Deutscher Gewerkschaftsbund

26.07.2016
Magazin für Beamtinnen und Beamte 07/08 2016

Zoll: Mehr Arbeit, zu wenig Personal

Warten auf die "Effizienzrendite"

Steuern einnehmen, organisierte Kriminalität bekämpfen und die Einhaltung des Mindestlohns überwachen: der Zoll hat viele Aufgaben, aber wenig Personal. 5.000 Stellen gelten derzeit als nicht besetzt. Ein Gespäch mit dem Zollbeamten Helmut Schmedemann über aktuelle Herausforderungen und die Akzeptanz bei der Bevölkerung.

Helmut Schmedemann.

privat

Der Zoll nimmt viele verschiedene Aufgaben wahr. Dazu gehören unter anderem: Steuern einnehmen, Warenverkehr über die Grenze überwachen, Betriebsprüfungen durchführen, Forderungen der Sozialversicherungen und eigene Steuerforderungen eintreiben, mit Zollfahndung und Spezialeinheiten organisierte Kriminalität bekämpfen und mit den Kontrolleinheiten Kontrollen durchführen.

Wir haben Helmut Schmedemann zu den aktuellen Herausforderungen beim Zoll befragt. Er ist Zollbeamter beim Hauptzollamt Hamburger Hafen, außerdem Vorsitzender der Bundesfachkommission Bundesfinanzverwaltung in ver.di und Mitglied im Hauptpersonalrat beim Bundesministerium der Finanzen.

Beamtenmagazin: 39.000 Beschäftigte setzen die vielfältigen Aufgaben des Zolls um. Derzeit gelten 5.000 Stellen als nicht besetzt. Zugleich ist Personal an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgeordnet. Wie steht es um die Personalausstattung des Zolls?

Helmut Schmedemann: Nach wie vor schwierig. Die Verstärkung für die Bundespolizei endet hoffentlich bis zum Herbst. Auch die Abordnungen an das BAMF laufen hoffentlich bald aus. Die zugestandenen zusätzlichen Stellen für neue Aufgaben wie die Mindestlohnkontrolle reichen kaum aus, die Altersabgänge in den „alten“ Aufgabenbereichen auszugleichen.

Beamtenmagazin: Eineinhalb Jahre nach Einführung des Mindestlohns gibt es noch immer Kritik, der Zoll würde dessen Einhaltung nicht streng genug kontrollieren. Welche Gründe gibt es dafür?

Helmut Schmedemann: Zum einen wurde die erste Einstellungsgruppe von circa 450 Leuten im Sommer 2015 komplett für die Verstärkung von BAMF und Bundespolizei eingesetzt. Zum anderen bedeutet die Einstellungsermächtigung für 1.400 weitere Kräfte in der Haushaltsplanung nicht kurzfristig 1.400 Zöllnerinnen und Zöllner mehr für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Das zieht sich über mindestens fünf Jahre.

Beamtenmagazin: Zum 1. Januar 2016 wurde die Generalzolldirektion in Bonn als Bundesoberbehörde neu gegründet. Die Bundesfinanzdirektionen als Mittelbehörden wurden aufgelöst. Welche Konsequenzen hatte und hat die Neuorganisation der Zollverwaltung für die Beschäftigten?

Helmut Schmedemann: In den örtlichen Behörden, den Hauptzollämtern und Zollfahndungsämtern erstmal nur mehr Arbeit. Bisher waren die Bundesfinanzdirektionen für die Einstellung der Nachwuchskräfte regional zuständig. Jetzt ist jedes Hauptzollamt für Einstellung und Ausbildung zuständig. Verstärkung gab es dafür kaum. Wir warten noch auf die angekündigte „Effizienzrendite“. Immerhin: Im ungeliebten Controlling wurden Stellen abgebaut.

Beamtenmagazin: Sind die Aufgaben des Zolls bekannt genug bei den Bürgerinnen und Bürgern und wie ausgeprägt ist die Akzeptanz für die Aufgaben?

Helmut Schmedemann: Ich glaube, dass der Zoll als Wirtschaftsverwaltung auch für die Ordnung in der Arbeitswelt zuständig ist, hat sich herumgesprochen. In Häfen und Flughäfen kommt es schon mal zu Verwechslungen mit der Polizei. Die Akzeptanz hängt jeweils von der persönlichen Betroffenheit ab. Wer lässt sich schon gern kontrollieren? Es kommt beim Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern – wie in anderen Behörden auch – auch mal zu problematischen Situationen bis hin zu Bedrohungen. Sorgen machen mir Konflikte mit den sogenannten Reichsbürgern.


Nach oben

Weitere Themen

1. Mai 2024: Mehr Lohn, mehr Frei­zeit, mehr Si­cher­heit
1. Mai 2024. Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
DGB
Tag der Arbeit, Maifeiertag, Kampftag der Arbeiterbewegung: Am 1. Mai 2024 haben DGB und Gewerkschaften zu bundesweiten Kundgebungen aufgerufen. 330.000 Menschen waren bei 450 Veranstaltungen dabei. Unser Motto in diesem Jahr: "Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit".
weiterlesen …

#Ta­rif­wen­de: Jetz­t!
Infografik mit Kampagnenclaim "Eintreten für die Tarifwende" auf roten Untergrund mit weißen Pfeil, der leicht nach oben zeigt.
DGB
Immer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
weiterlesen …

Die ge­setz­li­che Ren­te gibt Si­cher­heit
Frau hält Tafel mit Schriftzug "Rente"
DGB/Bjoern Wylezich/123rf.com
Die gesetzliche Rente gibt den Beschäftigten Sicherheit. Deswegen begrüßt der DGB die Entscheidung der Bundesregierung, das Rentenniveau bis 2039 festzuschreiben. Die Deckelung der Rentenzuschüsse sowie die Aktienrente sieht der DGB kritisch.
weiterlesen …

Der So­zi­al­staat schützt Be­schäf­tig­te: Kei­ne Kür­zun­gen, kei­ne Ein­schnit­te
Zwei Miniaturfiguren Bauarbeiter und mehrere Stapel Münzen
DGB/Hyejin Kang/123rf.com
Bei Krankheit, im Alter, bei Arbeitslosigkeit: Die Sozialversicherungen sind ein Sicherheitsnetz für Beschäftigte. Den Sozialstaat abzubauen, um die Wirtschaft anzukurbeln, ist der völlig falsche Weg. Menschen brauchen nicht weniger, sondern mehr Schutz in der Arbeitswelt – gerade jetzt.
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …