Deutscher Gewerkschaftsbund

08.02.2023
Drohender Verlust von Baukapazitäten

Mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen

DGB fordert Sofortprogramm der Bundesregierung

Die private Wohnungswirtschaft zieht sich aktuell immer mehr aus dem Wohnungsbau zurück. Die Politik muss massiv gegensteuern: Auf dem Bau drohen Kurzarbeit und Entlassungen. Gleichzeitig besteht enormer Bedarf an neuen Wohnungen. Der DGB legt deshalb ein 6-Punkte-Sofortprogramm für bezahlbaren Wohnraum vor.

Bauerabeiterin mit zwei Bauerabeitern auf einem Gerüst

DGB/goodluz/123RF.com

Mehr Sozialwohnungen statt arbeitslose Bauarbeiter*innen

Das Ziel der Bundesregierung, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, wird 2022 und 2023 verfehlt. Aufgrund gestiegener Baukosten und einer Verdreifachung der Bauzinsen in den letzten zwölf Monaten wird weniger gebaut. Branchenverbände rechnen mit einem erheblichen Rückgang des Bauvolumens in diesem Jahr. 

DGB-Vorstandmitglied Stefan Körzell fordert: "Weil sich die private Wohnungswirtschaft zunehmend aus dem Wohnungsbau zurückzieht, drohen Kurzarbeit und Entlassungen auf dem Bau – und das trotz des enormen Neubaubedarfs. Um diese absurde Situation zu verhindern, muss die öffentliche Hand jetzt zügig gegensteuern und ihre Investitionen hochfahren. Es wäre ein Desaster, wenn jetzt wichtige Baukapazitäten verloren gingen, die dringend für den Neubau preisgünstiger Wohnungen gebraucht werden. Nachdem die Bundesregierung ihr Neubauziel verfehlt, sollten nun alle Anstrengungen dem Ziel dienen, 100.000 Sozialwohnungen jährlich zu bauen. Mehr Fördergelder, ein geeigneter rechtlicher Rahmen und eine nachhaltige Bodenpolitik sind notwendig, um die Weichen für dieses Ziel zu stellen. Die Ampel muss es nur wollen."

 Das 6-Punkte-Sofortprogramm des DGB

  1. Bundesbeteiligungsfonds: Durch einen Beteiligungsfonds kann der Bund die Eigenkapitalbasis kommunaler und landeseigener Wohnungsunternehmen stärken. Eine höhere Eigenkapitalquote verbessert die Finanzierungsbedingungen an den Finanzmärkten und wird den Bau von mietpreisgebundenen und preisgünstigen öffentlichen Wohnungen ankurbeln.
  2. Aufstockung der Gelder für den sozialen Wohnungsbau: Die Bundesregierung hat die Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf 2,5 Milliarden Euro für das Jahr 2023 leicht erhöht. 500 Millionen Euro sollen davon für den Bau von Studierenden- und Auszubildendenwohnheimen verwendet werden. Die Länder müssen 30 Prozent der abgerufenen Mittel zusätzlich selbst einbringen. Doch damit wird die Bundesregierung ihr Ziel, den Bau von 100.000 Sozialwohnungen jährlich zu fördern, verfehlen. Laut einer im Januar 2023 veröffentlichen Studie des Pestel-Instituts, sind dafür mindestens 12,6 Milliarden Euro notwendig. Auch die Mittel für Studierenden- und Auszubildendenwohnheime müssen deutlich erhöht werden, um den Investitionsbedarf zu decken.
  3. Neue Wohngemeinnützigkeit: Die im Koalitionsvertrag angekündigte Wohngemeinnützigkeit muss noch dieses Jahr kommen. Sie sorgt nicht nur für dauerhaft bezahlbare Wohnungen und kann den Schwund an Sozialwohnungen infolge auslaufender Bindungen stoppen, sondern führt durch eine Neubau- bzw. Instandhaltungspflicht zu kontinuierlicher Bautätigkeit.
  4. Preislimitiertes Vorkaufsrecht für Kommunen: Auf eigenen Flächen können Kommunen entweder selbst preisgünstig bauen oder Vorgaben an Investoren bezüglich Wohnumfeld und Anteil der Sozialwohnungen machen. Doch viele Kommunen haben vor 20 Jahren ihre Grundstücke veräußert und müssen sie zu spekulationsgetriebenen Marktpreisen zurückkaufen. Wir brauchen deshalb ein preislimitiertes Vorkaufrecht in Höhe des Verkehrswertes und in Regionen mit extremen Preissteigerungen in Höhe des nutzungsbezogenen Ertragswertes.
  5. Kommunen brauchen mehr Rechte, um Bautätigkeiten zu steuern – Innenentwicklungsmaßnahme (IEM) einführen: Die Koalition hat sich vorgenommen, die Einführung einer Innenentwicklungsmaßnahme zu prüfen. Diese ermöglicht es Kommunen fehl- oder ungenutzte Gebiete zu aktivieren und Eigentümer*innen anzuhalten die Flächen zu bebauen. Baulücken könnten so leichter geschlossen werden, was wohnungspolitisch und klimapolitisch wünschenswert ist. 2018 wurde der IEM in einem Planspiel unter Leitung des BBSR bereits Tauglichkeit bescheinigt (BBSR 2018), weswegen der DGB eine umgehende Einführung fordert.
  6. Verwaltungsabläufe beschleunigen: Um die notwendigen Bauprojekte voranzutreiben, müssen Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigt werden. Zentral dafür sind die Digitalisierung der Verwaltung und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, um Fachkräfte zu gewinnen. Eine Anhebung der Entgelte und mehr Investitionen in eine zeitgemäße Ausstattung der Dienststellen sind wichtige Schritte dafür.

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