Gute Arbeit gibt es nur durch Solidarität – auch bei Soloselbstständigen

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Gewerkschaften sind klassischerweise Interessenvertretungen von unselbstständig Beschäftigten. Doch auch unter den Selbstständigen leiden viele unter schlechten Arbeitsbedingungen und niedriger Bezahlung – verursacht durch eine schwache Verhandlungsposition gegenüber ihren Auftraggebern. Prekäre Soloselbstständigkeit bekommt mit der Ausbreitung digitaler Plattformen zusätzliche Bedeutung.

Im Gegensatz zu Arbeitnehmer*innen gelten für Soloselbstständige das Arbeitszeitgesetz, die Mitbestimmung, der Kündigungsschutz, der Mindestlohn oder Tarifverträge in der Regel nicht. Wo viele Soloselbstständige miteinander konkurrieren, werden sie faktisch gegeneinander ausgespielt, mit der Folge sinkender Honorare und steigenden Arbeitsdrucks. Selbst manche öffentlichen Auftraggeber drücken Honorare unter ein Niveau, das eine Altersvorsorge nicht erlaubt. Digitale Plattformen verweigern in vielen Fällen ihre Verantwortung für die bei ihnen arbeitenden Erwerbstätigen und drängen sie in die Scheinselbstständigkeit. Hinzu kommt ein Mangel an sozialer Absicherung und drohende Altersarmut. Gerade in der Corona-Zeit vermissten viele Soloselbstständige schmerzlich die Absicherung durch eine Arbeitslosenversicherung.

Soloselbstständige können bessere Arbeitsbedingungen erreichen, wenn sie sich zusammenschließen und gemeinsam für Gute Arbeit eintreten. Das Haus der Selbstständigen in Leipzig unterstützt die gemeinsame Interessenvertretung der Soloselbstständigen und bietet Beratung und Vernetzung an. Es ist ein gemeinsames Projekt der Gewerkschaft ver.di (Referat Selbstständige), der INPUT Consulting und zweier Universitäten. Mit seiner Honorar-Kampagne hat das Projekt aktuell das Thema Bezahlung in die Aufmerksamkeit gerückt. Ab nächstem Jahr wird das Projekt fortgesetzt und mit Niederlassungen in Berlin, Hamburg und Köln ausgeweitet.

Bei ihrem Besuch in Leipzig am 3. November 2022 haben sich Stefan Körzell und Christoph Schmitz über die Arbeit des Hauses informiert und Gespräche mit dem Team, einigen Soloselbstständigen und den Mitarbeitenden vom ver.di Referat Selbstständige geführt.

Der DGB fordert für alle Soloselbstständigen das Recht auf Kollektivverhandlungen und die Möglichkeit, sich von Gewerkschaften vertreten zu lassen. Mindesthonorare durch Mindestvergütungsverordnungen müssen möglich sein. Der gesetzliche Mindestlohn muss auch für arbeitnehmerähnliche Personen gelten. Notwendig ist die Eindämmung von Scheinselbstständigkeit: Es dürfen nur diejenigen als Selbstständige gelten, die es im wirtschaftlichen Sinne auch tatsächlich sind. Der DGB fordert die schrittweise Einbeziehung aller Selbstständigen in die Rentenversicherung. Verbesserungen im System der Grundsicherung tragen ebenfalls dazu bei, die Verhandlungsposition prekärer Soloselbstständiger gegenüber ihren Auftraggebern zu verbessern.

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