Die von der Bundesbank angeführte Notwendigkeit, rechtzeitig vor der Einführung des Euro dem Aufbau eines Inflationspotentials entgegenzuwirken, wird von Geuenich heftig bestritten. Wegen der moderaten Lohnpolitik seien die Lohnstückkosten in Deutschland sogar gesunken. Wenn die Preise in Deutschland in den letzten Monaten leicht gestiegen seien, müsse man die Ursachen dafür erstens in den abwertungsbedingten höheren Importgüterpreisen und zweitens in den vom Staat induzierten Preissteigerungen für administrative Zwecke suchen. Es sei aber abwegig, in dieser Entwicklung nachhaltige Inflationsgefahren zu sehen. Vor diesem Hintergrund sei das Verhalten der Bundesbank eine Kampfansage an den europäischen Beschäftigungsgipfel am 20./21. November in Luxemburg. Den Bemühungen der EU-Regierungen, durch eine koordinierte Beschäftigungspolitik Arbeitslosigkeit in Europa abzubauen, werde ein Dämpfer versetzt. Damit stelle sich die Bundesbank gegen die Beschlüsse der EU-Regierungschefs vom Juni diesen Jahres in Amsterdam.
Abgesehen von diesem Affront gegenüber den europäischen Regierungen erweise die Bundesbank mit der Zinserhöhung den Vertretern einer moderaten Lohnpolitik in Deutschland einen Bärendienst. Wenn lohnpolitische Zurückhaltung von der Zentralbank mit Maßnahmen gegen Beschäftigung in dieser Weise "belohnt" werde, mache es keinen Sinn, von den Arbeitnehmern weiter Lohnzurückhaltung zu verlangen. "Richtig wäre es gewesen, wenn die Bundesbank den Zinsspielraum nach unten ausgenutzt hätte. Denn das reale Zinsniveau in Deutschland ist im internationalen Vergleich immer noch zu hoch," sagte Geuenich.
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