Steuern einnehmen, organisierte Kriminalität bekämpfen und die Einhaltung des Mindestlohns überwachen: der Zoll hat viele Aufgaben, aber wenig Personal. 5.000 Stellen gelten derzeit als nicht besetzt. Ein Gespäch mit dem Zollbeamten Helmut Schmedemann über aktuelle Herausforderungen und die Akzeptanz bei der Bevölkerung.
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Der Zoll nimmt viele verschiedene Aufgaben wahr. Dazu gehören unter anderem: Steuern einnehmen, Warenverkehr über die Grenze überwachen, Betriebsprüfungen durchführen, Forderungen der Sozialversicherungen und eigene Steuerforderungen eintreiben, mit Zollfahndung und Spezialeinheiten organisierte Kriminalität bekämpfen und mit den Kontrolleinheiten Kontrollen durchführen.
Wir haben Helmut Schmedemann zu den aktuellen Herausforderungen beim Zoll befragt. Er ist Zollbeamter beim Hauptzollamt Hamburger Hafen, außerdem Vorsitzender der Bundesfachkommission Bundesfinanzverwaltung in ver.di und Mitglied im Hauptpersonalrat beim Bundesministerium der Finanzen.
Beamtenmagazin: 39.000 Beschäftigte setzen die vielfältigen Aufgaben des Zolls um. Derzeit gelten 5.000 Stellen als nicht besetzt. Zugleich ist Personal an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgeordnet. Wie steht es um die Personalausstattung des Zolls?
Helmut Schmedemann: Nach wie vor schwierig. Die Verstärkung für die Bundespolizei endet hoffentlich bis zum Herbst. Auch die Abordnungen an das BAMF laufen hoffentlich bald aus. Die zugestandenen zusätzlichen Stellen für neue Aufgaben wie die Mindestlohnkontrolle reichen kaum aus, die Altersabgänge in den „alten“ Aufgabenbereichen auszugleichen.
Beamtenmagazin: Eineinhalb Jahre nach Einführung des Mindestlohns gibt es noch immer Kritik, der Zoll würde dessen Einhaltung nicht streng genug kontrollieren. Welche Gründe gibt es dafür?
Helmut Schmedemann: Zum einen wurde die erste Einstellungsgruppe von circa 450 Leuten im Sommer 2015 komplett für die Verstärkung von BAMF und Bundespolizei eingesetzt. Zum anderen bedeutet die Einstellungsermächtigung für 1.400 weitere Kräfte in der Haushaltsplanung nicht kurzfristig 1.400 Zöllnerinnen und Zöllner mehr für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Das zieht sich über mindestens fünf Jahre.
Beamtenmagazin: Zum 1. Januar 2016 wurde die Generalzolldirektion in Bonn als Bundesoberbehörde neu gegründet. Die Bundesfinanzdirektionen als Mittelbehörden wurden aufgelöst. Welche Konsequenzen hatte und hat die Neuorganisation der Zollverwaltung für die Beschäftigten?
Helmut Schmedemann: In den örtlichen Behörden, den Hauptzollämtern und Zollfahndungsämtern erstmal nur mehr Arbeit. Bisher waren die Bundesfinanzdirektionen für die Einstellung der Nachwuchskräfte regional zuständig. Jetzt ist jedes Hauptzollamt für Einstellung und Ausbildung zuständig. Verstärkung gab es dafür kaum. Wir warten noch auf die angekündigte „Effizienzrendite“. Immerhin: Im ungeliebten Controlling wurden Stellen abgebaut.
Beamtenmagazin: Sind die Aufgaben des Zolls bekannt genug bei den Bürgerinnen und Bürgern und wie ausgeprägt ist die Akzeptanz für die Aufgaben?
Helmut Schmedemann: Ich glaube, dass der Zoll als Wirtschaftsverwaltung auch für die Ordnung in der Arbeitswelt zuständig ist, hat sich herumgesprochen. In Häfen und Flughäfen kommt es schon mal zu Verwechslungen mit der Polizei. Die Akzeptanz hängt jeweils von der persönlichen Betroffenheit ab. Wer lässt sich schon gern kontrollieren? Es kommt beim Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern – wie in anderen Behörden auch – auch mal zu problematischen Situationen bis hin zu Bedrohungen. Sorgen machen mir Konflikte mit den sogenannten Reichsbürgern.