Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, sagte mit Blick auf die Befassung des Kabinetts mit dem Armutsbericht der Bundesregierung am Mittwoch in Berlin:
„Die Ergebnisse dieses Berichts zeigen deutlich die Gerechtigkeitslücken, die diese Bundesregierung nicht schließen konnte: Es gibt immer mehr Arme und die soziale Ungleichheit verfestigt sich, während gleichzeitig die obere Hälfte der Bevölkerung 99,5 Prozent des Gesamtvermögens besitzt. Außerdem kommt der Bericht viel zu spät, die Zeit zum Weichen umlegen ist für diese Große Koalition vorbei.
Aus Sicht der Gewerkschaften fatal: Antworten auf das Armutsrisiko von Erwerbstätigen bleibt der Bericht ebenfalls schuldig. Die Koalitionspartner beschreiben zwar das bekannte Problem, dass Arbeit in Deutschland eben vielfach nicht vor Armut schützt. Für gemeinsame Lösungsvorschläge entwickeln Union und SPD aber nicht mehr die Kraft. Das Armutsrisiko von Erwerbstätigen war 2019 so hoch wie noch nie, Erwerbstätige machen mit rund 4,4 Millionen die zahlenmäßig größte Gruppe der von Armut betroffenen Personen aus.
Geringe Erwerbseinkommen werden diesen Menschen in der Krise zum Verhängnis: Das Kurzarbeitergeld ist zu niedrig, um Einkommenseinbrüche abzufedern und muss über Grundsicherung aufgestockt werden. Der DGB fordert darum, Minijobs umgehend in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umzuwandeln, sachgrundlose Befristungen abzuschaffen und Selbständige unter den Schutzschirm der Arbeitslosenversicherung zu nehmen. Die nächste Bundesregierung muss sich zum Ziel setzen, den Niedriglohnsumpf auszutrocknen, dafür den Mindestlohn auf mindestens 12 Euro anzuheben und die Tarifbindung zu stärken. Alle Demokraten müssen im Bundestagswahlkampf solchen Armutsrisiken klar den Kampf ansagen.“