – im Durchschnitt, rein mathematisch – immer älter werden, müssten wir länger arbeiten und das Rentenniveau absenken. Wie muss dieser simple Zirkelschluss bei Menschen ankommen, die jahrzehntelang im Krankenhaus oder bei der Müllabfuhr gearbeitet haben? Mindestens dürften sie den Eindruck haben, der politische Gestaltungswille sei nicht sonderlich ausgeprägt. Rente ist eben mehr als Mathematik. In der Rentenpolitik zeigt sich, was uns das Lebenswerk eines Menschen wert ist.
Wer uns Verunsicherung vorhält, will offenbar über Alternativen erst gar nicht reden. Zum Beispiel darüber, wie wir so genannte gesamtgesellschaftliche Aufgaben finanzieren - viel zu oft über die Beitragskasse statt aus dem Steuertopf. Ein Beispiel ist die Mütterrente, die die Sozialversicherungen jährlich sieben Milliarden Euro kostet. Aber die Herausforderungen sind größer: Nach Litauen hat Deutschland den größten Niedriglohnsektor Europas; mehr als eine Million Menschen arbeiten Teilzeit, obwohl sie das gar nicht wollen. Wenn damit Schluss wäre, könnten Steuer- und Beitragskassen Mehreinnahmen in Milliardenhöhe verbuchen.
Oft wird behauptet, die Stabilisierung des Rentenniveaus belaste die Jugend. Als interessierten sich jüngere Berufstätige nur für niedrige Beiträge, die Höhe ihrer späteren Rente sei ihnen dagegen völlig egal. Ich glaube das nicht. Wir dürfen es jüngeren Generationen nicht länger zumuten, stetig steigende Beiträge zu zahlen und später immer weniger Rente zu bekommen. Das ist der denkbar schlechteste Deal. Und im Jahr 2025 würde es einen Durchschnittsverdiener gerade mal 7,29 Euro im Monat kosten, wenn wir das Rentenniveau stabilisieren. Das ist weniger als eine Kinokarte. Es gibt also viele gute Gründe, das Thema Rente im Wahlkampf rauf und runter zu diskutieren.
Annelie Buntenbach: Kolumnen zu Wirtschaft, Arbeit, Sozialpolitik
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