Mehr als 1000 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Praxis aus dem In- und Ausland kamen Ende Oktober in Bonn zusammen, um über mögliche Lösungsansätze zur Bewältigung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen zu diskutieren. In mehreren Talkrunden und acht Arbeitsgruppen in Form von Denkräumen erörterten sie zudem Chancen und Perspektiven der beruflichen Bildung in Deutschland. DGB-Vizechefin Elke Hannack machte deutlich, dass ohne eine Ausbildungsgarantie das Fachkräfteproblem nicht in den Griff und ohne eine bessere Beteiligung der Beschäftigung die Transformation nicht bewältigt werden kann.
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Elke Hannack forderte eine deutlich bessere Beteiligung der Beschäftigten in den Betrieben zu Fragen der Transformation ein. „Die Transformation werden nur bewältigen, wenn die Beschäftigten beteiligt werden und mitbestimmen können, wie zukünftig gearbeitet und gelernt wird. Wer mehr Eigenverantwortlichkeit von Beschäftigten fordert, muss auch Mitbestimmung der Beschäftigung und selbstbestimmtes Lernen und Arbeiten zulassen“, so Hannack. Deshalb müsse für Fragen der betrieblichen Qualifizierung ein stärkeres Mitbestimmungsrecht zur Einführung von betrieblichen Bildungsmaßnahmen eingeführt werden.
Vor allem müssten die jungen Menschen ohne Berufsabschluss endlich in den Fokus genommen werden. Die hohe Ausbildungslosigkeit von jungen Erwachsenen, die zuletzt auf 2,3 Millionen angestiegen ist. Dies habe Gründe: nicht einmal jeder fünfte Betrieb bilde noch aus, während zu viele junge Menschen nicht in eine Berufsausbildung hineinkommen. „Im letzten Jahr waren fast 68.000 Jugendliche noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Rund 230.000 Jugendliche steckten im letzten Jahr in die zahllosen Maßnahmen im Übergang von der Schule in die Ausbildung fest. Wir begrüßen deshalb, dass die Bundesregierung eine Ausbildungsgarantie einführen will. Es muss dafür gesorgt werden, dass wieder deutlich mehr Betriebe ausbilden und junge Menschen die Chance auf einen Einstieg in den Beruf bekommen.“
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Ohne Ausbildungsgarantie sei auch der immense Fachkräftebedarf, den die Transformation auslöst, nicht zu bewältigen. Darüber hinaus machte sich Hannack auch für bessere Rahmenbedingungen für Erwerbs- und Weiterbildungsbeteiligung von Frauen stark: „Um Fachkräftepotenziale zu heben, müsse aber auch Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöht werden. Das geht am besten durch vollzeitnahe Arbeitszeiten für Frauen – und ich betone – auch für Männer sowie eine gute Kinderbetreuung. Vor allem das Recht auf Betreuung von unter 3jährigen Kindern Standard werden“.
Hannack warnte aber auch vor zu abgehobenen Flexibilisierungsdiskursen: „Es darf nie vergessen werden, dass der Kern der Berufsausbildung nicht nur das Berufsprinzip, sondern auch das Ausbildungsvertragsverhältnis darstellt - mit der Verpflichtung des Arbeitgebers, die Auszubildenden zum Berufsabschluss zu führen. Wird der Ausbildungsvertrag modularisiert, können sie davon ausgehen, dass alle Jugendlichen über kurz oder lang auf eine weiterführende Schule und auf einen Hochschulabschluss umschwenken werden“, mahnte Hannack und verwies dabei darauf, dass modulare Konzepte bislang nicht erfolgreich gewesen seien. Die Nachqualifizierung über Teilqualifikationen führe die Teilnehmenden nur zu einem geringen Anteil zum Berufsabschluss.