DGB feiert Tag der Arbeit – "Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit."

Datum

Ordnungsnummer PM 019

Dachzeile 1. Mai 2024

Mit hunderten Kundgebungen und Veranstaltungen auf den Straßen und Plätzen im gesamten Bundesgebiet feiert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den Tag der Arbeit. Unter dem Motto “Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit” erinnern die Gewerkschaften an ihre Kernforderungen und ihre Antworten auf die zunehmende Verunsicherung in der Gesellschaft.

Auf der zentralen Kundgebung in Hannover betonte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi, dass sozialer Fortschritt immer wieder neu erkämpft werden müsse: “Gute Bezahlung und faire Teilhabe am Wohlstand, gute und sichere Arbeitsplätze, ein gutes Leben und die Gewissheit, im Alter über die Runden zu kommen – das kann es nur mit Gewerkschaften geben,” rief Fahimi den Teilnehmenden der Demonstration zu. 

Die Gewerkschafterin erneuerte ihre Forderung nach einer Tarifwende. “Tarifverträge machen Beschäftigte zu freien Menschen in der Arbeitswelt. Sie sorgen für mehr Lohn, für faire Bezahlung und geregelte Arbeitszeiten. Sie sind das gute Recht der Beschäftigten.” Die Tarifflucht der Arbeitgeber verursache einen volkswirtschaftlichen Schaden von 130 Milliarden Euro – jedes Jahr. Fahimi machte deutlich: “Wenn ihr Sozialpartnerschaft wollt, dann treibt uns nicht in den tariflichen Häuserkampf. Dann beendet die Tarifflucht!” Vorangehen müsse dabei auch der Staat selbst, so Fahimi. “Wir sagen: keinen Cent Steuergeld für Tarifflucht und Lohndumping. Her mit einem echten Bundestariftreuegesetz!”

Auch die Forderung nach mehr Investitionen machte die DGB-Vorsitzende stark: “Deutschland lebt seit mindestens zwei Jahrzehnten von seiner Substanz. Kein normaler Mensch, kein Unternehmen würde privat so handeln. Wenn das Dach Löcher hat, warte ich nicht, bis es mir auf den Kopf fällt!” Deutschland müsse seine Infrastruktur zukunftsfest machen, einen historischen Umbau der Energieinfrastruktur meistern und Verwaltungen digitalisieren.

Lösen lasse sich die Frage nach dem Investitionsstau nicht mit billigen Rufen nach mehr Arbeit, steuerfreien Überstunden oder weniger Rechten für Beschäftigte: “Es ist immer dasselbe, als ob die neoliberale Platte einen Sprung hat. Da wird den Beschäftigten mangelnde Leistungsbereitschaft nachgesagt, unser Rentensystem schlecht gemacht, Menschen im Niedriglohnbereich gegen Menschen ohne Arbeit ausgespielt, das Recht auf Streik und der Sozialstaat in Frage gestellt,” fasste Fahimi zusammen. Das gehe an der Realität in der Arbeitswelt und den grundsätzlichen Fragen vollkommen vorbei. Die Beschäftigten forderte Fahimi auf, bei der Europa-Wahl demokratisch zu wählen: “Es ist uns in die DNA geschrieben, dass wir Gewerkschaften eine Bewegung sind, die für Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit kämpft. Genau das ist der extremen Rechten ein Dorn im Auge. Wir wollen ein Europa für die Menschen und ein gutes und friedliches Miteinander,” so die Gewerkschafterin. Ein Europa der Abschottung, wie es Rechtspopulisten letztlich fordern, wäre hingegen gerade für Deutschland eine wirtschaftliche Katastrophe, so Fahimi. 

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack forderte in ihrer Mai-Rede in Münster mehr Investitionen und mehr Personal im öffentlichen Dienst, “damit der Staat auf allen Ebenen seine Aufgaben erfüllen und den Bedürfnissen unserer Bürgerinnen und Bürger gerecht werden kann. Seit Jahren ist die löchrige Personaldecke in vielen Bereichen zu spüren. Unsere Kolleginnen und Kollegen leiden immer öfter unter einer steigenden Arbeitsverdichtung, die ihre Gesundheit beeinträchtigt.“ Zudem gehen in den nächsten Jahren 30 Prozent der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den Ruhestand, schon deshalb sei es jetzt "höchste Zeit, endlich massiv gegenzusteuern”, betonte Hannack.

Eindringlich warnte die DGB-Vize vor einem Sparkurs in der Bildungs­politik: “Wichtig sind jetzt mehr Erzieherinnen und Erzieher, mehr Lehrerinnen und Lehrer sowie mehr Sozialarbeit an Schulen und Kitas, die besser ausgestattet werden müssen.” Hannack betonte zudem die Notwendigkeit einer flächendeckend gut ausgebauten Kinderbetreuung, “schon deshalb, damit mehr Frauen erwerbstätig sein können. Alle Eltern und Kinder haben ein Recht auf ein gutes Kita-Angebot.”

Die Arbeitgeber mahnte die Gewerkschafterin, ihre Verantwortung für mehr Ausbildung wahrzunehmen. Es passe schlicht nicht zusammen, „wenn Unternehmen einerseits über fehlende Fachkräfte klagen, aber anderseits nicht einmal mehr 20 Prozent überhaupt noch ausbilden“, betonte Hannack. Die neue Ausbildungsgarantie greife leider nicht flächendeckend, “wichtig sei aber eine echte Garantie für alle jungen Menschen. Zudem brauche es eine gesetzliche Umlagefinanzierung, „wer nicht ausbildet, soll zahlen”.

Auf einer Mai-Kundgebung in Koblenz forderte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell die Bundesregierung auf, endlich das im Koalitionsvertrag versprochene Bundestariftreuegesetz auf den Weg zu bringen. “Damit dürfen Aufträge des Bundes nur noch an Unternehmen gehen, die Tarifverträge anwenden. Allein der Bund vergibt jährlich Aufträge im dreistelligen Milliardenbereich”, betonte Körzell. Sozialversicherungen und Fiskus entgingen jedes Jahr Milliardeneinnahmen, weil sich Unternehmen aus ihrer Verantwortung für gute Löhne stehlen und Tarifflucht begehen. Wenn Finanzminister Lindner nach Einnahmequellen sucht, dann wird er an dieser Stelle fündig“, rief Körzell. Wichtig sei zudem, die unterste Lohngrenze, den gesetzlichen Mindestlohn, “endlich armutsfest zu gestalten, wie es die europäische Mindestlohnrichtline vorsieht.” Gelinge dies nicht im Konsens in der Mindestlohnkommission, “braucht sich niemand zu wundern, wenn der Gesetzgeber wieder einschreiten muss”, adressierte Körzell an die Arbeitgeberverbände.

Um die Wirtschaft anzukurbeln, um Arbeitsplätze im Land zu halten und für alle die Lebensqualität zu verbessern, “muss die Ampel endlich den Fuß von der Bremse nehmen und mehr investieren. Es ist doch ein Irrglaube, zu meinen, Kinder und Enkel bedanken sich für einen ausgeglichenen Bundeshaushalt, wenn dann alles kaputtgespart ist.” Deshalb müsse nicht nur die Schuldenbremse reformiert, sondern ebenso der Reichtum besser verteilt werden. “Reiche sollen wieder einen gerechten Beitrag zum Gemeinwohl leisten”, sagte Körzell. “Die einen leben in Saus und Braus, die anderen müssen jeden Monat 30 bis 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben – der Bund muss verstärkt dafür sorgen, dass bezahlbarer Wohnraum entsteht. Es hilft nur bauen, bauen, bauen”, sagte Körzell.

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel rief in Halle an der Saale alle Demokrat*innen dazu auf, statt neoliberaler Stimmungsmache gegen den Sozialstaat gemeinsam die Demokratie zu verteidigen. "Viele Menschen haben Sorge, dass es ihnen in Zukunft schlechter gehen könnte. Diese Ängste muss man ernst nehmen und Antworten finden,“ forderte Piel. 

Sie kritisierte die Blockade in der Ampel: “Die Verweigerungshaltung einzelner Koalitionspartner darf am Ende des Tages nicht zum Schaden für die soziale Sicherheit aller im Land werden. Die aktuellen Debatten über Bürgergeld und Kindergrundsicherung spalten die Gesellschaft, verunsichern und vergiften das gesellschaftliche Klima. Die Menschen erwarten von ihrer Regierung zurecht anderes, nämlich dass sie Lösungen und Interessensausgleich findet.” Politik müsse verlässlich sein und Sicherheit schaffen: “Wer Demokratie will, darf nicht die soziale Sicherheit runterschrauben. Menschen brauchen Perspektiven, gerade dann, wenn im Leben nicht alles rund läuft. Sie müssen wissen, dass sie von ihrer Arbeit leben können. Dass sie wohnortnah behandelt werden, wenn sie krank sind – deswegen brauchen wir die Krankenhausreform. Und dass ihre Kinder gute Bildung erhalten und die Rente zum Leben reicht,” so Piel.

Mit Blick auf die Europawahl warnte Piel vor dem Populismus der Rechtsextremisten. “Rechtsextreme Parteien wie die AfD haben keine Antworten. Sie betreiben in Europa eine Politik, die uns weg von der Demokratie weit weg von den Rechten der Arbeitnehmer*innen führt. Wer als Arbeitnehmer*in AfD wählt, wählt seine eigenen Rechte ab!" Die AfD wolle kein Miteinander. ”Sie profitiert von Hass, Hetze und Spaltung. Wir setzen dagegen am 1. Mai ein starkes Zeichen für mehr Miteinander – für eine gerechte und friedlichere Zukunft und für einen Sozialstaat, der weiterhin trägt," schloss Piel.

Rede der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi zum 1. Mai 2024 in Hannover

zurück