Die Nachfrage ist groß, das Angebot klein: Wer in der Großstadt eine Wohnung sucht, hat schlechte Karten. Allein in Berlin fehlen 310.000 bezahlbare Wohnungen, bundesweit sind es fast zwei Millionen. Eine Studie zeigt, wo die Not am größten ist - und wer am stärksten davon betroffen ist.
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Wer braucht welche Wohnung? Wer kann wie viel Miete zahlen? Und wie viele Wohnungen stehen dafür zur Verfügung? Das sind die zentralen Fragen einer Studie, die von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde.
Für die Untersuchung haben Stadtsoziolgen der Humboldt-Universität Berlin und der Goethe-Universität Frankfurt die Einkommen von Großstadthaushalten mit dem lokalen Angebot an Mietwohnungen verglichen. Das Ergebnis: In den 77 deutschen Großstädten von Aachen bis Wuppertal fehlen mehr als 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen. Besonders groß ist die Not bei kleinen Wohnungen für Einpersonenhaushalte: Allein hier fehlen rund 1,4 Millionen günstige Apartments unter 45 Quadratmetern.
Kritisch ist die Situation vor allem in Städten, in denen viele Einkommensschwache leben oder in denen das Mietniveau sehr hoch ist. Zu ersteren zählen zum Beispiel Berlin, Leipzig und Dresden, zu letzteren unter anderem München, Stuttgart und Düsseldorf. Doch selbst in Städten, in denen die Lücke vergleichsweise gering ist, übersteigt die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum das Angebot bei weitem. Das gilt zum Beispiel für Moers, Wolfsburg, Koblenz oder Ulm.
Orientiert man sich an den Bundesländern, ergibt die Analyse folgendes Ranking:
Hans-Böckler-Stiftung
Eine umfangreiche Tabelle mit Daten zu allen 77 untersuchten Großstädten gibt es bei der Hans-Böckler-Stiftung.
In einer früheren Studie hat die Hans-Böckler-Stiftung ermittelt, dass vier von zehn Großstadthaushalten in Deutschland mindestens 30 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Bruttokaltmiete ausgeben - also für die Miete inklusive Nebenkosten, ohne Heizkosten. Alles, was einen Anteil von 30 Prozent übersteigt, gilt bei Experten als problematisch, da das auf Dauer zu einer finanziellen Überlastung führen kann.
Vor allem für die unteren Einkommensklassen ist diese Entwicklung kritisch. In sämtlichen Millionenstädten, aber auch in zahlreichen anderen Orten wie Freiburg, Stuttgart, Düsseldorf, Kiel, Bonn, Münster, Regensburg, Aachen oder Darmstadt haben maximal 40 Prozent der armutsgefährdeten Haushalte die Chance auf eine Wohnung, die sie sich leisten können. In gefragten Studentenstädten wie Freiburg, Regensburg, Münster oder Aachen ist es auch für Durchschnittsverdiener sehr schwer, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Generell die größten Probleme bei der Wohnungssuche haben Alleinstehende sowie Familien mit fünf Personen oder mehr.
Daran wird sich in nächster Zeit auch nichts ändern. Im Gegenteil: Die Versorgungslücke wird weiter wachsen, so die Prognose der Forscher. Zwar wird jetzt vielerorts vermehrt gebaut, doch in fast allen Großstädten sind die Mieten bei Neuvermietung höher als bei Bestandsmieten - und damit für viele unerschwinglich.
Damit sich die Situation ändert muss der soziale Wohnungsbau deutlich gestärkt werden, fordern die Autoren der Studie. Vor allem bei den Kleinwohnungen mit Nettokaltmieten von vier bis fünf Euro pro Quadratmeter müsse das Angebot massiv ausgebaut werden. Außerdem solle die Sozial- und Mietpreisbindung für bestehende Wohnungen ausgeweitet werden. Um das zu erreichen, könnten zum Beispiel öffentliche Träger Privatvermietern Wohnungen abkaufen.
Weitere Infos: Böckler Impuls 07/2018: Wohnungsmarkt - Unbezahlbare Mieten