Relativ geräuschlos hat das Bundeskabinett am 21. Mai 2008 das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs beschlossen. Der Bundesrat hat am 4. Juli Stellung genommen. Das „Magazin für Beamtinnen und Beamte“ hat die zuständige Justizministerin Brigitte Zypries nach der Bedeutung der Strukturreform für Beamtinnen und Beamte gefragt.
Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz.
Beamtenmagazin: Was würde sich durch den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf im Fall einer Scheidung für Beamtinnen und Beamte ändern?
Brigitte Zypries: Der Versorgungsausgleich hat die Aufgabe, die von den Eheleuten in der Ehe erwirtschafteten Ansprüche auf Altersversorgung gerecht zwischen ihnen aufzuteilen. Das bisherige Recht kann die verfassungsrechtlich gebotene Halbteilung aber nicht mehr gewährleisten. Mit der Reform wollen wir dafür sorgen, dass es künftig gerecht zugeht und der Ausgleich schon bei der Scheidung möglichst abschließend erfolgt. Außerdem soll die praktische Umsetzung einfacher werden.
Deshalb soll künftig jedes Anrecht auf eine Versorgung – also beispielsweise auch aus einer privaten Altersvorsorge oder einer Betriebsrente – grundsätzlich im jeweiligen Versorgungssystem geteilt werden. Wir verabschieden uns damit vom Ausgleich über die gesetzliche Rentenversicherung. Der große Vorteil hierbei ist, dass die höchst unterschiedlichen Versorgungen nicht mehr vergleichbar gemacht werden müssen und dass insbesondere auch Betriebsrenten und Privatrenten bei der Scheidung vollständig ausgeglichen werden können.
Dieses neue System soll auch für Beamtinnen und Beamte des Bundes sowie für Soldatinnen und Soldaten eingeführt werden.
Wie regelt der Entwurf den Versorgungsausgleich zwischen Eheleuten, die unterschiedlichen Versorgungssystemen angehören?
Das ist im Prinzip ganz einfach: Jeder Ehegatte erhält die Hälfte des in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechts aus dem Versorgungssystem des jeweils anderen. Nehmen wir beispielsweise den Ausgleich eines Angestellten in der Privatwirtschaft, der mit einer Bundesbeamtin verheiratet war. Kommt es zur Scheidung, so erhält die Beamtin die Hälfte der in der Ehe erworbenen gesetzlichen Rente und die Hälfte der Betriebsrente des Mannes. Der Ehemann wiederum bekommt einen Anspruch auf die Hälfte des Pensionsanspruchs seiner Frau. Diese Aufteilung ist gerecht. Sie vermeidet etwaige Wertverzerrungen, die sich bisher dadurch ergeben haben, dass jedes Anrecht in einen gesetzlichen Rentenanspruch umgerechnet werden musste.
Das neue System hat noch einen weiteren Vorteil: Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich sind viel leichter möglich als bisher. So können im genannten Beispiel die Eheleute vereinbaren, dass die Frau ihre Beamtenpension und der Mann seine Betriebsrente behält und ein möglicher Wertunterschied mit dem Zugewinnausgleich verrechnet wird. Dann muss nur noch die gesetzliche Rente des Mannes geteilt werden. Bisher waren solche Vereinbarungen kaum möglich und scheiterten außerdem oft schon daran, dass das komplizierte Recht selbst von Anwälten und Notaren kaum noch verstanden wurde.
Der Bundesrat hat mit Hinweis auf die Föderalismusreform verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Vorschlag der Bundesregierung erhoben. Halten Sie diese Einwände für berechtigt?
Nein, schon deshalb nicht, weil die Bundesländer den bisher praktizierten Ausgleich von Beamtenversorgungen über die gesetzliche Rentenversicherung beibehalten (so genanntes „Quasisplitting“). Ich gehe aber davon aus, dass sich das neue System der anrechtsbezogenen internen Teilung auch für Landes- und Kommunalbeamte durchsetzen wird – spätestens dann, wenn die Praxis Erfahrungen mit dem reformierten Recht gesammelt hat.
Der Bundesrat hat zudem auf praktische Probleme hingewiesen, die z. B. bei einem Dienstherrenwechsel auftreten können. Wie wird die Bundesregierung diese Argumente im weiteren Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen?
Natürlich wird sich die Bundesregierung, wie schon bei der Vorbereitung des Entwurfs, mit diesen Argumenten auseinandersetzen. Das gebietet schon eine seriöse Folgenabschätzung, die wir in der Gesetzgebung immer zu leisten haben. Wegen der Föderalismusreform besteht bei einem Dienstherrenwechsel ohnehin Handlungsbedarf. Die Fragen, die sich daneben für den Versorgungsausgleich ergeben, werden wir in der Folge zu beantworten haben. Der Dienstherrenwechsel ist aber kein zentrales Problem. Entscheidend ist vielmehr, dass der Grundsatz der internen Teilung auch bei Beamtenversorgungen zu gerechten Ergebnissen führt – und zwar für beide Eheleute, denn alle Anrechte nehmen bei einer internen Teilung gleichermaßen an der künftigen Wertentwicklung des jeweiligen Versorgungssystems teil, mit allen Chancen und Risiken.