Stromnetz: Kritische Infrastruktur in öffentliche Hand!

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Dachzeile klartext Nr. 21/2024

Vergangene Woche meldete der Strom-Übertragungsnetzbetreiber Tennet einen Rückschlag: Der Verkauf des Deutschlandgeschäfts an die Bundesrepublik sei abgebrochen worden. Zuvor habe die Bundesregierung mitgeteilt, "dass sie die geplante Transaktion aufgrund von Haushaltsproblemen nicht durchführen kann".

Wenig später war aus dem Bundesfinanzministerium zu vernehmen, der Deal sei nicht an der Schuldenbremse gescheitert. Vielmehr habe es an Klarheit gefehlt, "wie ein vollständiger und dauerhafter Staatsbesitz verhindert werde". Das heißt: Der deutsche Staat hätte sich die Tennet-Übernahme ohne Weiteres finanziell leisten können. Abgelehnt wurde das Geschäft aus "ordnungspolitischen" – also rein ideologischen – Gründen.

Das ist fatal. Denn damit wird die Energiewende geschwächt und unnötig verteuert, nur um an einer überholten Privatisierungsideologie festzuhalten. Im Zuge der Strommarktliberalisierung waren die deutschen Stromkonzerne ab 2009 zerschlagen und der Netzbetrieb von der Stromerzeugung getrennt worden. Tennet wurde zum größten der vier deutschen Strom-Übertragungsnetzbetreiber. Im Netzbereich wurde fortan Marktwirtschaft simuliert, wo sie gar nicht möglich ist. Stromnetze sind schließlich natürliche Monopole: Es macht keinen Sinn, konkurrierende Netze nebeneinander zu verlegen. Um Netze privat betreiben zu können, ist eine riesige Regulierungs-Bürokratie und eine staatliche Festlegung der Rendite des Betreibers notwendig, die über die Netzentgelte durch die Energiekund*innen bezahlt werden muss. Diese Eigenkapitalverzinsung, die von der Bundesnetzagentur bestimmt wird, beträgt derzeit 5,07 Prozent für Bestandsanlagen und rund 7 Prozent für Neuinvestitionen.

Selbst diese Garantie-Rendite bietet nicht immer einen ausreichenden Anreiz, auch genug in die Netze zu investieren. Der aufgelaufene Investitionsbedarf bei den deutschen Stromnetzen dürfte bis 2030 einen dreistelligen Milliardenbetrag notwendig machen. Die enormen Investitionsbedarfe sind ein Grund dafür, dass Tennet das deutsche Netz abstoßen will.

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund ist klar: Das Stromnetz ist keine Cashcow, sondern unverzichtbares energetisches Rückgrat von Wirtschaft und Gesellschaft. Es dient nicht der privaten Geldanlage, sondern muss verlässlich ausgebaut werden, um günstigen und klimaschonenden Strom zu liefern. Das bisherige Modell der Netzfinanzierung hat seine Grenzen endgültig erreicht. Ein neues DGB Positionspapier zeigt, was sich ändern muss. Ein Kernpunkt dabei: Mehr staatliches Engagement! Kritische öffentliche Infrastruktur gehört in öffentliche Hand.

An zwei Übertragungsnetzbetreibern hält der deutsche Staat bereits Minderheitsbeteiligungen. Die zusätzliche Tennet-Übernahme durch den Bund hätte den Grundstein für eine bundeseigene Übertragungsnetzgesellschaft legen können. Eine solche Gesellschaft wäre eine gute Lösung, um notwendige Investitionen und einen kostengünstigen Betrieb zu ermöglichen: Sie stärkt die öffentliche Gestaltungskraft, schafft gute Finanzierungsbedingungen, lässt kein Geld mehr an private Investoren abfließen und vereinfacht das Bürokratiemonster Netzregulierung.

Dass jetzt offenbar die FDP diese einfache und günstige Lösung torpediert hat, ist tragisch. So wird das Regulierungsdickicht zementiert und Tennets Übertragungsnetz eventuell an gewinnmaximierende Investoren gehen. Das ist schlecht für Verbraucher*innen und für die Energiewende.
 

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