Deutscher Gewerkschaftsbund

04.02.2015

Regelsätze bei Hartz IV bis zu 45 Euro zu niedrig

Eigentlich müssten die Hartz IV-Regelsätze laut Verfassungsgericht das "soziokulturelle Existenzminimum" decken. Das ist aber nicht der Fall, wie eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie zeigt. Demnach würde der Regelsatz 45 Euro höher liegen, wenn die "verdeckte Armut" in die Berechnung einfließen und andere Unzulänglichkeiten der Berechnungsmethode behoben würden.

Hand greift nach Cent (Euro) in Geldbörse / Geldbeutel

Die Regelsätze nach Hartz IV sind wohl zu gering. Sie könnten 45 Euro höher liegen, wie eine Studie zeigt. Der höhere Regelsatz würde das "Existenzminimum" deutlich realistischer abbilden. DGB/Simone M. Neumann

Verdeckte Armut bisher nicht erfasst

Unter "verdeckter Armut" versteht man den Anteil der Menschen, die zwar Anspruch auf Grundsicherung wie Hartz IV hätten, diesen Anspruch aber aus Unwissenheit, Scham oder anderen Gründen nicht wahrnehmen. Nach Schätzungen sind das rund 40 Prozent aller Anspruchsberechtigten – und diese in "verdeckter Armut" lebenden Menschen, fließen in die Berechnung des Regelsatzes bisher nicht mit ein. Allein diese eine Änderung der Berechnungsmethode würde den Regelsatz um 12 Euro pro Monat erhöhen.

Buntenbach: Regelsatz künstlich runtergerechnet

"Die Studie zeigt, dass als allererstes eine Erhöhung der Regelsätze da dringend nötig ist, wo heute verdeckt Arme mit zur Berechnung des Existenzminimums herangezogen werden. Dabei ist in diesem Fall eindeutig, dass darüber lediglich die Regelsätze künstlich runtergerechnet werden. Das kann und muss sofort geändert werden", sagt dazu DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Immer noch kein transparentes Berechnungsverfahren

"Die Betroffenen brauchen klare Berechnungsgrundlagen und angemessen hohe Regelsätze", so Buntenbach weiter. "Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einem transparenten Verfahren muss endlich umgesetzt werden. Die Ermittlung des Existenzminimums sollte in einer Kommission aus Wissenschaft und Praxis erfolgen, die der Politik entsprechend begründet einen armutsfesten Regelsatz vorschlägt. Es kann nicht sein, dass Betroffene auf besondere Klage- oder Antragswege verwiesen werden, wenn sie ihr Existenzminimum durchsetzen wollen. Letztlich werden diese Wege in vielen Fällen nicht beschritten oder nicht durchgehalten."

Grafik Hans-Böckler-Stiftung Hartz IV Regelsätze


FAZ: "Benachteiligte Arbeitslose - Studie: Hartz-IV-Satz liegt 45 Euro zu niedrig"

Download: Link zur Studie "Der Einfluss verdeckter Armut auf das Grundsicherungsniveau"

Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung zur Studie


Nach oben

Weitere Themen

So­zi­al­part­ner: Ge­mein­sam für bes­se­re Bil­dungs­chan­cen
Portrait zwei fröhliche Grundschulerinnen
DGB/Dmitriy Shironosov/123rf.com
Der DGB und die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) fordern deutlich höhere Investitionen im Bildungsbereich. In einer gemeinsamen Stellungnahme setzen sie sich zudem für eine wirksame Strategie entlang der gesamten Bildungskette unter Einbindung der Sozialpartner ein.
Zur Pressemeldung

49-Eu­ro-Ticket reicht für Ver­kehrs­wen­de nicht aus
Grafiken von Bus und Bahn
DGB
Die Energiepreiskrise erhöht den Druck, endlich eine Verkehrswende umzusetzen, die sozial und ökologisch gerecht ist. Wichtig dafür ist ein gut ausgebauter und bezahlbarer öffentlicher Nahverkehr. Das entlastet nicht nur unseren Geldbeutel in der Inflation, sondern ist auch gut fürs Klima.
weiterlesen …

Ener­gie­preis­pau­scha­le: Al­les, was Sie jetzt wis­sen müs­sen
Eine Hand hält Euro-Geldscheine
DGB/Vladyslav Starozhylov/123RF.com
Von der Energiepreispauschale (EPP) 2022 profitierten alle Arbeitnehmer*innen. Das Geld wurde 2022 vom Arbeitgeber als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt, bei Selbstständigen wurde stattdessen die Steuer-Vorauszahlung gesenkt. Für Studierende gibt es 200 Euro ab März 2023! Wir beantworten Ihre Fragen rund um den Bonus.
weiterlesen …

Wohn­geld­rech­ner und In­fos rund ums neue Wohn­geld
Hellgrüne Icons von einem Hochhaus und einem Einfamilienhaus auf petrolfarbenem Hintergrund
DGB
Viele Menschen können kaum noch ihre Miete zahlen, obwohl sie ein regelmäßiges einkommen haben. Das neue Wohngeld Plus soll Abhilfe schaffen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
zur Webseite …

Was ist ein Ta­rif­ver­trag?
Demonstration: eine Gewerkschafterin hält das Logo der NGG in der Hand, in der Hintergrund rote IG-Metall-Fahnen
DGB/Hans-Christian Plambeck
Ein Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften – er regelt Rechte und Pflichten von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgebern. Dazu gehören Arbeitsbedingungen wie Löhne, Arbeitszeit und Urlaub. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen.
weiterlesen …

Was ha­ben Ge­werk­schaf­ten in der Kri­se für dich er­reicht?
Foto mit Farbfläche und echtgerecht-Logo. Auf dem Foto ist die DGB-Fahne im Vordergrund und viele Gewerkschaftsmitglieder demonstrierend im Hintergrund zu sehen.
DGB/Christian Plambeck
Die Welt ist im Krisen-Dauermodus: Energiekrise, Klimakrise, ein Krieg in Europa, hohe Inflation und die Auswirkungen der Corona-Pandemie bereiten allen Menschen Sorgen. Gewerkschaften stehen auf der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Welche Erfolge haben wir erreicht? Was bringt unser Einsatz in der Krise konkret für dich?
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …