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Die Politik rühmt kurz vor der Bundestagswahl ein „Reförmchen“ als großen Wurf. Dabei gilt es, keine Zeit zu verlieren: Es braucht einen grundlegenden Systemwandel, um gute Pflege für alle zu ermöglichen.
DGB/Alexander Raths/123RF.com
Die Situation in der Pflege ist längst unhaltbar. Für die Beschäftigten, die täglich schuften und zu schlecht bezahlt werden. Für die Pflegebedürftigen, deren Eigenanteile seit Jahren immer weiter ansteigen. Und die pflegenden Angehörigen, die sich zerreißen zwischen Job und Fürsorge.
Das „Reförmchen“ von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bringt keine echte Entlastung: Die Versicherungsleistungen werden auch in Zukunft die tatsächlichen Pflegekosten nicht decken. Auch für die Beschäftigten gibt es keine echte Verbesserung: Als Maßstab kann der niedrigste „Tariflohn“ registriert werden, der dann für das ganze Bundesland gilt. Hier ist Missbrauch durch private Träger, die mithilfe gelber „Gewerkschaften“ die Löhne drücken, Tür und Tor geöffnet.
Fakt ist: Die Pflegeversicherung ist massiv unterfinanziert und die Pflegebedürftigen werden weiterhin finanziell überfordert: Der Eigenanteil ist seit 2018 im Bundesdurchschnitt um rund 300 Euro auf 2068 Euro gestiegen – im Monat! Das können sich viele Pflegebedürftige nicht leisten und müssen mit Sozialleistungen aufstocken. Je länger gewartet wird, desto schwieriger wird es, eine zukunftsfähige Strukturreform in der Pflege zu schaffen.
Pflege muss solidarisch finanziert werden. Der DGB schlägt einen schrittweisen Systemwechsel hin zu einer Pflegebürgervollversicherung vor. In einem ersten Schritt müssten die Eigenanteile gedeckelt werden, in einem zweiten würde dann die Pflegekasse alle pflegerischen Kosten übernehmen. So würden Pflegebedürftige besser abgesichert und die Eigenanteile minimiert.
Dafür muss die Einnahmegrundlage verbreitert werden, indem alle einzahlen: auch Selbstständige, SpitzenverdienerInnen und BeamtInnen ab einem bestimmten Umstellungsstichtag. Alle Einkommen würden zur Beitragsbemessung herangezogen, um auch Vermögende stärker zu beteiligen – mit Freibeträgen wären das unter anderem auch Einnahmen aus Finanzgeschäften, Zinsen und Mieten. Ziel ist natürlich, niemanden finanziell zu überfordern, auch BeamtInnen dürfen keine Mehrbelastungen entstehen.
Wie bei der Krankenversicherung würden alle Pflegeleistungen übernommen, die aus dem Leistungskatalog ärztlich verordnet werden. Dafür würde der Beitrag zunächst um 0,2 Prozent steigen, langfristig nur um 0,25 Prozent im Vergleich zu heute. Wie in allen Sozialversicherungszweigen gilt: Versicherungsfremde Leistungen, die nicht direkt die Pflege betreffen – wie z.B. die Rentenversicherungsbeiträge der Pflegepersonen – müssen aus Steuermitteln gezahlt werden.
Der Eigenanteil für stationäre Pflege beträgt inzwischen durchschnittlich 2068 Euro – im Monat. Mehr als ein Drittel der HeimbewohnerInnen kann sich das nicht leisten. Dabei soll die Pflegeversicherung eigentlich verhindern, dass Pflegebedürftige auf Sozialhilfe angewiesen sind. DGB/einblick
Der DGB fordert weiterhin einen bundesweiten Tarifvertrag für die Pflegekräfte, der im Frühjahr 2021 am Widerstand der Caritas gescheitert ist. Nur mit einer solchen allgemeinverbindlichen tariflichen Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen kann dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegengewirkt werden. Auch für pflegende Angehörige braucht es dringend Verbesserungen: Sie müssen ihre Arbeitszeiten flexibler an die herausfordernde Situation der Pflege anpassen können.
Die Politik muss die Pflegeversicherung endlich so weiterentwickeln, dass sie die wachsenden Herausforderungen einer alternden Gesellschaft adäquat meistern kann. Das Armutsrisiko Pflegebedürftigkeit kann nur eine Pflegebürgervollversicherung wirksam verhindern, die sämtliche pflegerischen Leistungen übernimmt. Bereits 2022 droht die massive Unterfinanzierung der Pflegeversicherung bei gleichzeitiger Überforderung der pflegebedürftigen Menschen. Die Zeit zu handeln, ist jetzt!
eine Pflegekasse, die von allen für alle finanziert wird („Pflegebürgervollversicherung“)
Pflegekasse nicht plündern: versicherungsfremde Leistungen aus Steuermitteln zahlen
faire Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Pflege
einheitliche Personalvorgaben, die am Bedarf ausgerichtet sind
Pflege darf keine Geldmaschine sein: Renditen begrenzen
flexible Arbeitszeiten für pflegende Angehörige
Das DGB-Faktenblatt zur Guten Pflege und alle Infos zu Bundestagswahl gibt es auf: