Am Montag lud Finanzminister Lindner zu einem besonderen Jubiläum: Die Schuldenbremse wird 15 Jahre alt! 2009 wurde sie im Grundgesetz verankert. Seit 2016 erlaubt sie dem Bund in Normal-zeiten nur eine Neuverschuldung von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Den Ländern verbietet sie die Kreditaufnahme seit 2020 komplett.
Unbeirrt von der zunehmenden Kritik an der Schuldenbremse zieht Lindner alle Register zu deren Verteidigung: Er dreht Werbevideos, präsentiert eine zweifelhafte von der FPD-Stiftung bezahlte Studie seines Chefberaters, preist die Schuldenbremse im Internet als Erfolgsgeschichte und unantastbares „Gebot der Verfassung“.
Um die Schuldenbremse einhalten zu können, verordnet Lindner den Bundesministerien einen rigorosen Kürzungshaushalt für das Jahr 2025 . Bis auf drei Ressorts sollen alle Ministerien bis zum zweiten Mai vorlegen, wo genau der Rotstift angesetzt werden soll, um die vorgegebenen Haushaltsobergrenzen einzuhalten.
Dabei ist klar: Ein Kürzungskurs und das sture Festhalten an der Schuldenbremse sind falsch! Kurzfristig bremst das die ohnehin schwächelnde Konjunktur weiter aus. Es nimmt Planungs- und Investitionssicherheit und entzieht der Wirtschaft unmittelbar Nachfrage. Mittelfristig bedrohen Kürzungen und Schuldenbremse die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Gerade erst hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Wachstumsprognose für Deutschland auf magere 0,2 Prozent in 2024 herabgesetzt – niedriger als in jedem anderen G7-Staat. Bereits Ende Januar hatte der IWF-Chefökonom dem Handelsblatt den Grund für die Wachstumsschwäche genannt: „Deutschland zahlt den Preis für seine sehr harte Schuldenbremse“.
Der DGB kritisiert die Schuldenbremse seit ihrer Einführung. Sie ist eine Investitionsbremse und muss weitreichend reformiert werden, um bedarfsgerecht Investitionen zu finanzieren – in das Schienennetz, den ÖPNV, in Krankenhäuser, Kitas und Schulgebäude, in eine klimaneutrale und zukunftsfähige Wirtschaft mit guten, tarifgebundenen Arbeitsplätzen und vieles mehr.
Solche Investitionen mit langfristigem Nutzen sollten von der Schuldenbremse ausgenommen und per Kredit über mehrere Genrationen hinweg finanziert werden. Das gilt nicht nur für Investitionen in Neubau, sondern auch für die Modernisierung von Infrastruktur und anderem. Auch künftige Generationen profitieren schließlich von einer intakten Umwelt und moderner Infrastruktur.
Eine Kreditfinanzierung von Investitionen würde es der öffentlichen Hand ermöglichen, ihre Regelaufgaben besser zu erfüllen. Freie Kapazitäten im Haushalt sollten genutzt werden, um notwendige nicht-investive Ausgaben zu stärken. Hierzu zählen z. B. mehr öffentliches Personal, eine gezielte Stärkung und Verbesserung des Sozialstaats oder die Förderung von Weiterbildung und politischer Bildung. Solche – oft als „konsumtiv“ bezeichneten Ausgaben sind nichts Schlechtes und dürfen nicht gegen Investitionen ausgespielt werden, wie es der Bundesfinanzminister versucht! Auch solche Staatsausgaben halten das Land am Laufen. Sie sind wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und unser Miteinander.
Kurz: „Gestalten statt Kürzen“ muss das Motto für die kommenden Haushaltsberatungen heißen. Das hat der DGB zuletzt auch gemeinsam mit 17 weiteren Verbänden gefordert.
DGB/hqrloveq/123rf.com
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