Deutscher Gewerkschaftsbund

08.12.2021
Das Tarifergebnis steht

Wie geht es mit der Besoldung weiter?

Geschäftsmann mit einem Kompass in der Hand

Kompass in Hand eines Mannes DGB / ipopba - 123rf.com

Am 29. November einigten sich ver.di, die zugleich stellvertretend für GdP, GEW und IG BAU verhandelt, sowie dbb Beamtenbund und Tarifunion mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) unter Vorsitz von Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) auf einen Tarifabschluss für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder. Das Ergebnis: eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 1.300 Euro, die bis März 2022 ausgezahlt wird, sowie eine Erhöhung der Tabellenentgelte um 2,8 Prozent zum 01.12.2022. Zudem werden Zulagen im Gesundheitswesen zum 01.01.2022 angehoben. Der Tarifabschluss hat eine Laufzeit von 24 Monaten, die am 1. Oktober 2021 beginnt. Das Tarifergebnis gilt für 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte in den Ländern (außer Hessen). Es ist aber auch bedeutend für die 1,2 Millionen Beamt:innen und Richter:innen der Länder und knapp 176.000 Beamt:innen in den Kommunen sowie für die Versorgungsempfänger:innen. Für sie fordern der DGB und die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes eine zeit- und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses sowie eine Lösung für die Versorgungsempfänger:innen, die die Corona-Sonderzahlung nach jetzigem Stand nicht erhalten werden. Wie es um die Besoldung der Beamt:innen vor den bevorstehenden Besoldungsrunden in den Ländern bestellt ist, zeigen wir im DGB Besoldungsreport 2021.

Besoldungslücke besteht fort
Der Grundsatz „Besoldung folgt Tarif“ ist elementar für die Teilhabe der Beamt:innen an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Beamt:innen können keine Verhandlungen über ihre Besoldung führen und nicht mit Streiks drohen. Deshalb ist das Prinzip „Besoldung folgt Tarif“ so wichtig. Es ist auch wichtig für eine einheitliche Bezahlung. Das zeigt der DGB Besoldungsreport, der die Jahresbruttobesoldung in 2021 beispielhaft für drei Besoldungsgruppen berechnet hat.

Noch immer werden Beamt:innen in Deutschland trotz gleicher Tätigkeit unterschiedlich besoldet. Zwar wird die Kluft kleiner, sie ist aber weiterhin unübersehbar. So fällt die jährliche Besoldung eines rheinland-pfälzischen Studienrats (Eingangsstufe A 13) 2021 gut 9.500 Euro geringer aus als die seiner Kollegin in Bayern. Und eine saarländische Steuerinspektorin (Eingangsstufe A 9) muss sich mit fast 3.500 Euro jährlich weniger zufrieden geben, als ihr Kollege in Bayern.

Ausgangspunkt für die Unterschiede bei der Besoldung ist die Föderalismusreform I im Jahr 2006, seit der die Gesetzgebungskompetenz für viele Bereiche des Beamtenrechts für die Landesbeamt:innen bei den Ländern liegt. Zurückliegende Sparrunden in den Ländern führten zu einem Auseinanderdriften der Besoldung. Das bedeutet, dass die Besoldungsanpassungen, die sich an die Tarifrunde für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes bzw. der Länder anschließen, an unterschiedlichen Besoldungshöhen anknüpfen. Die ungleiche Bezahlung setzt sich ohne Aufholmaßnahmen der Schlusslichter fort.

Grafik: A 9-Jahresbruttobesoldung 2021 (Eingangsstufe), in Euro

DGB / Besoldungsreport 2021

Unterschiedliches Leistungsniveau infolge der Besoldungsunterschiede?
Mit Prof. Dr. Andreas Voßkuhle kommt im diesjährigen Report der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts zu Wort, der als Vorsitzender des Zweiten Senats an wegweisenden Entscheidungen zur amtsangemessenen Besoldung von Beamt:innen beteiligt war. Auch ihn treiben die großen Besoldungsunterschiede zwischen den Ländern um. „Sie werden mittelfristig zu einem unterschiedlichen Leistungsniveau innerhalb der Verwaltung und der Justiz führen. Die guten Leute gehen dahin, wo am meisten bezahlt wird“, so Voßkuhle.

Besoldungspolitik im Reparaturmodus
Die Besoldungslücke schrumpft in kleinen Schritten. Zurückzuführen ist das darauf, dass Länder gezielt in ihre Besoldungstabellen eingreifen. Schleswig-Holstein hob zum 1. Januar zusätzlich zur regulären Anpassung in der Besoldungsordnung A sowie in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 die Grundgehaltssätze in der jeweils ersten Stufe um 3,0 Prozent, die Grundgehaltssätze der jeweils zweiten Stufe um 2,0 Prozent und die Grundgehaltssätze der jeweils dritten Stufe um 1,0 Prozent an. Berlin setzte mit einer Besoldungserhöhung um 2,5 Prozent zum 1. Januar – statt wie die Mehrzahl der anderen Länder um 1,4 Prozent – seine Aufholjagd fort. Und dann ist da noch die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Alimentation, die zweifellos erhebliche Bewegung in die Besoldungspolitik von Bund und Ländern bringt. Berlin strich die Besoldungsgruppe A 4, auch Sachsen hat das vor. Thüringen strich in den Besoldungsgruppen A 6 und A 7 jeweils die Erfahrungsstufe 1. Zudem haben einige Länder den Familienzuschlag ab dem dritten Kind deutlich angehoben, manche auch für das erste und zweite Kind. Schleswig-Holstein und Sachsen wollen zudem die Beihilfebemessungssätze für Angehörige anheben.

Verfassungsmäße Alimentation quo vadis?
Die unterschiedlichen Vorgehensweisen führen zu einer bislang unbekannten Maßnahmenvielfalt in der bundesweiten Besoldungspolitik und es stellt sich die Frage, nach dem „richtigen“ Weg. Wie kann eine verfassungsgemäße Alimentation sicher gestellt werden, ohne dass Beamt:innen eine solche immer wieder einklagen müssen? Für DGB-Vize Elke Hannack ist die seit 2015 ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Alimentation ein Armutszeugnis für die Besoldungspolitik der Gesetzgeber: „Das Bundesverfassungsgericht ist inzwischen eine Art Ersatzbesoldungsgesetzgeber. Wenn die Unzulänglichkeiten nicht beseitigt werden, sind weitere Verfahren beim Verfassungsgericht absehbar. Die notwendigen Reparaturmaßnahmen kosten Geld und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem die öffentlichen Kassen ohnehin durch Corona stark belastet sind. Dennoch darf es jetzt kein Rollback und erneut ungerechtfertigte Sparrunden auf Kosten der Beamtinnen und Beamten geben.“ Zahlreiche Länder wollen die neueren Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Anschluss an die Tarifverhandlungen mit den anstehenden Besoldungsanpassungsgesetzen umsetzen. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften des öffentlichen Dienstes werden darauf achten, dass dies nicht auf Kosten der Übertragung des Tarifergebnisses geschieht.


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