Deutscher Gewerkschaftsbund

10.10.2011
klartext 35/2011

Finanzkrise: Macht uns der Euro arm?

Der Euro hatte es seit der Bargeldeinführung 2002 nie leicht: Bald wurde er als „Teuro“ abgestempelt, und seit der Dauerkrise der Gemeinschaftswährung wollen laut „Stern“-Umfrage 54 Prozent der Deutschen die D-Mark zurück. Doch tatsächlich war die Inflation zu DM-Zeiten höher als heute, das „Teuro-Gefühl“ hat eine andere Ursache. Der klartext.

Die Eurokrise bestimmt die Nachrichten. Täglich und von früh bis spät. Selbst der Tod von „Apple-Gott“ Steve Jobs erreicht nur für einen Tag Platz 1 der Top-Nachrichten. Die Politik scheint mit der Bewältigung der Krise völlig überfordert und reagiert viel zu langsam und zu spät. Die einfachen Antworten breiten sich schneller aus. Man kennt inzwischen die Schuldigen schon ganz gut – dank Merkel, Sarkozy, Rösler und „Bild“-Zeitung: Die in Saus und Braus lebenden Griechen, Iren, Italiener und Portugiesen. Eigentlich alle außer uns fleißigen Deutschen. Diese Anschuldigungen haben hierzulande eine Anti-Euro-Stimmung aufkommen lassen. Die Sehnsucht nach vergangenen Zeiten mit der guten, alten Deutschen Mark wird in der Bevölkerung größer. Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des „Stern“ wünschen sich 54 Prozent der Deutschen die D-Mark zurück. Mit jeder neuen Hiobsbotschaft aus Athen, Rom oder Lissabon wächst die Zahl der Euro-Skeptiker. Hätten wir bloß nicht mit dem Euro angefangen!

Vergleich der Verbraucherpreis- und der Reallohnentwicklung zehn Jahre vor und nach der Euro-Bargeld-Einführung

Die Reallöhne hinkten bereits zu DM-Zeiten der Entwicklung der Verbraucherpreise hinterher. Seitdem wuchs der Niedriglohnsektor stark an: er ist eine der Hauptursachen, weshalb Beschäftigte heute real weniger verdienen also vor zehn Jahren, Anmerkungen: *) deflationiert mit Preisentwicklung der Konsumausgaben. **) Mit Hilfe der Daten für das 1.Halbjahr 2011 für das Gesamtjahr hochgerechnet. Grafik: DGB; Zahlen: eigene Berechnungen, Statistisches Bundesamt

Die Gemeinschaftswährung hat es seit ihrer Bargeldeinführung 2002 nicht leicht gehabt. Anfangs wurde der Euro als „Teuro“ abgestempelt. Halber Lohn, aber gleiche Preise! Jedoch zu unrecht: Tatsächlich stiegen die Verbraucherpreise in den zehn Jahren vor der Einführung des Euro in Deutschland um insgesamt 24,6 Prozent an. In den Jahren nach der Einführung aber nur um 17,1 Prozent. Das entspricht einer durchschnittlichen Inflation von 2,5 Prozent zu DM-Zeiten und von nur 1,7 Prozent zu Euro-Zeiten.

Doch woher kommt dann das Gefühl, dass alles teurer wurde? Zwar ist richtig, dass Preise einzelner Produkte des täglichen Bedarfes, etwa von Lebensmitteln, Strom oder Sprit stärker anstiegen. Die Preistreiber waren aber Spekulanten auf den internationalen Finanzmärkten und nicht der Euro. Ganz im Gegenteil: Der stabile Außenwert des Euros hat Preissteigerungen sogar etwas abgefedert. Langlebigere Gebrauchsgüter, insbesondere Elektrogeräte wurden sogar billiger. So stiegen die Preise insgesamt weniger als zu DM-Zeiten.

Das Teuro-Gefühl hat eine andere Ursache: Die politisch geförderte Ausuferung des Niedriglohnsektors und anderer prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Inzwischen sind hierzulande über 13 Millionen Menschen atypisch beschäftigt. 7 Millionen von ihnen befinden sich in den Armutskellern des deutschen Arbeitsmarktes. Die Folge: Beschäftigte haben real 1,4 Prozent weniger Geld in der Tasche als vor zehn Jahren, während sie in den zehn Jahren vor der Einführung des Euro – trotz höherer Inflationsrate – reale Lohnzuwächse von 8,5 Prozent verbuchen konnten (siehe Abbildung). Heute müssen sie einen immer größeren Teil ihres mickrigen Einkommens für die täglichen Ausgaben aufwenden. Das lässt viele Produkte teurer erscheinen, als sie tatsächlich sind. Da fallen Preissteigerungen stärker ins Gewicht und machen den Euro gefühlt zum „Teuro“. Fakt ist aber: Nicht der Euro sondern Niedriglöhne haben die Menschen arm gemacht. Deshalb müssen der Niedriglohnsektor und prekäre Beschäftigungsformen zurückgedrängt werden. Das stärkt die deutsche Binnennachfrage und fördert das Vertrauen in den Euro.


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