In seiner heutigen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) sich mit Unterbrechenszeiträumen in einem dreimonatigen Praktikumsverhältnis befasst. In der Pressemitteilung des BAG heißt es, dass Praktikantinnen und Praktikanten keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben, wenn sie das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten und es eine Dauer von drei Monaten nicht übersteigt. Das ändere sich auch dann nicht, wenn der dreimonatige Praktikumszeitraum unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechenszeit verlängert wird.
DGB/Simone M. Neumann
Die Praktikantin einer auf Dressursport ausgerichteten Reitanlage in Nordrhein-Westfalen klagte auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für das absolvierte Praktikum. Tätig war sie dort länger als die vorgesehenen drei Monate aufgrund von zwei Unterbrechungen. Der Betreiber der Reitanlage und die Praktikantin hatten sich vor Beginn des Praktikumsverhältnisses darauf verständigt, dass über Weihnachten und Silvester ein schon länger geplanter Familienurlaub durch die Praktikantin wahrgenommen werden kann. Dazu kamen noch vier Tage Erkrankung. Das Praktikum wurde mit dem Ziel einer möglichen späteren Ausbildung zur Pferdwirtin begonnen und zweimal in dem für drei Monate vorgesehenen Praktikum verlängert. Die beiden Unterbrechungen wurden an den Dreimonatszeitraum angehängt.
Das Bundesarbeitsgericht hatte daher unter anderem zu entscheiden, ob eine Aufteilung eines insgesamt für drei Monate andauernden Praktikums nach § 22 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 Mindestlohngesetz in einzelne Abschnitte möglich ist. Und ob zudem ein unvorhergesehenes Fernbleiben aufgrund einer kurzzeitigen Erkrankung als eine solche Unterbrechung angesehen werden kann, um deren Dauer das Praktikum verlängert werden kann. Das Bundesarbeitsgericht stellte nun fest, dass ein Praktikum „aus Gründen in der Person des Praktikanten/der Praktikantin rechtlich oder tatsächlich unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird.“
In Zukunft wird man sich nun immer mit der Frage beschäftigten müssen, wann ein Grund in der Person des Praktikanten rechtlich oder tatsächlich vorliegt und ob ein sachlicher und zeitlichen Zusammenhang besteht. Deutlich wird durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts jedenfalls, dass die in § 22 Absatz 2 Satz 2 Mindestlohngesetz geregelten Ausnahmen für Praktikantinnen und Praktikanten stark von Auslegung und dem konkreten Einzelfall geprägt sind. Das Bundesarbeitsgericht hat damit die Voraussetzungen, wann im Rahmen eines Praktikums der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen ist, deutlich zu Lasten von Praktikantinnen und Praktikanten erhöht. Genaueres wird sich aus den Entscheidungsgründen des Bundesarbeitsgerichts zu dem heute verkündeten Urteil ergeben.
Seit der Einführung mit Wirkung zum 1. Januar 2015 gilt der gesetzlichen Mindestlohns für Praktikumsverhältnisse nach Abschluss einer Berufs- oder Hochschulausbildung sowie für Praktikantinnen und Praktikanten, die unter § 26 des Berufsbildungsgesetzes fallen. Davon gibt es im Mindestlohngesetz aber Ausnahmen. Der gesetzliche Mindestlohn ist in folgenden Fällen nicht zu zahlen:
Greifen diese in § 22 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 Mindestlohngesetz geregelten Ausnahmen nicht, haben Praktikantinnen und Praktikanten einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Der gesetzliche Mindestlohn beträgt ab 1. Januar 2019 9,19 Euro und steigt zum 1. Januar 2020 auf 9,35 Euro.
Ein Anspruch von Praktikantinnen und Praktikanten auf Zahlung von 9,19 Euro besteht derzeit:
Praktika sind nach wie vor anfällig für Missbrauch. Nicht selten sind die Fälle, in denen Betriebe mit dem Ziel den gesetzlichen Mindestlohn zu umgehen freiwillige Praktika als Pflichtpraktika deklarieren. Auch bei der Arbeitszeit und der Anrechnung von Sachleistungen auf das Praktikumsentgelt existieren Tricks, die Praktikantinnen und Praktikanten um ihre Rechte bringen.
Ob der gesetzliche Mindestlohn eingehalten wird, kontrolliert die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). Betrügereien auf Arbeitgeberseite sind nicht nur in Praktikumsverhältnissen festzustellen. Es muss insgesamt mehr kontrolliert werden. Die FKS braucht mehr Personal und muss verstärkt verdachtsunabhängig Stichproben machen können. Der DGB fordert deswegen schon lange eine Aufstockung des Personals der FKS auf mindestens 10.000 Stellen sowie den Ausbau der Dokumentationspflichten.