Deutscher Gewerkschaftsbund

29.05.2017
Beamtenmagazin 05/2017

Bundestagswahl 2017: Wohin steuert der öffentliche Dienst?

Wahlprüfsteine - Die Positionen von Parteien und DGB

Der Wunsch nach Zuverlässigkeit und Bürgernnähe auf der einen Seite, Stress, Personalnot und Berge von Überstunden auf der anderen: Bei vielen Beschäftigten im öffentlichen Dienst macht sich Frust breit. Vor der Bundestagswahl 2017 hat das DGB-Beamtenmagazin CDU/CSU, SPD, die Linke und Bündnis 90/Die Grünen gefragt, welche Konzepte sie für die Zukunft des öffentlichen Dienstes haben.

Bundestagskuppel

DGB/Simone N. Neumann

Wir wollen einen zuverlässigen, bürgernahen öffentlichen Dienst. Gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und ausreichend Personal sind dafür Grundvoraussetzung. Überstundenberge, Stress und Frust darüber, den Ansprüchen an die eigene Arbeit nicht gerecht werden zu können, sind dagegen schädlich. Wie sieht die Zukunft des öffentlichen Dienstes in Deutschland aus und wie kann diese durch politische Entscheidungen beeinflusst werden? Anlässlich der Bundestagswahl 2017 haben wir die innenpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen im Deutschen Bundestag zu den Konzepten ihrer Parteien für die Zukunft des öffentlichen Dienstes befragt. Die Themen: "Personal", "Arbeitszeit", "Mitbestimmung" und "Qualifizierung".

PERSONAL

Die Einstellungspolitik im öffentlichen Dienst steht vor enormen Herausforderungen: Durch Pensionierungen entstehen große Personal- und Wissenslücken, es mangelt an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern für die Nachbesetzungen et cetera. Wie kann nach Ihrer Auffassung dennoch eine nachhaltige und bedarfsgerechte Einstellungspolitik gelingen?

Verzweifelter Mann im Büro hinter Aktenbergen

DGB/Oleg Dudko/123rf.com

  • DGB

    Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes

    Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack DGB/Simone M. Neumann

    Elke Hannack: Nach zwei Jahrzehnten des Stellenabbaus und der Privatisierung muss der Personalbedarf im öffentlichen Dienst endlich anhand der tatsächlich zu erledigenden Aufgaben analysiert werden. Aktuell wird geschätzt, dass dem Staat 110.000 Bedienstete fehlen – vor allem in den Bereichen Kinderbetreuung, Finanzverwaltung, Polizei und Bildung. Daneben kann der öffentliche Dienst als Arbeitgeber noch an seiner Attraktivität arbeiten. Ein Beispiel sind die häufigen Befristungen. 2015 lag die Quote hier bei 15 Prozent. Das nötige Fachpersonal gewinnt man nicht mit Arbeit auf Zeit. Deshalb fordert der DGB eine nachhaltige Einstellungs- und Personalpolitik. Das heißt, ein Ende der sachgrundlosen Befristungen, regelmäßige Personalstrukturanalysen und bindende Personalbedarfsplanungen. Zugleich brauchen wir eine Finanz- und Steuerpolitik, die Ländern und Kommunen Spielraum gibt, um in Personal investieren zu können.

  • CDU/CSU

    Stephan Mayer: Um Stellen auch künftig mit qualifizierten Nachwuchskräften und Quereinsteigern auf einem enger werdenden Fachkräftemarkt zu besetzen, hat der Bund gemeinsam mit Ländern, Kommunen und Gewerkschaften wie dem DGB Maßnahmen ergriffen: So wurde eine Methodik für altersstrukturbasierte Personalbedarfsanalysen entwickelt, um demografievorsorgende und passgenaue Nachbesetzungen zu gewährleisten. Ein Stellenpool wurde geschaffen, um frei werdende Stellen zügig nach zu besetzen, bevor das Angebot am Arbeitsmarkt weiter absinkt. Und auch die Ausbildungsangebote der Hochschule des Bundes wurden erweitert.

    Wir sollten darüber hinaus künftig noch stärker die Vorzüge des öffentlichen Dienstes als attraktiver und moderner Arbeitgeber herausstellen. Nur so können wir im Wettbewerb um kluge Köpfe mit der Privatwirtschaft bestehen. Zum Beispiel sollte das Internetportal www.durchstaaten.de als zentrale Infobörse noch weiter ausgebaut werden.

  • SPD

    Burkhard Lischka: Die Arbeit der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes verdient Anerkennung. Die Gestaltung guter Arbeitsbedingungen ist für die SPD daher eine wichtige Aufgabe. Attraktiv ist der öffentliche Dienst, wenn die Vereinbarkeit von Arbeit und Familienleben erhalten und sogar verbessert werden kann. Erfreulicherweise scheiden weniger Menschen vorzeitig aus. Schon mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz hatten wir den Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“ gestärkt, auch durch einen eigenständigen Anspruch neben dem Beihilferecht. Wer gesund ist, muss vor Dienstunfähigkeit bewahrt werden. Wer teildienstfähig ist, erhält einen Gehaltszuschlag. Wer dienstunfähig ist, soll es nicht bleiben und gegebenenfalls wieder aktiviert werden, was leider in der Praxis noch unzureichend umgesetzt wird.

    Die Entscheidung für die Beamtenlaufbahn wird erleichtert, wenn sie nicht mehr zwangsläufig für das ganze Leben getroffen werden muss. Richtig ist deshalb die Mitnahmefähigkeit der Versorgung, auf die wir schon 2009 gedrungen hatten. Sie entspricht der Unverfallbarkeit der Betriebsrenten, die unter SPD-Arbeitsministern eingeführt und verbessert wurde. Das Altersgeld des Bundes bewirkt leider immer noch eine teilweise „Enteignung“ von Versorgungsansprüchen.

  • Die Linke

    Ulla Jelpke: Wir fordern schon länger, im öffentlichen Dienst endlich auch über aktuellen Bedarf auszubilden. Es muss die Möglichkeit zu gleitenden Übergängen gerade in Leitungspositionen geben, in denen Nachfolgerinnen und Nachfolger eingearbeitet werden müssen. Die Möglichkeiten der Digitalisierung von Wissen reichen allein nicht aus, Wissenstransfer sicherzustellen. Denn es gibt einen Anteil nicht operationalisierbaren Wissens, der nur im Arbeitsalltag weitergegeben werden kann.

    Was geeignete Bewerber angeht, steht der öffentliche Dienst wie die Wirtschaft vor den Trümmern der neoliberalen Bildungspolitik. Daran wird sich die Ausbildung von ihren Inhalten her und bezüglich der Zugangsvoraussetzungen anpassen müssen.

  • Bündnis 90/Die Grünen

    Irene Mihalic: Entscheidend sind neben vielseitigen, spannenden und gesamtgesellschaftlich wertvollen Aufgaben die Arbeitsbedingungen. Jüngere Bedienstete, die sich in der Existenzgründungsphase befinden, wollen wir finanziell stärken und die Anfangsgrundgehälter deutlich anheben. Auch eine sichere Beschäftigungsperspektive ist vielen jungen Menschen wichtig. Häufig werden diese aber nach ihrem Ausbildungsabschluss befristet eingestellt – über ein Drittel der Befristungen sind sachgrundlos. Darauf hat die Grüne Bundestagsfraktion immer wieder hingewiesen und in einem Antrag vom März 2017 gefordert, die sachgrundlose Befristung endlich zu streichen.

    Wir wollen das „Betriebsklima“ im öffentlichen Dienst zudem insgesamt verbessern und fordern ein modernes, flexibles, familienförderndes Dienstrecht. Flache Hierarchien und breitere Entscheidungskompetenzen durch Verstärkung von teamorientierten Ansätzen und Mitspracherechten sind ebenso erstrebenswert. Eine gezielte Frauenförderung, im Bereich der Führungspositionen zum Beispiel durch flexiblere Arbeitszeitgestaltung bei einer grundsätzlichen Teilbarkeit von Führungspositionen, liegt uns ebenso wie Maßnahmen zur Erhöhung der Diversität am Herzen. Ausreichend Personal- und Sachmittel müssen gerade im Bereich der Sicherheitspolitik zur Verfügung gestellt werden.

    Es wird Jahre brauchen, die Auswirkungen des früheren Personalabbaus bei Bundespolizei und Bundeskriminalamt zu kompensieren – verursacht von der Union, die seit zwölf Jahren den Bundesinnenminister stellt. Im Zusammenhang mit einer nachhaltigen Personalpolitik setzen wir uns für eine Anlagestrategie im Rahmen der Versorgungsrücklage ein, die zukunftssicher, nachhaltig und sozial verträglich ist.

ARBEITSZEIT

Die Arbeitszeit der Bundesbeamtinnen und –beamten ist mit 41 Stunden in der Woche eine der höchsten im öffentlichen Dienst. Gleichzeitig führte die Anhebung der Arbeitszeit zu Personaleinsparungen, die im Ergebnis mitursächlich für eine enorme Arbeitsverdichtung sind. Hinzu kommen Berge von Überstunden und Mehrarbeit. An welchen Stellschrauben muss gedreht werden, um die Beschäftigten zu entlasten?

Frau am Laptop schaut auf Armbanduhr

DGB/Ammentorp/123rf.com

  • DGB

    Elke Hannack: In erster Linie gilt: Je besser die Personalausstattung, desto weniger sind Beschäftigte durch Überstunden und Mehrarbeit belastet. Die Beschäftigten leiden darunter, dass ihnen Zeit fehlt, die Dienstleistungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in der Qualität zu erbringen, die diese erwarten dürfen, aber auch die Zeit für die eigene Regeneration und das Privatleben.

    Neben den erforderlichen Neueinstellungen wäre es also der richtige Schritt, die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten wieder auf 39 Stunden in der Woche zu senken. Permanenter Stress macht letztlich krank. Die Ursachen krankmachender Arbeit aufzudecken und abzustellen, ist Zweck der gesetzlich verpflichtenden psychischen und physischen Gefährdungsbeurteilung. 26 Prozent der Arbeitgeber im öffentlichen Sektor machen diese Beurteilung aber gar nicht. Das muss sich ändern.

    Auch ein behördliches Gesundheitsmanagement kann helfen, die arbeitsbedingten Belastungen zu reduzieren. Hierfür brauchen wir die finanziellen Mittel.

  • CDU/CSU

    Stephan Mayer: Die Verlängerung der Arbeitszeit im Bund war seinerzeit notwendig für die Konsolidierung des Bundeshaushalts. Nachdem dieses Ziel erreicht ist, folgt nun die Zeit des Stellenaufbaus – auch, um die Beschäftigten zu entlasten. Allein der Einzelplan des Bundesinnenministeriums wächst von 2016 bis 2020 um insgesamt 13.000 Stellen und Planstellen. Der Stellenaufwuchs wird jedoch nur zu einer Entlastung beitragen, wenn immer wieder Aufgaben, Strukturen und Abläufe auf Erforderlichkeit und Effizienz hin kritisch überprüft werden. Hier sind vor allem die Vorgesetzten gefragt!

    Von einer Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit halte ich zum jetzigen Zeitpunkt dagegen nichts. Das würde nur die Stellenmehrungen neutralisieren und somit nichts an der Arbeitsverdichtung ändern.

  • SPD

    Burkhard Lischka: Mit dem Beamtenstatus sind strukturell sowohl Vor- als auch Nachteile gegenüber dem Tarifbereich verbunden. Soweit Personaleinsparungen nur aus der Arbeitszeiterhöhung abgeleitet wurden, konnte dadurch – für sich genommen – keine Arbeitsverdichtung eintreten. Zudem waren besonders belastete Bereiche trotz Arbeitszeiterhöhung von der Personaleinsparung ausgenommen, zum Beispiel die Polizeivollzugsbeamten des Bundes. Zusätzlich haben wir gerade hier schon einen massiven Stellenaufwuchs durchgesetzt. Eine gleichzeitige Absenkung der Arbeitszeit würde dieses Plus an neuen Stellen jedoch wieder infrage stellen, wenn nicht ein noch höherer Stellenaufwuchs erfolgte. Dies träfe aber auf Grenzen der Ausbildungskapazitäten und einen angespannten Arbeitsmarkt bei der Gewinnung von Fachkräften.

    Arbeitsverdichtung durch zusätzliche Aufgaben ist zu begegnen, indem die Chancen der Digitalisierung und des Homeoffice genutzt und auf Aufgabenkritik nicht verzichtet wird. Vorübergehende Mehrbelastungen sollten auch durch Langzeitkonten ausgeglichen werden.

  • Die Linke

    Ulla Jelpke: Eine wichtige Stellschraube wäre aus unserer Sicht eine klare Verabredung, dass die „digitale Dividende“ in der öffentlichen Verwaltung nicht zulasten der Beschäftigten gehen darf. Die Arbeitszeit zu senken, muss dabei das erste Ziel sein. Weiter darf es keine Personaleinsparungen geben.

    Digitalisierung von Arbeits- und Fachprozessen darf nicht bedeuten, die Beschäftigten in ein noch strengeres Arbeitsregime einzuspannen, sondern im Gegenteil, ihnen wieder zu erlauben, sich mit den etwas komplizierteren Fällen auch angemessen zu beschäftigen und den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen zu suchen.

  • Bündnis 90/Die Grünen

    Irene Mihalic: Die Grüne Bundestagsfraktion fordert schon lange die Einführung eines modernen Gesundheitsmanagements, das übermäßige Arbeitsbelastung und Überstunden vermeidet bzw. ausgleicht. Angesichts der zunehmenden gesundheitlichen Überlastung vieler Beschäftigter gehört auch die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten, wie sie derzeit in der Arbeitszeitverordnung geregelt ist, auf den Prüfstand

MITBESTIMMUNG

Nicht selten werden Personalräte erst dann beteiligt, wenn wesentliche Entscheidungen bereits getroffen wurden. Dabei hängt eine wirkungsvolle Mitbestimmung nicht zuletzt von der frühzeitigen Einbeziehung der Beschäftigtenvertretung ab. Stellt das Bundespersonalvertretungsgesetz die Mitbestimmung hinreichend sicher oder sehen Sie hier Novellierungsbedarf?

Geschäftsfrau und Geschäftsmann stehen vor einer Wand und recken angezeichnete muskulöse Oberarme in die Höhe

DGB/Jörg Stüber/123rf.com

  • DGB

    Elke Hannack: Das Bundespersonalvertretungsrecht muss endlich novelliert werden. Es steckt in den 70er Jahren fest, während im öffentlichen Dienst längst ein Kulturwandel von statten geht und nicht zuletzt durch die Digitalisierung zügig voranschreitet.

    Für den DGB steht fest, dass ein Update des Bundespersonalvertretungsrechts längst überfällig ist. Personalräte müssen stets mitbestimmen können. Denn die Praxis zeigt: Kann das Personal seine Erfahrung vor Ort einbringen, werden Herausforderungen besser gemeistert.

    Wir wollen also eine lückenlose Mitbestimmung. Dazu gehört auch die Einbeziehung der Interessenvertretungen bei ressortübergreifenden Angelegenheiten, wie zum Beispiel der E-Akte. Doch statt das große Ganze im Blick zu haben, schaut jedes Ressort nur auf sich.

    Und hier hört der Handlungsbedarf längst nicht auf. Im Sinne einer gleichberechtigten Zusammenarbeit muss beispielsweise das Initiativrecht des Personalrats dem der Dienststelle entsprechen. Und bezieht der Dienstherr den Personalrat nicht ordnungsgemäß ein, muss dem Personalrat ein Unterlassungsanspruch zustehen.

  • CDU/CSU

    Stephan Mayer: Ich halte das Gesetz für gut so wie es ist: Es regelt unmissverständlich, dass eine Maßnahme, die der Zustimmung des Personalrats unterliegt, „nur mit seiner Zustimmung getroffen werden“ kann. Die Beteiligung des Personalrats muss also vor der Maßnahme erfolgen, nicht erst danach. Die Regelung ist von Wortlaut und Sinn her auch so eindeutig, dass es keiner Ergänzung in Bezug auf Handlungen zur Vorbereitung einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme bedarf: Wo solche Vorbereitungshandlungen die beabsichtigte Maßnahme bereits vorwegnehmen oder unmittelbar festlegen, ist selbstverständlich die Zustimmung des Personalrats einzuholen.

    Werden also Personalräte erst dann beteiligt, wenn die wesentlichen Entscheidungen bereits getroffen wurden, ist das nicht ein Fehler der rechtlichen Regelung, sondern ein Anwendungsfehler im konkreten Fall.

  • SPD

    Burkhard Lischka: Der Mitbestimmung der Personalräte hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem, von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erstrittenen Beschluss vom 24. Mai 1995 Grenzen gesetzt, die bei einer Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu beachten sind. Gleichwohl ist eine Novellierung möglich und erforderlich, zum Beispiel für Tatbestände, die ressortübergreifend wirken. Die SPD-geführten Länder Niedersachen, Hamburg und Schleswig-Holstein sind hier Vorreiter.

    Prüfen kann man auch eine „Allzuständigkeit“ der Personalräte (also ohne Beteiligungskataloge); allerdings steht das Land Schleswig-Holstein damit immer noch allein.

  • Die Linke

    Ulla Jelpke: Gerade die Digitalisierung zeigt die Begrenzung der bisherigen Mitbestimmung. Beamtinnen und Beamte als Expertinnen und Experten ihrer Tätigkeit werden nicht zurate gezogen. Dabei ist auf Führungsebene aus ganz nachvollziehbaren Gründen das Wissen um die Fachprozesse und ihre Details häufig nicht so vorhanden, wie es notwendig wäre. Das nutzt vor allem den externen IT-Dienstleistern, gerade im Bereich Beratung und Projektmanagement. Die Schwierigkeiten rund um die Einführung neuer IT-Prozesse oder der Umstellung auf vollständig digitalisierte Fachprozesse sind aber nur ein wichtiger und drängender Aspekt.

    Auch bei anderen Maßnahmen zur Umorganisation von Verwaltungen werden Personalvertretungen häufig erst beteiligt, wenn die zentralen Entscheidungen nicht mehr revidierbar sind. In einer Anpassung des Bundespersonalvertretungsgesetzes müsste also eine Verpflichtung zur Information und auch ein verbindliches Verfahren zur Konsultation schon im Planungsstadium von zentralen Organisationsentscheidungen festgeschrieben werden.

    Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Ebenen von Staat und Verwaltung in der Digitalisierung macht auch eine Öffnung für eine entsprechende Zusammenarbeit von Personalräten notwendig. Auch das müsste in eine Reform des Personalvertretungsrechts einbezogen werden.

  • Bündnis 90/Die Grünen

    Irene Mihalic: Das Bundespersonalvertretungsgesetz sieht grundsätzlich weitreichende Mitbestimmungsrechte vor. Diese müssen allerdings auch umgesetzt werden. Es ist ein Skandal, wie im Zuge der Neueinstellungen im BAMF die Rechte der Personalvertretungen mit Füßen getreten wurden. Hiergegen hat die Grüne Bundestagsfraktiongegenüber der Bundesregierung mehrfach protestiert.

    Die Mitbestimmungsrechte der Personalräte wollen wir im Hinblick auf die frühzeitige Einbeziehung, die veränderten Arbeitsbedingungen und neuen Herausforderungen der Digitalisierung stärken. So sollen Personalräte bei der Entwicklung von Maßnahmen zum Arbeitsschutz und beim betrieblichen Gesundheitsmanagement verstärkt einbezogen werden.

QUALIFIZIERUNG

Der öffentliche Dienst funktioniert am besten, wenn die Beschäftigten sehr gut für ihre Aufgaben qualifiziert sind. Welchen Handlungsbedarf sehen Sie – auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung – auf dem Gebiet der Aus-, Fort- und Weiterbildung?

Präsentation am Flipchart

DGB/georgerudy/123rf.com

  • DGB

    Elke Hannack: Einen Rechtsanspruch auf Fort- und Weiterbildung für die Beschäftigten. Anträge mit einem Verweis auf die knappe Personaldecke abzulehnen, darf nicht mehr die Regel sein. Geht es um die Ausbildung des eigenen Nachwuchses für Führungsaufgaben, können wir uns einen als „Training on the Job“ angelegten Leistungsaufstieg mittels passgenauer Qualifizierungsmodule gut vorstellen. Bei Berufsqualifikationen, die außerhalb des öffentlichen Dienstes erworben wurden, muss dringend die Durchlässigkeit in die Beamtenlaufbahnen hinein verbessert werden.

    Fest steht, dass die Digitalisierung die Qualifikationsbedarfe grundlegend verändert. Die Dienstherren müssen diese Bedarfe ermitteln und entsprechende Module anbieten. Schließlich können erworbene Digitalkompetenzen helfen, die Angst und Skepsis vieler Beschäftigter vor der Digitalisierung zu nehmen.

  • CDU/CSU

    Stephan Mayer: Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf eine kompetente und moderne Verwaltung. Die gibt es aber nur mit einer hoch qualifizierten Aus- und Fortbildung! Dafür müssen wir die Kompetenzziele in der Verwaltungsausbildung überprüfen und fortentwickeln. Das gleiche gilt für die Angebote der beruflichen Aufstiegsfortbildung wie zum Beispiel den Verwaltungsfachwirt. Neben den fachlichen Inhalten werden zukünftig
    Kompetenzen wie konzeptionelles Denken, Kooperations- und Interaktionsfähigkeit sowie die Fähigkeit, Komplexität zu managen, eine größere Rolle spielen.

    Eine Aus- und Fortbildung in der Verwaltung muss zudem das Lehren und Lernen mit digitalen Medien sowie die technischen und medienpädagogischen Kompetenzen des Ausbildungspersonals und der Aus- bzw. Fortzubildenden in den Blick nehmen.

  • SPD

    Burkhard Lischka: Der SPD war – wie auch den DGB-Gewerkschaften – immer wichtig, den Wandel der Arbeitswelt aktiv zu gestalten. Die technische Entwicklung, das heißt heute die Digitalisierung, bietet Chancen für gute und qualifizierte Arbeit. Diese können dann genutzt werden, wenn nicht nur in Software und technische Ausstattung investiert wird, sondern auch in Köpfe. Ein vollständig digitalisiertes Vorgangsmanagement wird durch die Technik möglich, umgesetzt aber erst durch qualifizierte Arbeit.

  • Die Linke

    Ulla Jelpke: DIE LINKE hat das Thema Fort- und Weiterbildung bereits in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung – zum Schwerpunkt Cyber-Sicherheit – thematisiert (Bundestagsdrucksache 18/10839). Unser Eindruck ist: Erstens, es wird zu wenig getan, und Fortbildungsmaßnahmen konzentrieren sich auf Leitungspersonal. Zweitens, die Verwaltungen sind viel zu weitgehend auf externe Dienstleister angewiesen. Manche der Fortbildungen sind einfach kaschierte Schulungen für neu eingesetzte Software, also schlicht notwendig, um neu eingekaufte Software einsetzen zu können.

    Bei Fortbildungen in Zusammenhang mit Digitalisierung muss ausreichend berücksichtigt werden, welch tiefe Veränderung Arbeitsprozesse durch Digitalisierung erfahren können.

  • Bündnis 90/Die Grünen

    Irene Mihalic: Besonders die Aus-, Fort und Weiterbildung sind für einen modernen öffentlichen Dienst wichtige Faktoren. Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht eine Verwaltung, die entsprechend der neuen digitalen Möglichkeiten funktioniert. Transparenz und BürgerInnennähe sind gewinnbringende Aspekte der Digitalisierung.

    Eine moderne Infrastruktur und entsprechend geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hierfür Voraussetzung. Gerade auch im Sicherheitsbereich müssen die notwendigen Strukturen geschaffen werden, um die Herausforderungen der Kriminalitätsbekämpfung zu bewerkstelligen. Zugleich hat die Digitalisierung zur Arbeitsverdichtung geführt, was wiederum ein modernes Gesundheitsmanagement fordert.


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