Deutscher Gewerkschaftsbund

14.09.2017
klartext 33/2017

Öffentlich-Private Partnerschaften: Mehr Schaden als Nutzen

Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) werden gerne als Wunderwaffe gegen den Investionsstau gepriesen. Die jüngsten Skandale bei den Autobahnprivatisierungen zeigen: auf den Staat kommen dabei oft schwer kalkulierbare Risiken und Kosten zu. Der DGB-klartext klärt über die Nebenwirkungen der Privatisierung auf.

Schlagloch, Warnhinweis

Colourbox.de

Gefährlich, undurchsichtig, teuer - so lässt sich die Kritik an Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) auf den Punkt bringen. Bei ÖPP besorgt ein privater Partner ganz oder teilweise die Finanzierung öffentlicher Infrastruktur, lässt die Bauarbeiten erledigen und ist mitunter für die Wartung verantwortlich. Der Staat hat dabei bestimmte Eingriffs-, Kontroll- und Rückkaufrechte. Genaues weiß man aber oft nicht, weil die Verträge für die Öffentlichkeit und die Parlamente kaum zugänglich sind.

Im Zweifel blecht der Steuerzahler

Ein unrühmliches Beispiel ist der Ausbau der Autobahn A1 zwischen Hamburg und Bremen. Erst kam es bei den Bauarbeiten zu erheblichen Missständen und vielen tödlichen Unfällen, dann löste sich nach kurzer Zeit der Asphalt wieder ab. Stets musste der Staat in Gestalt von Polizei und Autobahnmeisterei für die Umleitung und Sicherheit des Verkehrs sorgen. Und jetzt fordert die private „A1 Mobil“, die die Arbeiten ausführte, auch noch 787 Millionen Euro vom Bund, weil die Mauteinnahmen geringer als erwartet ausfielen! Zuletzt kam heraus, dass der Bund einen zweistelligen Millionenbetrag zu viel an die privaten Betreiber von Autobahnen zahlte. Diese sollten nur die Maut für LKW ab 12 t erhalten, tatsächlich wurden ihnen aber auch die Gebühren für LKW ab 7,5 t überwiesen.

Grafik zeigt Mehrkosten der ersten 5 ÖPP im Autobahnbau gegenüber konventioneller Bereitstellung in Millionen Euro

Anmerkung 1) Autobahnabschnitte: A8: Augsburg West–München-Allach; A4: Landesgrenze Hessen-Thüringen–Gotha; A1: Autobahnkreuz Bremen– Autobahndreieck Buchholz; A9: Anschlussstelle Lederhose–Landesgrenze Hessen-Thüringen; Anmerkung 2) Autobahnabschnitt: A8: Ulm-Elchingen–Augsburg West.
Quelle: Bundesrechnungshof; Grafik: DGB

ÖPP schränken den Spielraum für Investitionen ein

Schon vor geraumer Zeit hat der Bundesrechnungshof ermittelt, dass bereits fünf der ersten sechs vom Bund vergebenen Projekte fast zwei Milliarden Euro mehr kosteten als bei konventioneller Realisierung (siehe Grafik). So wird ein ÖPP-Projekt schon dadurch teurer, dass private Investoren höhere Zinsen zahlen als der Staat. Die Kreditzinsen der „A1 Mobil“ überstiegen sogar die Baukosten. Und anders als versprochen, verzögert sich bisweilen auch die Fertigstellung erheblich.


Auch um die Schuldenbremse für die öffentlichen Haushalte zu umgehen, taugen ÖPP nicht. Zwar belastet es den Staatshaushalt kurzfristig weniger, wenn Projekte nicht vollständig vom Staat vorfinanziert und die Kosten in die Zukunft verschoben werden. Aber da auch die Statistikämter die ÖPP-Verträge nicht kennen und nicht wissen, inwieweit Staat oder Private für aufgenommenen Kredite gerade stehen müssen, schlagen sie diese kurzerhand vollständig der Staatsverschuldung zu. Im Ergebnis wird durch die künstlich hochgetriebene Staatsverschuldung der finanzielle Handlungsspielraum der öffentlichen Hand noch weiter beschränkt.

Auch darum geht es am 24. September

All dies zeigt: ÖPP-Projekte dürfen nicht länger ohne Rücksicht auf Verluste gefördert werden. Auch darum ist ein Politikwechsel überfällig!



Nach oben

Weitere Themen

1. Mai 2024: Mehr Lohn, mehr Frei­zeit, mehr Si­cher­heit
1. Mai 2024. Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
DGB
Tag der Arbeit, Maifeiertag, Kampftag der Arbeiterbewegung: Am 1. Mai 2024 haben DGB und Gewerkschaften zu bundesweiten Kundgebungen aufgerufen. 330.000 Menschen waren bei 450 Veranstaltungen dabei. Unser Motto in diesem Jahr: "Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit".
weiterlesen …

#Ta­rif­wen­de: Jetz­t!
Infografik mit Kampagnenclaim "Eintreten für die Tarifwende" auf roten Untergrund mit weißen Pfeil, der leicht nach oben zeigt.
DGB
Immer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
weiterlesen …

Die ge­setz­li­che Ren­te gibt Si­cher­heit
Frau hält Tafel mit Schriftzug "Rente"
DGB/Bjoern Wylezich/123rf.com
Die gesetzliche Rente gibt den Beschäftigten Sicherheit. Deswegen begrüßt der DGB die Entscheidung der Bundesregierung, das Rentenniveau bis 2039 festzuschreiben. Die Deckelung der Rentenzuschüsse sowie die Aktienrente sieht der DGB kritisch.
weiterlesen …

Der So­zi­al­staat schützt Be­schäf­tig­te: Kei­ne Kür­zun­gen, kei­ne Ein­schnit­te
Zwei Miniaturfiguren Bauarbeiter und mehrere Stapel Münzen
DGB/Hyejin Kang/123rf.com
Bei Krankheit, im Alter, bei Arbeitslosigkeit: Die Sozialversicherungen sind ein Sicherheitsnetz für Beschäftigte. Den Sozialstaat abzubauen, um die Wirtschaft anzukurbeln, ist der völlig falsche Weg. Menschen brauchen nicht weniger, sondern mehr Schutz in der Arbeitswelt – gerade jetzt.
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …