Deutscher Gewerkschaftsbund

06.03.2018
Flexibilisierung der Arbeitszeiten

5 Stunden Arbeit in der Freizeit- unbezahlt, jede Woche

Arbeitsschutz muss verbessert werden

Schnell noch eine Mail schreiben, ein Telefonat führen oder eine Präsentation vorbereiten: Laut einer neuen Studie arbeitet jeder und jede Angestellte in Deutschland im Schnitt fünf Stunden in der Woche auch nach Feierabend weiter. Damit zeigt sich erneut, dass "die Flexibilisierung der Arbeitszeiten bislang zu schwerwiegenden Nachteilen für die Beschäftigten führt", kritisiert DGB-Vorstand Annelie Buntenbach.

Frau mit Papieren und Laptop an einem Holztisch

DGB/ammentorp/123rf.com

Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt

Ständige Erreichbarkeit, Leistungsdruck und ein hohes Arbeitspensum: In der digitalen Arbeitswelt lösen sich die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr auf. Eine neue Studie des Instituts für Arbeit (IZA) hat gezeigt, dass sich jeder Beschäftigte in Deutschland im Schnitt fünf Stunden pro Woche mit seiner Arbeit beschäftigt, obwohl er eigentlich Feierabend hat.

Rund zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie in ihrer Freizeit regelmäßig Tätigkeiten erledigen, "die eigentlich der regulären Arbeitszeit zuzurechnen sind." Männer betrifft das häufiger als Frauen, die Mehrheit schätzt das zusätzliche Pensum auf drei bis zehn Stunden in der Woche.

"Schwerwiegende Nachteile für Beschäftigte"

"Die IZA-Studie belegt, dass die Flexibilisierung der Arbeitszeiten bislang zu schwerwiegenden Nachteilen für die Beschäftigten führt", fasst DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach die Ergebnisse zusammen. "Dies zeigen im Übrigen auch die 941 Millionen unbezahlten Überstunden im letzten Jahr. Die Schlussfolgerung des IZA, das Arbeitszeitrecht passe nicht mehr in die digitale Zeit, ist jedoch fahrlässig und falsch. Schon die Annahme ist absurd, Arbeit außerhalb der vereinbarten Arbeitszeiten sei freiwillig.

Viele Untersuchungen zeigen, dass Beschäftigte immer mehr Arbeit in der gleichen Zeit erledigen müssen und das oft nicht in der vereinbarten Arbeitszeit zu schaffen ist. Arbeit in der Freizeit ist also eine Folge des hohen Leistungsdrucks und der Erreichbarkeitserwartungen von Arbeitgebern - und nur selten freiwillig. Dies wird auch durch den Befund belegt, dass viele Beschäftigte auch in der Freizeit nicht von der Arbeit abschalten können."

Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied

DGB/Simone M. Neumann

Mehr Mitbestimmung und bessere Erfassung

"Die IZA-Studie zu den Folgen der Arbeitszeitflexibilisierung macht umso deutlicher, dass Beschäftigte einen besseren Schutzrahmen brauchen", so Buntenbach weiter. "Arbeitszeiten müssen insgesamt, also auch im Home Office oder bei mobiler Arbeit, vollständig erfasst und vergütet werden. Dazu können insbesondere die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden.

Außerdem brauchen die Beschäftigten mehr Mitbestimmung bei den Leistungsvorgaben, so dass die Arbeit auch wirklich vor dem Feierabend zu schaffen ist. Drittens müssen die Arbeitszeiten für die Beschäftigten besser planbar sein. Dafür ist zum Beispiel das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit zu stärken. Arbeit auf Abruf sollte unterbunden werden."

Arbeitszeitgesetz nicht aufweichen!

"Die Probleme der bestehenden Flexibilisierung dürfen nicht auch noch durch eine Öffnung des Arbeitszeitgesetzes legalisiert und verschärft werden" warnt Annelie Buntenbach. "Eine Verlängerung des Achtstundentages oder Einschränkungen bei den Ruhezeiten lehnen wir strikt ab, weil damit die gesundheitlichen Belastungen erheblich steigen und das Privatleben der Beschäftigten noch weiter eingeschränkt werden würde. Die jüngsten Tarifabschlüsse zeigen, dass solche Einschränkungen ohnehin nicht relevant oder gar nötig wären."


Nach oben

Weitere Themen

1. Mai 2024: Mehr Lohn, mehr Frei­zeit, mehr Si­cher­heit
1. Mai 2024. Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
DGB
Tag der Arbeit, Maifeiertag, Kampftag der Arbeiterbewegung: Am 1. Mai 2024 haben DGB und Gewerkschaften zu bundesweiten Kundgebungen aufgerufen. 330.000 Menschen waren bei 450 Veranstaltungen dabei. Unser Motto in diesem Jahr: "Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit".
weiterlesen …

#Ta­rif­wen­de: Jetz­t!
Infografik mit Kampagnenclaim "Eintreten für die Tarifwende" auf roten Untergrund mit weißen Pfeil, der leicht nach oben zeigt.
DGB
Immer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
weiterlesen …

Die ge­setz­li­che Ren­te gibt Si­cher­heit
Frau hält Tafel mit Schriftzug "Rente"
DGB/Bjoern Wylezich/123rf.com
Die gesetzliche Rente gibt den Beschäftigten Sicherheit. Deswegen begrüßt der DGB die Entscheidung der Bundesregierung, das Rentenniveau bis 2039 festzuschreiben. Die Deckelung der Rentenzuschüsse sowie die Aktienrente sieht der DGB kritisch.
weiterlesen …

Der So­zi­al­staat schützt Be­schäf­tig­te: Kei­ne Kür­zun­gen, kei­ne Ein­schnit­te
Zwei Miniaturfiguren Bauarbeiter und mehrere Stapel Münzen
DGB/Hyejin Kang/123rf.com
Bei Krankheit, im Alter, bei Arbeitslosigkeit: Die Sozialversicherungen sind ein Sicherheitsnetz für Beschäftigte. Den Sozialstaat abzubauen, um die Wirtschaft anzukurbeln, ist der völlig falsche Weg. Menschen brauchen nicht weniger, sondern mehr Schutz in der Arbeitswelt – gerade jetzt.
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …