Deutscher Gewerkschaftsbund

25.03.2021
klartext 11/2021

Nachtragshaushalt: Wer jetzt spart, verspielt die Zukunft!

240 Milliarden Euro neue Schulden will die Bundesregierung dieses Jahr machen, um die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen und die wirtschaftlichen Folgen abzumildern. Warum das kein Grund zur Sorge, sondern dringend notwendig ist, welche Rolle Investitionen und Schuldenbremse dabei spielen und was wir beim Krisenmanagement von den USA lernen können, beschreibt der DGB-klartext.

500-Euro-Scheine werden gedruckt

DGB/deltaart/123rf.com

Warum eine höhere Neuverschuldung kein Problem ist...

Am Mittwoch hat das Bundeskabinett einen Nachtragshaushalt für 2021 gebilligt. Die Neuverschuldung des Bundes wird demnach noch einmal deutlich höher ausfallen als bislang erwartet. Sie steigt auf 240,2 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Auch für das nächste Jahr rechnet das Bundesfinanzministerium mit neuen Schulden in Höhe von 81,5 Milliarden Euro. Die Schuldenbremse soll auch in 2022 wieder ausgesetzt werden.

Diese Entwicklung war zu erwarten und stellt kein großes Problem dar: Die Zinsen sind so niedrig, dass die Verschuldung dem Staat praktisch nichts kosten wird. Der Schuldenstand steigt insgesamt nur auf ein moderates Niveau von schätzungsweise 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das ist wenig im Vergleich zu anderen Ländern und zu der Zeit der Finanzkrise 2010, als die Schuldenquote bei mehr als 82 Prozent des BIP lag.

... und Mittelmaß nicht reicht

Trotzdem kam sofort der Aufschrei vom so genannten Bund der Steuerzahler über angeblich unnötige Ausgaben und Schulden. Der haushaltspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Eckhardt Rehberg, ist sich nicht zu schade, mitten in der größten Nachkriegskrise „Maß und Mitte“ bei den Staatsausgaben anzumahnen.

Um die Pandemie zu besiegen und die wirtschaftlichen Auswirkungen zu überwinden, braucht es aber eben gerade kein Mittelmaß, sondern massives Gegensteuern. Wie das gehen kann, zeigen die USA: Dort wurde gerade ein kreditfinanziertes Konjunktur- und Hilfspaket in Höhe von 1.900 Milliarden Dollar auf den Weg gebracht – für eine Beschleunigung von Impfungen und Corona-Tests, für bessere Bildung, Kommunen und eine Stärkung des privaten Konsums.

USA beim Krisenmanagement vorn

In Sachen Krisenbekämpfung haben die USA die EU mittlerweile deutlich hinter sich gelassen. Wie die Industrieländer-Organisation OECD jüngst aufzeigte, traut sich die US-Regierung viel mehr kreditfinanziert gegenzusteuern als die Europäer. Entsprechend wird die Wirtschaftsleistung der USA nächstes Jahr schätzungsweise bereits sechs Prozent über dem Niveau von 2019 liegen. Im Euroraum und in Deutschland soll sie das Vorkrisenniveau nur um ein Prozent übertreffen.

Säulendiagramm: Fiskalpolitische Impulse gegen die Corona-Krise

DGB, Quelle: OECD

Neues Investitionsprogramm statt alter Schuldenbremse

Der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman schrieb letzte Woche in der New York Times, europäische Politikerinnen und Politiker fürchteten die falschen Risiken: Sie hätten sich etwa fälschlicherweise davor gefürchtet, zu viel Geld für zunächst unbekannte Impfstoffe auszugeben und deshalb den Beschaffungsprozess in die Länge gezogen. In einer Gesundheitskrise dürfe man aber nicht jeden Cent zweimal umdrehen, so Krugman.

Tatsächlich gilt: Wer am falschen Ende spart, verspielt die Zukunft. Die Corona-Schulden in Deutschland sollten deshalb nicht zu schnell getilgt werden, die veraltete Schuldenbremse auch nach 2022 nicht wieder in Kraft treten. Stattdessen sollte ein groß angelegtes Investitionsprogramm in Bildung, flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet, mehr Ladesäulen für die Elektromobilität und vieles mehr aufgelegt werden. Um notwendiges zusätzliches öffentliches Personal einzustellen und kleine und mittlere Einkommen zu entlasten, sollten die Steuern für Toppverdiener und Vermögende angehoben werden – auch das ist in den USA bereits geplant.


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