Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es etliche Branchenmindestlöhne. Sie werden von Gewerkschaften und Arbeitgebern in einem Tarifvertrag ausgehandelt und von der Politik für allgemeinverbindlich erklärt. Wir geben eine Übersicht über alle Branchenmindestlöhne zum 01.01.2023 und beantworten die wichtigsten Fragen.
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Wie hoch sind die Branchenmindestlöhne 2023?
Branchenmindestlöhne gelten für alle Betriebe der Branche – auch für die, die nicht tarifgebunden sind. Aktuelle Branchenmindestlöhne im Überblick:
Ein Branchenmindestlohn ist eine verbindliche unterste Lohngrenze für eine Branche, die in Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt und anschließend für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Das Ergebnis der Tarifverhandlungen (also der entsprechende Tarifvertrag) kann durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam mit einem Ausschuss aus Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn dies die Tarifvertragsparteien (also Gewerkschaften und Arbeitgeber) gemeinsam beantragt haben.
Durch diese sogenannte Allgemeinverbindlicherklärung gilt der Tarifvertrag mit dem Branchenmindestlohn nicht nur in Unternehmen, die Mitglieder des Arbeitgeberverbandes sind, der den Tarifvertrag abgeschlossen hat. Ein allgemeinverbindlicher Branchenmindestlohn gilt für alle Beschäftigten in der entsprechenden Branche – ganz gleich, ob ihr Arbeitgeber einen Tarifvertrag abgeschlossen hat und tarifgebunden ist.
Der gesetzliche Mindestlohn wird in Deutschland durch das Mindestlohngesetz geregelt. Es ist ein allgemeiner, flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn und gilt als unterste Lohngrenze für alle Beschäftigten in Deutschland (mit bestimmten Ausnahmen; die Ausnahmen sind hier erklärt). Ein Branchenmindestlohn gilt nur für die Beschäftigten einer bestimmten Branche, für die er für allgemeinverbindlich erklärt wurde.
Wenn ein Branchenmindestlohn höher ist als der gesetzliche Mindestlohn, gilt für die Beschäftigten dieser entsprechenden Branche der Branchenmindestlohn. Kein Arbeitgeber dieser Branche darf in diesem Fall den allgemeinverbindlichen Branchenmindestlohn mit Hinweis auf den (niedrigeren) gesetzlichen Mindestlohn kürzen.
Nein. Die Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn (zum Beispiel für minderjährige Beschäftigte oder Langzeitarbeitslose) gelten nur für den vom Gesetzgeber beschlossenen Mindestlohn. Der gesetzliche Mindestlohn und die tariflich ausgehandelten Branchenmindestlöhne sind zwei Paar Schuhe. Was von den Tarifpartnern in den Branchenmindestlöhnen ausgehandelt wurde, hat auch weiterhin Bestand – unabhängig davon, welche Ausnahmen es für den gesetzlichen Mindestlohn gibt.
Selbstverständlich. Ein Branchenmindestlohn ist lediglich die in einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag festgelegte unterste Lohngrenze / unterste Lohngruppe. In der Regel sehen die Tarifverträge für eine Branche (z.B. je nach Qualifikation und Tätigkeit) weitere, höhere Lohngruppen/Entgeltgruppen vor. Wer die Voraussetzungen für diese höheren Lohngruppen/Entgeltgruppen erfüllt, der/dem stehen nach dem Tarifvertrag in der Regel auch diese höheren Löhne/Entgelte zu.
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Folgende Branchenmindestlöhne gelten (Stand 1. April 2023):
Der Branchenmindestlohn für die Berufliche Aus- und Weiterbildung steigt zum 1. Februar 2023 auf 17,87 Euro pro Stunde für Pädagogische Mitarbeiter*innen, bzw. 18,41 Euro für Pädagogische Mitarbeiter*innen mit Bachelorabschluss. Weitere Steigerungen folgen im jährlichen Abstand bis einschließlich 2026 jeweils zum 1. Januar.
Zum 1. Januar 2023 steigt der Branchenmindestlohn auf 13,30 Euro pro Stunde für ungelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, bzw. 14,80 Euro für Gesellinnen und Gesellen.
Der Branchenmindestlohn im Elektrohandwerk beträgt für alle Beschäftigten (soweit sie elektrotechnische und informationstechnische Tätigkeiten ausüben) im Jahr 2023 13,40 Euro. Zu diesen Tätigkeiten können z.B. gehören: Elektronikerinnen und Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik, Elektronikerinnen und Elektroniker für Informations- und Telekommunikationstechnik, Elektronikerinnen und Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik, Elektronikerinnen und Elektroniker Automatisierungstechnik, Geräte- und Systemtechnik, Bürosystemtechnik sowie Systemelektronikerinnen und Systemelektroniker.
Zum 1. Januar 2024 beträgt er 13,95 Euro pro Stunde.
Bislang gilt in der Fleischwirtschaft der gesetzliche Mindestlohn. Ab dem 1. Dezember 2023 greift der Branchenmindestlohn von 12,30 Euro pro Stunde.
Für die rund 700.000 Gebäudereinigerinnen und Gebäudereiniger gilt seit dem 1. Oktober 2022 für die Innen- und Unterhaltsreinigung ein Branchenmindestlohn von mindestens 13,00 Euro. Für die Glas- und Fassadenreinigung gibt es seit Oktober 2022 mindestens 16,20 Euro. Zum 1. Januar 2024 steigt der Mindestlohn in der Gebäudereinigung für die Innen- und Unterhaltsreinigung auf 13,50 Euro pro Stunde und für die Beschäftigten in der Glas- und Fassadenreinigung auf 16,70 Euro pro Stunde.
Seit Oktober 2022 bis inklusive September 2023 beträgt der Mindestlohn im Gerüstbauerhandwerk 12,85 Euro pro Stunde.
Für Beschäftigte in der Leiharbeitsbranche gilt ab 1. Januar 2023 eine Lohnuntergrenze von 12,43 Euro pro Stunde. Diese steigt zum 1. April 2023 auf 13,00 Euro pro Stunde und zum 1. Januar 2024 auf 13,50 Euro pro Stunde.
Der Branchenmindestlohn im Maler- und Lackiererhandwerk beträgt zurzeit 13,80 Euro pro Stunde für Gesellen und 11,40 Euro für ungelernte Arbeiter*innen.
Zum 1. April 2023 steigt der Mindestlohn für die Gesellen um 70 Cent auf 14,50 Euro, ein Jahr später um weitere 50 Cent auf dann 15 Euro. Für Helfer*innen klettert die Lohnuntergrenze am 1. April 2023 um 1,10 Euro auf 12,50 Euro und am 1. April 2024 ebenfalls um weitere 50 Cent auf 13 Euro pro Stunde. Die Allgemeinverbindlicherklärung wurde noch nicht erteilt.
Der Branchenmindestlohn in der Pflegebranche unterscheidet sich nach Tätigkeit und Ausbildung.
Die Branchenmindestlöhne in der Pflege betragen:
Von Januar 2021 bis einschließlich Dezember 2022 beträgt der Branchenmindestlohn im Schornsteinfegerhandwerk 13,80 pro Stunde.
Die Allgemeinverbindlichkeit der Branchenmindestlöhne für 2023 wurde beantragt, die AVE ist noch nicht erteilt.
Die Mindestentgelte für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen unterscheiden sich nach dem regionalen Geltungsbereich und der jeweiligen Ausbildung und Tätigkeitsbereich der Beschäftigten.
Für Mitarbeiter*innen mit entsprechender behördlicher Prüfung zur Luftsicherheitskontrollkraft beträgt der Mindestlohn in Baden-Württemberg, Bayern (München), Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein zum 1. Januar 2023 18,89 Euro pro Stunde und steigt zum 1. April 2023 auf 19,49 Euro pro Stunde. In allen anderen Städten und Gemeinden Bayerns gelten für diese Beschäftigten zum 1. Januar 2023 17,76 Euro pro Stunde und zum 1. April 2024 18,32 Euro pro Stunde. In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beträgt der Mindestlohn für diese Beschäftigtengruppe zum 1. Januar 2023 18,13 Euro pro Stunde und zum 1. April 2023 18,71 Euro pro Stunde.
Für Beschäftigte, die mit Sicherheitsdienstleistungen gemäß §§ 8, 9, 9a LuftSiG (z. B. Bordkartenkontrolle, Sicherung der Grenze zum sicherheitsempfindlichen Bereich gemäß § 8 LuftSiG gegen unberechtigten Zutritt, Flugzeugbewachung) mit Schulung gemäß DVO(EU) 2015/1998 (Ziffer 11.2.3.5) betraut sind, beträgt der Mindestlohn in Baden-Württemberg, Bayern (München), Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nord-rhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein zum 1. Januar 2023 17,19 Euro pro Stunde und steigt zum 1. April 2023 auf 17,84 Euro pro Stunde. Für diese Beschäftigte beträgt der Mindestlohn in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zum 1. Januar 2023 16,33 Euro pro Stunde und zum 1. April 2023 16,95 pro Stunde.
Für qualifizierte Servicetätigkeiten und Fluggastdienste, die eine luftsicherheitsspezifische gemäß DVO(EU) 2015/1998 und/oder eine flughafenspezifische Ausbildung von mindestens 25 Unterrichtseinheiten (à 45 Minuten) im Jahr voraussetzen, gilt bundesweit zum 1. Januar 2023 ein Mindestlohn von 13,91 Euro pro Stunde und zum 1. April 2023 von 14,46 Euro pro Stunde.
Steinmetz*innen- und Steinbildhauer*innen bekommen seit dem 1. August 2022 bis 30. September 2023 mindestens 13,35 Euro pro Stunde.
Alle Angaben ohne Gewähr.
Quelle: AVE-Verzeichnis Stand 01.04.2023 (bmas.de), Anlage 2 (bmas.de)
Weiterführende Informationen auf den Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales:
BMAS - Entsendung von Arbeitnehmern