Mitbestimmung ist gut für die Wirtschaft und ein Standortvorteil für Deutschland. Trotzdem werden laut Berechnungen der Hans-Böckler-Stiftung mehr als 800.000 Beschäftigte mit juristischen Tricks um ihre Mitbestimmungsrechte gebracht. Das ist ein Skandal, sagt DGB-Chef Reiner Hoffmann – und macht dafür auch die Politik verantwortlich.
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Zahlreiche Unternehmen umgehen die Mitbestimmung und gefährden damit ein Erfolgsmodell: Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Danach werden mehr als 800.000 Beschäftigte in Großkonzernen um die paritätische Mitwirkung im Aufsichtsrat gebracht. Die Unternehmen nutzen dafür Gesetzeslücken – oder sie umgehen die bestehenden Gesetze. Konsequenzen müssen sie nicht fürchten: Die Vorschriften sehen keine Sanktionen vor. Illegale Praktiken bleiben oft folgenlos.
DGB-Chef Reiner Hoffmann fordert deshalb die Politik auf, bestehende Regelungslücken endlich zu schließen: „In einer zunehmend europäischen und globalen Wirtschaft müssen Gesetze mithalten. Die Mitbestimmung muss reformiert und modernisiert werden. Die Stärke der deutschen Wirtschaft beruht ganz wesentlich darauf, dass Arbeitnehmer ihr Wissen und ihr Engagement in die Unternehmenspolitik einbringen. Umso mehr ist es ein Skandal, dass so viele Unternehmen tief in die juristische Trickkiste greifen, um die Unternehmensmitbestimmung zu vermeiden. Solche Unternehmen entziehen sich ihrer gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung.“
Besonders problematisch ist die Situation im Einzelhandel, so die Autoren der Studie. Dort gibt es mittlerweile mehr mitbestimmungsfreie als paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten – obwohl das Gesetz für Kapitalgesellschaften dieser Größenordnung Mitbestimmung explizit vorsieht. Zu den 21 Einzelhandelskonzernen, die sich dem über Gesetzeslücken entziehen, gehören unter anderem Aldi, Norma, Edeka, C&A, Zara, Bauhaus, Zalando und Deichmann. Allein im Inland werden so rund 400.000 Arbeitnehmer von der Mitwirkung im Aufsichtsrat ausgeschlossen.
Weitere Infos zur Studie: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung