Deutscher Gewerkschaftsbund

21.07.2016
klartext 29/2016

Industrie: Jedem Roboter seine Steuernummer?

Mit einer Robotersteuer könnte künftig die Arbeit von Maschinen besteuert werden. Im Newsletter klartext kritisiert der DGB solche Vorschläge: Kleinere Industrieunternehmen würden durch solche Abgaben stärker belastet als Softwareriesen wie SAP oder Microsoft. Eine solche Steuer träfe damit die Falschen.

Industrieroboter

Roboter sind in zahlreichen Industrieunternehmen im Einsatz. colourbox

Frank Appel, Chef der Deutschen Post AG, dachte kürzlich in einem Interview laut nach: Anstatt auf die von Menschen geleistete Arbeit Umsatzsteuer zu erheben, könnte doch auch die Arbeit von Robotern besteuert werden. Obwohl er einräumte, dass sein Vorschlag noch durchdacht werden müsste, erfuhr er damit dennoch ein breites Medienecho.

Maschinensteuer ist keine neue Idee

Dabei ist diese Idee weder neu noch sonderlich originell. Schon in der Vergangenheit wurden ähnliche Forderungen nach einer Maschinensteuer oder einer Wertschöpfungsabgabe erhoben. Die Befürworter versprachen, damit die Ausfälle von Lohnsteuern oder Sozialabgaben in Folge der Automatisierung kompensieren zu können. Außerdem sollten so die Nutznießer hoher Produktivitätsgewinne stärker an der Finanzierung der mit dem technischen Wandel einhergehenden sozialen Kosten beteiligt werden. Dass diese Ideen bis heute nicht den Weg in die Steuergesetze geschafft haben, dürfte nicht nur am politischen Unwillen liegen (dem in der Tat manch kluger Vorschlag zum Opfer fällt).

Vergleich 1965 und 2015: Anteil verschiedener Steuern am Steueraufkommen (in Prozent)

DGB

Kleinere Industrieunternehmen würden besonders belastet

Vielmehr dürfte dies auch daran liegen, dass bei näherer Betrachtung die Umsetzung nicht die erhofften Wirkungen zeitigt. Dies zeigt etwa ein Vergleich zwischen Softwarekonzernen wie SAP oder Microsoft mit weit weniger profitträchtigen Industrieunternehmen. Während die Softwarehäuser, die zweifellos Gewinner der zunehmend digitalisierten Wirtschaft sind, selbst nur relativ wenig computerisierte Anlagen benötigen, kann das schon in kleineren Industrieunternehmen ganz anders aussehen. Fehlt es letzteren aber an der entsprechenden Marktmacht, so gehen die Produktivitätsgewinne als niedrige Preise letztlich an Großkunden. Würden sie überdies noch die Robotersteuer zahlen müssen, träfe das sicherlich die Falschen.

Diskussion um Robotersteuer lenkt von wahren Herausforderungen ab

Wie alle anderen Gewinne auch, so sollten Produktivitätsgewinne daher nicht dort besteuert werden, wo ihre Entstehung zu vermuten ist, sondern dort, wo sie als Unternehmensgewinne, Kapitaleinkünfte und Vermögen in Euro und Cent tatsächlich zu Buche schlagen. Anstatt jedem Roboter eine Steuernummer aufzukleben und Spekulationen über seine Wertschöpfung anzustellen, bedarf es vielmehr einer verteilungsgerechten Reform jener Steuern, die einen starken Bezug zu Gewinnen und Vermögen haben. Diese wurden nämlich im Laufe der Zeit immer weniger zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen, während der Staat immer stärker durch die Lohn- und Umsatzsteuer getragen wird. Auch außerhalb der Steuerpolitik lenkt die Robotersteuer von den wahren Herausforderungen ab. Den rasanten Wandel der Arbeitswelt gilt es durch mehr Investitionen in die Bildung, die menschengerechte Gestaltung der Arbeitswelt und den Ausbau der Mitbestimmung zu gestalten.


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